Das Kavaliershäuschen Nummer 6 muss saniert werden. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

2009 mussten zwei denkmalgeschützte Kavaliershäuschen nahe dem Schloss Solitude abgerissen und originalgetreu wieder aufgebaut werden. Der Grund: eine fehlerhafte Sanierung des Mauerwerks in den 1960er Jahren. Jetzt droht einem weiteren Haus das gleiche Schicksal.

Stuttgart - Der frühere Eigentümer Herzog Carl Eugen soll sich schon beim Bau des Lustschlosses Solitude mit finanziellen Problemen herumgeplagt haben. Nun stehen seine Nachfolger bei der Pflege des denkmalgeschützten Ensembles vor ähnlichen Schwierigkeiten: Eines der denkmalgeschützten Kavaliershäuschen, in denen zu Zeiten Carl Eugens Hofbedienstete untergebracht waren und die später besonders begabten zeitgenössischen Kunstschaffenden und Stipendiaten der Akademie Solitude sowie Landesbediensteten ein exquisites Domizil bot, steht vor dem Zerfall. Doch zumindest eine rasche Sanierung ist nicht in Sicht – offenbar fehlt auch das Geld.

Am Häuschen mit der Nummer 6 blättert der Putz von der Wand, auch innen herrscht augenscheinlich seit dem Auszug des letzten Mieters Tristesse. Der Zahn der Zeit hat an dem fast 250 Jahre alten Gebäude sichtbar genagt. Wer dort zuletzt gewohnt hat und wie lange das Haus schon leer steht, dazu will sich das zuständige Finanzministerium nicht äußern. Eine Ministeriumssprecherin bestätigte aber auf Anfrage dieser Zeitung, dass das Haus sanierungsbedürftig sei. Derzeit fänden Voruntersuchungen statt, um in Absprache mit dem Landesdenkmalamt festzustellen, wie das Gebäude restauriert werden könne und wie hoch die Kosten dafür veranschlagt werden müssten. Vor dem Jahr 2018 sei aber keinesfalls mit einer Fertigstellung der Sanierung zu rechnen, so die Sprecherin.

In den 1960er Jahren wurden die Kavaliershäuschen kaputtsaniert

Womöglich droht dem Häuschen gar der Abriss – wie 2009, als zwei der insgesamt 14 Kavaliershäuschen, die um das Schloss Solitude herumgruppiert wurden, abgebrochen und originalgetreu an gleicher Stelle wieder aufgebaut wurden. Auch damals war das dem Finanzministerium unterstellte Landesamt für Vermögen und Bau zunächst davon ausgegangen, dass die rund 100 Quadratmeter Platz bietenden Gebäude renoviert werden könnten. Doch bei den Voruntersuchungen stellte sich dann heraus, dass die Holzkonstruktion der Häuser durchgefault war – eine Sanierung erwies sich als unmöglich. Der Grund: Bei der Renovierung und Instandsetzung in den 1960er Jahren war über die Mauer- und Fachwerkskonstruktion ein Zementverputz gespachtelt worden, der keine Feuchtigkeit nach außen durchließ. Rund eine Million Euro investierte das Land seinerzeit in den originalgetreuen Wiederaufbau der Kavaliershäuschen mit ihren typischen Mansardendächern.

Schon damals hatten Experten des Landesdenkmalamts den Verdacht geäußert, dass ähnliche Beschädigungen auch in den anderen Kavaliershäuschen aufgetreten seien. Doch eine genaue Expertise wurde seinerzeit nicht erstellt – dazu hätten man den Putz am Mauerwerk abschlagen müssen. Seitens des Regierungspräsidiums (RP), dem das Landedenkmalamt unterstellt ist, hieß es lediglich, man warte zurzeit auf die Ergebnis des Holzgutachten, um feststellen zu können, ob das Gebäude überhaupt saniert werden kann oder nicht. „Wir sind aber um den Erhalt bemüht“, so eine Sprecherin des RP.

Prominente Bewohner der Kavaliershäuschen: Schiller, Cranko, Schirmer

Die idyllischen Häuschen rund um das Schloss sind weiterhin eine begehrte Adresse. Es gebe nach wie vor eine Warteliste von interessierten Mietern, so die Sprecherin des Finanzministeriums. Zu den illustren Mietern gehörte einst schon der junge Friedrich Schiller. Später wohnten dort unter anderen der 1973 verstorbene Chef der Stuttgarter Ballettcompagnie John Cranko sowie Friedrich Schirmer, seines Zeichens ehemaliger Schauspielchef des Staatstheaters Stuttgart. Die Liste der aktuellen Mieter hält das Ministerium „aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes“ freilich geheim. Bekannt ist aber, dass der Bassist Mini Schulz, Professor an der Stuttgarter Musikhochschule und Geschäftsführer des Stuttgarter Jazzclubs Bix, die Vorzüge des Wohnens auf der Solitude zu schätzen weiß.