Der AfD-Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner hat den Rechtsstreit mit seiner Fraktion um Rederechte und Ausschussmitgliedschaften gewonnen. Foto: dpa

AfD-Fraktion hatte umstrittenem Abgeordneten Redeverbot auferlegt. Vor Verfassungsgericht siegt Fiechtner.

Zollernalbkreis/ Stuttgart - Die AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag hat einem umstrittenen Abgeordneten ein Redeverbot auferlegt und aus zwei Ausschüssen abgezogen. Darf sie das? Vor dem Verfassungsgericht siegt Fiechtner. Wie es mit ihm weitergeht, ist trotzdem unsicher.

Der AfD-Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner hat den Rechtsstreit mit seiner Fraktion um Rederechte und Ausschussmitgliedschaften gewonnen. Die AfD-Fraktion habe den Politiker in seinen Rechten verletzt, als sie ihm ein pauschales und unbefristetes Redeverbot im Landtag auferlegt und aus Ausschüssen abgezogen habe. Das teilte das Landesverfassungsgericht am Freitag in Stuttgart mit. Der Vorsitzende Richter Eberhard Stilz begründete das Urteil in erster Linie mit Verfahrensfehlern. Fiechtner sei vor den Entscheidungen kein hinreichendes rechtliches Gehör gewährt worden. Fiechtner zeigte sich erleichtert über die Entscheidung. Er gehe davon aus, die Zusammenarbeit mit der Fraktion nun wieder auf eine sachliche Ebene zurückkehre. Ein Austritt aus der Fraktion sei für ihn nach wie vor kein Thema, beteuerte der Politiker.

Fiechtner rechnet nach eigenem Bekunden nun damit, dass er wieder in Ausschüsse entsandt wird. "Ich gehe davon aus, dass man mich auch wieder im Landtag reden lässt." Entsprechende Weichen könnten schon in der nächsten Fraktionssitzung am 7. November gestellt werden. AfD-Fraktionsvize Rüdiger Klos zeigte sich allerdings in einer ersten Reaktion zurückhaltend. Er verwies auf die Formfehler, die das Gericht bemängelt habe. "Es hat nicht die Maßnahmen an sich abgelehnt, sondern das Zustandekommen." Seine Fraktion werde das Urteil zunächst genau analysieren. Nicht äußern wollte sich Klos zur Art der weiteren Zusammenarbeit mit Fiechtner. "Ich kann der Fraktion nicht vorgreifen." Diese müsse auch die Frage beantworten, ob ein vertrauensvoller Umgang mit Fiechtner überhaupt möglich sei.

Über lange Zeit gab es diverse Meinungsverschiedenheiten zwischen Fiechtner und seiner Fraktion. So sprach sich der Arzt im Landtag dafür aus, eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge einzuführen. Damit stellte er sich gegen die Meinung der Fraktion. Fiechtner selbst beklagte wiederholt einen Rechtsruck in der AfD. Ursprünglich wollte die Fraktion noch vor der parlamentarischen Sommerpause über einen Ausschluss Fiechtners entscheiden. Wegen des Gerichtsverfahrens hatte die Fraktion dieses Ansinnen allerdings auf Eis gelegt.

Grundsätzlich erklärte das Landesverfassungsgericht, dass ein Abgeordneter nicht ohne gewichtige Gründe von jeder Mitarbeit in den Ausschüssen ausgeschlossen werden dürfe. Die Entscheidung der Abberufung eines Abgeordneten aus einem Ausschuss obliege dabei - auf Vorschlag der Fraktion - dem Landtagsplenum. Grundsätzlich stehe einem Abgeordneten auch ein Rederecht im Parlament zu, das eine Fraktion nicht einfach pauschal aushebeln könne.

Die Abgeordneten einer Fraktion könnten aber die Zusammenarbeit mit einzelnen Abgeordneten ablehnen oder sie aus ihren Reihen ausschließen. Sie dürften allerdings auch hier nicht willkürlich handeln, sondern müssten demokratische und rechtsstaatliche Verfahrensregeln beachten.Landtagsdirektor Berthold Frieß sagte, das Urteil habe keine Auswirkungen auf den Landtag als Ganzes, weil es ausschließlich eine fraktionsinterne Angelegenheit betreffe. Es wäre nach seinen Worten spannend gewesen, etwas zu den materiellen Voraussetzungen für Disziplinarmaßnahmen in Fraktionen zu hören. Dazu habe sich das Gericht aber nicht geäußert. "Es hat nur formale Dinge behandelt, nicht aber inhaltliche", sagte Fries.

Die Alternative für Deutschland (AfD) war nach der Landtagswahl 2016 mit 23 Abgeordneten ins baden-württembergische Parlament eingezogen. Zwei ihrer einstigen Abgeordneten sind mittlerweile nach internen Streitereien fraktionslos. Kurzzeitig hatte sich die Fraktion zudem in zwei Gruppen aufgespaltet, dann aber wieder zueinander gefunden. Die AfD ist im Landtag die größte Oppositionsfraktion - nach SPD und FDP. Für FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke ist die Causa Fiechtner nur ein "weiterer Streit im rechten Tollhaus".