Das neue Zollernalb-Klinikum in Balingen: Wird es in Zukunft das einzige Krankenhaus im Landkreis sein? Die Standortfrage führt zu hitzigen Diskussionen. Foto: Klinikum

Nach sechsjähriger Bauzeit und Investitionen von 90 Millionen Euro wird das neue Haus am Freitag eingeweiht.

Balingen - Kaum ist 90-Millionen-Projekt in Balingen fertig, steht neue Standortentscheidung bevor.

»Es ist der Mensch, der im Mittelpunkt steht« – so der Leitsatz des Zollernalb-Klinikums. Nach sechsjähriger Bauzeit und Investitionen von 90 Millionen Euro wird das neue Haus in Balingen (Zollernalbkreis) am Freitag eingeweiht.

Schick und modern sieht das akademische Lehrkrankenhaus der Uniklinik Tübingen aus. 13 522 Quadratmeter Fläche, 257 Betten, geschätzte 11 000 stationäre Patienten im Jahr – und die Medizintechnik in jeder Hinsicht up to date. Aber die Debatte um einen künftigen Klinik-Standort auf der Zollernalb droht den Landkreis wieder einmal zu spalten.

Zur Erinnerung: Bis 2005 hatte es im Zollernalbkreis drei Klinik-Standorte gegeben: Albstadt, Balingen und Hechingen. Die drei Krankenhäuser mit damals 633 Betten schrieben Millionenverluste. Zusammen mit dem Uniklinikum Tübingen, das damals zu 50 Prozent am Zollernalb-Klinikum beteiligt war, wurde nach Lösungen gesucht. Rasch war klar, dass auf eines der drei Häuser verzichtet und die Bettenzahl auf 500 reduziert werden musste.

Gutachten wurden erstellt, Bürgermeister Jürgen Weber (Hechingen) und Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow (Albstadt) schlugen vor, Balingen zu schließen und die beiden anderen Häuser zu erhalten. Der Vorschlag fand keine Mehrheit, genau wie das Zentralklinikum »auf der grünen Wiese« zwischen Albstadt und Balingen. Mehrheitlich wurde beschlossen, auf den Standort Hechingen zu verzichten und dafür Balingen und Albstadt zu stärken.

Freilich gab es Widerstand von Hechinger Seite. Aber alle Demos und Unterschriftenaktionen änderten an dem Beschluss nichts, genau so wenig wie die Unterstellung, dass man nur »durch Manipulation der Geschäftsführung« zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Hechingen geschlossen werden müsse, um wirtschaftlich arbeiten zu können.

2009 erklärte das Bundeskartellamt die Kooperation von Zollernalb-Klinikum und Uniklinik Tübingen als unzulässig: Dadurch würde man sich eine »zu marktbeherrschende Stellung« sichern. Die Entflechtung wurde gefordert, der Landkreis wurde zum alleinigen Gesellschafter, das Zollernalb-Klinikum zur gemeinnützigen GmbH.

Das Bauwerk in der Kreisstadt Balingen erwies sich als Kraftakt, das alte Haus als nicht mehr sanierungsfähig. So wurde aus dem geplanten Neubau mit Sanierung ein kompletter Neubau, aus den veranschlagten Kosten von 37 Millionen Euro wurden am Ende 90 Millionen.
Jahr für Jahr Millionenverluste

Die Bauarbeiten und die dadurch bedingte Verlegung von Abteilungen führten zu Einbrüchen, was sich in der Bilanz niederschlug: Jahr für Jahr machte das Zollernalb-Klinikum Millionenverluste. Im Jahr 2011 waren es 5,88 Millionen Euro, 2012 3,02 Millionen, 2013 2,16 Millionen, 2014 3,95 Millionen. Im laufenden Jahr dürfte der Verlust trotz besserer Belegzahlen genau so hoch ausfallen.

So stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll. Kann man sich zwei Standorte überhaupt noch leisten? Und wenn nur ein Klinik-Standort bleiben kann, welchen schließt man dann? Den, den man gerade erst neu eröffnet hat und der in der geografischen Mitte des eher ländlich geprägten Landkreises liegt? Oder den in Albstadt, für dessen Erhalt schon jetzt, bevor das vom Kreistag in Auftrag gegebene Medizinkonzept vorliegt, Unterschriften gesammelt werden? Immerhin ist Albstadt mit 46 000 Einwohnern mit Abstand die größte Stadt im Kreis. Klinikgeschäftsführung und Kreisverwaltung steckten unter einer Decke im Bestreben, den Standort Albstadt zugunsten Balingens zu schwächen, wird unterstellt. Denn das Ergebnis des Gutachtens stehe schon längst fest.

Möglicherweise geht es aber letztlich gar nicht darum, ob man einen oder zwei Standorte halten will. Es könnte vielmehr die Frage auftauchen, ob man in Zukunft überhaupt noch ein Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft haben kann.