Bisher hat Specki Schwein gehabt und lebt bei der Familie Bihl in Stetten. Neugierig begutachtet das Schwein jeden Besucher (oben). Die dreijährige Dogge Nero scheint Speckis Vorbild zu sein (links). Foto: Schwarzwälder-Bote

Dennoch gestaltet sich das Zusammenleben nicht unproblematisch / Angebliches Minischwein wiegt einen Zentner

Von Karin Schmidtke

Zimmern-Stetten. Friedlich schläft der neun Monate alte Specki auf seiner Matratze vor dem Kaminofen im Wohnzimmer. Sauwohl fühlt sich das angebliche "Minischwein" mit seinen respektablen 50 Kilo Gewicht – mitten im Kreis seiner Familie Bihl aus Stetten.

Aus dem Freundeskreis wurde Ferkelchen Specki dem Hausherrn vor einem knappen Jahr als Geburtstagsgeschenk überreicht. Damals war der nette kleine Kerl gerade einmal elf Wochen alt und entging damit möglicherweise dem Schicksal, als Spanferkel auf dem Grillspieß zu landen. "Wir hatten uns vorab über Minischweine informiert und waren ganz begeistert", berichtete Melanie Bihl.

Als Minisau war Specki für nur 35 Euro verkauft worden. Alle Freunde hatten es gut gemeint und für den Garten sogar ein Häuschen gebaut. Doch eine richtige Minisau, die auch klein bleibt, kostet an die 500 Euro. Bald keimte bei den Bihls der Verdacht auf, dass ihr neues Familienmitglied nicht immer so knuffig bleiben würde. Das junge Ferkel fror, so bekam es sogar eine Wärmflasche, und wurde natürlich viel gestreichelt und gut versorgt.

Der Tierarzt untersuchte das außergewöhnliche Haustier und kastrierte den jungen Eber, der mit der Zeit immer mehr wuchs und gedieh. Übrigens hängt nicht der geringste Duft nach Schweinestall im Haus der Bihls. Specki darf und kann selbst in den Garten hinaus spazieren. Dort erledigt er auch sein großes Geschäft in einer Ecke. Im Haus dient eine große Kiste mit Katzenstreu für Specki als "Pippibox".

Mit anderen Schweinen war Specki noch nie zusammen. Das ginge wohl auch nicht gut, fürchtet Melanie Bihl, die fachlich recherchiert hatte. Im Haushalt lebt auch Nero, eine dreijährige Deutsche Dogge. Nero schleppte außerdem vor eineinhalb Jahren ein Katzenjunges an – das er heiß und innig liebt. Katze Nala darf sogar aus Neros Napf fressen. Specki genießt dieses Privileg nicht. Aber Hundeleckerli gibt es für das Schweinchen, vor allem wenn es folgsam "Sitz" macht. Dogge Nero scheint Speckis Vorbild zu sein. Das Schwein wedelt mit dem Schwanz, wenn es glücklich ist. Es hört jedes Wort und bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn es etwas angestellt hat.

Passt Specki etwas nicht, kann er auch schimpfen. "Wobei Specki mehr bellt als grunzt", berichtet eine Freundin kichernd, die neulich vor der Haustür das Bellen dem falschen Tier zuordnete. Das Schwein bellt sogar fast in derselben Lautstärke wie der Hund.

"Nero holt sich manchmal aus dem Holzkorb einen Scheit, um darauf herum zu kauen. Specki macht das jetzt auch. Ich sage dann, Specki, Du brauchst das nicht: Du bist kein Hund. Aber Specki imitiert den Hund und für Nero ist das anstrengend", seufzt die Besitzerin.

Was macht das Zusammenleben richtig schwierig? "Specki beansprucht viel mehr Zeit, als wir ihm geben können. Alle Familienangehörigen sind berufstätig, die fast erwachsenen Kinder sind tagsüber unterwegs. Dogge Nero möchte seine Ruhe, Specki ist es langweilig. Sind wir Zuhause, dann ist alles gut. Sind wir aber längere Zeit weg, wird Specki bockig", gesteht Melanie Bihl.

Dann räumt der Paarhufer den Mülleimer aus oder knabbert schon mal die Wände an. "Für mich ist es einfach nervig, nach einem langen Arbeitstag das Chaos zu beseitigen. Specki wäre irgendwo anders einfach besser aufgehoben. Definitiv", bekennt Bihl resigniert.

Das Schwein futtert so gut wie alle Reste, die in der Küche anfallen, wird aber vegetarisch ernährt. Es werden Nudeln, Kartoffeln, Reis und Gemüse serviert. Mais und Trauben liebt das freundliche Tier mit der Steckdosennase. "Sicher könnte Specki auch Fleisch essen. Ich finde es nur pervers, wenn man einer Sau eine Sau zu essen gibt", lehnt Bihl derlei "Delikatessen" kategorisch ab. Männer finden immer schnell eine Lösung. Da landet Specki wie die meisten seiner Artgenossen beim Schlachter, fürchtet die Familie.

Alle Freunde und Kollegen sind mittlerweile motiviert und wollen für Specki einen guten Platz finden. Interessenten gab es schon, doch meist streikten deren Partner.

"Es müssen alle in der Familie mitziehen. Jeder muss sich im Klaren sein, auf was er sich einlässt. Specki ist ein tolles Haustier – wenn man die Zeit hat. Er möchte nur nicht alleine sein", sagt Bihl und räumt ein, dass man für ein paar Stunden einkaufen gehen könnte. Sicher wäre auch ein Tag machbar. Nicht möglich ist regelmäßige Abwesenheit.

Entgegen allen Gerüchten ist Specki ein sehr sauberes Tier. Untypisch für Schweine möchte sich Specki nicht einmal suhlen, obwohl die Bilhs extra eine Wanne für den Garten angeschafft hatten. Stattdessen wurde der vierbeinige Freund gebadet oder geduscht. Jetzt in der kalten Jahreszeit geht das Duschen mit dem verfrorenen Specki nicht. Aber das borstige Kerlchen mit Ringelschwanz riecht auch nicht.

Enden Schweine nicht hinter der Verkaufstheke des Metzgers, werden sie 15 Jahre alt. Wenn Specki dazu eine Chance bekommt, dann ist er sicher ein Glücksschwein. Interessenten dürfen sich bei Melanie Bihl per E-Mail unter mellebihl@web.de melden.