Andreas Englisch spricht auf recht unterhaltsame Weise über das Innenleben des Vatikans. Foto: kw Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Vatikan-Kenner Andreas Englisch plaudert Interna von St. Franziskus aus

Der Vatikan-Experte Andreas Englisch hat am Samstagabend mit seinem Vortrag "St. Franziskus – Kämpfer im Vatikan" für ein fast volles Zimmerner Gotteshaus gesorgt.

Zimmern o. R. (kw). Der große Andrang bei dieser Veranstaltung des Kulturausschusses Arche stellte einmal mehr unter Beweis, wie stark Papst Franziskus die Menschen berührt. Der Zimmerner Pfarrer Josef Kreidler – selbst auch unter den Zuhörern – würde sich sicher glücklich schätzen, könnte auch er des Öfteren auf so viele Besucher in der St.-Konrad-Kirche blicken.

Englisch ist kein Theologe, sondern ein erfahrener Journalist und ein erfolgreicher Schriftsteller. "Ich hatte keine Ahnung von Theologie, als ich 1987 nach Rom ging", bekennt der in Westfalen geborene langjährige Vatikan-Korrespondent. Er sei damals auch nicht in die Kirche gegangen. Der Aufenthalt in Rom mit der jahrzehntelangen Nähe zu den drei letzten Päpsten habe aus ihm mittlerweile einen gläubigen Christen und einen "halbanständigen Katholiken" gemacht, erzählt Englisch in Zimmern.

Der Bücherautor ist ein höchst eloquenter Redner, seine Worte kommen schnell über die Lippen, höchste Konzentration ist gefordert. Denn langsam sprechen fällt dem Referenten ("Ich werde es aber versuchen") ganz schwer, wie er gleich anfangs versichert. Der Journalist vermittelt den Eindruck, er könne den gesamten Text seines Buches auswendig, so sicher ist sein Vortrag ohne Manuskript. Da die Beschallungsanlage im Zimmerner Gotteshaus nicht gerade die beste ist, mussten die Zuhörer noch mehr aufpassen.

Der bekannteste deutsche Vatikan-Korrespondent plaudert informativ und unterhaltsam – immer wieder führt das auch zu Lachern – auf der Grundlage von fundiertem Insiderwissen aus dem Nähkästchen des Vatikans. Seine Sprache ist manchmal etwas plakativ, er schweift auch das eine oder andere mal aus. Doch es gelingt ihm vortrefflich, ein persönliches Bild vom Menschen Franziskus, der als rebellischer Kardinal 20 Jahre im Streit mit der Kurie gelegen sei und dennoch an die Spitze der katholischen Kirche aufstieg, zu zeichnen.

Und er berichtet von den Umbrüchen und Veränderungen im Vatikan, seitdem Franziskus der oberste Führer der katholischen Kirche ist. Englisch, dessen Bücher weltweit auf den Bestsellerlisten stehen, beschreibt Papst Franziskus als "den Kämpfer im Vatikan", der sich gegen die verkrustete römische Kurie zu Wehr setzt und eine neue Kirche der Armen und der Barmherzigkeit propagiert. Und diese Konstellation könnte laut dem Vatikan-Kenner zur Spaltung der katholischen Kirche führen. Papst Franziskus verzichte auf protzige Autos, bewohne ein kleines Zimmer in der einfachen Pension St. Martha, anstatt in den Apostolischen Palast einzuziehen, wolle keine Kammerdiener und Sekretäre und verweigere prunkvolle Kleidung.

Englisch fasst zusammen: "Er brachte völlig neuen Wind in die Mauern des Vatikan, so etwas hat es in den vergangenen 700 Jahren noch nie gegeben." Papst Franziskus schrecke nicht davor zurück, die Kardinäle anzugreifen und die Laster der Kurie zu benennen. Der frühere südamerikanische Kardinal sei "ein Rebell", der die einfachen Leute hinter sich hat, aber einen Großteil der Kurie gegen sich." Nach dem 75-minütigen Vortrag stimmte Pfarrer Kreidler das "Vater unser" an. Anschließend spendete er den Besuchern den Segen. "Das war doch ein schöner Abschluss", so die Vorsitzende des Kulturausschusses, Gudrun Rudolf.