Sanierung, Anbau oder etwa gar nichts? Die Halle in Flözlingen sorgt für dicke Luft im Gemeinderat. Archivfoto: Schickle Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinderäte aus Teilort verlassen Sitzung, nachdem Mehrheit des Gremiums bloße Hallensanierung bevorzugt

Von Verena Schickle

Zimmern o. R. Dass es spannend werden würde, war klar. Dass halb Flözlingen kommt, auch, schließlich ging’s um die dortige Halle. Am Ende entschied sich der Gemeinderat für deren Sanierung. Doch selbst hinter ihr steht ein Fragezeichen.

Die Flözlinger am Ratstisch sind an ihren nach unten gezogenen Mundwinkeln zu erkennen. Die auf den Zuschauerrängen an ihrer Tracht, der Musikeruniform und den Feuerwehr-Shirts. Der Johannessaal der "Arche" ist voll während der jüngsten Gemeinderatssitzung. Selten ist das Interesse an der Kommunalpolitik in Zimmern so groß. "Schuld" daran ist Tagesordnungspunkt drei: Der Gemeinderat soll entscheiden, ob er eine bloße Sanierung der Flözlinger Halle bevorzugt oder die Sanierung plus Erweiterung, auf die die Bewohner der Eschachtalgemeinde seit Langem drängen. Im Rennen ist dabei längst nicht mehr die Variante, die den Flözlingern am liebsten wäre. Ihr ersehnter Bühnenanbau über die gesamte Breite und Höhe ist zusammengeschrumpft auf eine Minimalversion auf Stelzen. Diese und die Sanierungsvariante sollte Architekt Dieter Broghammer überarbeiten und Kostenberechnungen erstellen. So hatte der Beschluss in der Gemeinderatssitzung Ende April gelautet, am Montagabend präsentiert er das Ergebnis.

Die beiden Entwürfe unterscheiden sich kaum: Große Veränderungen bleiben aus, im Erdgeschoss soll neben einem Geräteraum eine Küche entstehen. Im Untergeschoss hat der Planer eine Umkleide und im ehemaligen Schlachthaus einen Musikraum vorgesehen. Der bisherige Mehrzweckraum wird zum reinen Kraftraum. In Variante zwei kommt noch ein Bühnenanbau auf Stelzen dazu – gleichzeitig entstünde mehr Platz für Zuschauer, weil die Bühnenfläche nicht mehr von der Hallenfläche abginge.

"Wir haben jetzt natürlich bei allem versucht, kostensparend zu arbeiten", sagt Broghammer immer wieder. Auch, als der Flözlinger Ortsvorsteher und Gemeinderat Reiner Haas feststellt, dass der bisherige Mehrzweckraum im Untergeschoss im überarbeiteten Plan nicht mehr barrierefrei ist.

Die hohen Kosten waren in der April-Sitzung der Knackpunkt – und sie sollten es wieder werden. Auf 1,5 Millionen Euro für Variante eins, die bloße Sanierung, kommt der Architekt. Knapp 1,98 Millionen sind es für Version zwei. Für Letztere rechnet die Gemeinde mit maximalen Zuschüssen von 400 000, für Erstere mit 350 000 Euro. Bleiben noch knapp 1,6 beziehungsweise 1,4 Millionen Euro an Eigenmitteln. Bisher eingeplant bis 2016 sind 850 000 Euro. Was bleibt, ist ein großes Loch – von knapp 550 000 oder rund 725 000 Euro. Kaum ist das raus, sagt Bürgermeister Emil Maser, der Ortschafsrat Flözlingen habe in seiner jüngsten Sitzung dennoch bekräftigt, an Variante zwei festzuhalten.

"Ich bin mal gespannt, wie wir das überhaupt alles bezahlen wollen", merkt Timo Weber zu Beginn der Diskussion an. Allein die Sanierung zu finanzieren sei problematisch. "Wir haben auch noch andere wichtige Sachen, die man immer zurückstellt." Dass die geplante Pelletsheizung auch noch das Rathaus mit Kindergarten mitheizen soll, verursacht ihm darüber hinaus Bauchschmerzen. Die Einrichtung wackelt mangels Kindern. Was, wenn sie in einem Jahr geschlossen wird?

"Ich bin auf jeden Fall für Variante zwei", entgegnet Winfried Praglowski. Den demografischen Wandel vorzuschieben wie Weber "kann ich nicht akzeptieren". Man müsse schließlich den Leuten, die nach Flözlingen ziehen sollen, etwas bieten. Thomas Bausch (Flözlingen) argumentiert, die Halle sei "quasi Lebensmittelpunkt" für die Gemeinde. Jüngst, beim ersten Oktoberfest des Hallen-Fördervereins sei sie brechend voll gewesen. Von seinen nicht Flözlinger Ratskollegen habe er allerdings keinen dort gesehen.

Guntram Ober will derweil wissen, wie sich die Verwaltung die Finanzierung überhaupt vorstelle. Denn die Förderung ist offensichtlich der nächste Knackpunkt. "Wir können bei Zuschüssen nichts Verbindliches sagen", erklärt Bürgermeister Emil Maser. Sprich: Ob das Regierungspräsidium (RP) sie überhaupt bewilligt, ist offen. Die geringe Auslastung bei Veranstaltungen und die Tatsache, dass es in Flözlingen noch die SV-Halle gibt, sind offenbar nicht hilfreich in den Gesprächen mit dem RP. Sicher dagegen ist, dass die Maßnahme ohne doppelten Zuschuss überhaupt nicht zu stemmen sei.

Wie eng es werden wird mit dem Vorhaben in Flözlingen, zeigt auch die überarbeitete Finanzplanung bis 2018 von Kämmerer Martin Weiss. Egal bei welcher Variante: Die Rücklage der Gemeinde würde auf den Mindeststand schrumpfen. Spielraum für Unerwartetes bliebe nicht, bei Version zwei auch keine Mittel für eine Dreifeld-Sporthalle für die Gesamtgemeinde. Die Argumente zwischen Befürwortern und Gegnern des Anbaus gehen in der Folge hin und her. Die einen mahnen, man müsse Flözlingen attraktiv machen, die anderen verweisen auf die dann fehlenden Mittel für andere Aufgaben – begleitet vom Raunen der jeweiligen Zuschauergruppe. Denn nicht nur die Flözlinger sind vertreten, sondern zum Beispiel auch die, die auf eine Dreifeldhalle pochen: die Spitze des Zimmerner Sportvereins etwa.

Ingrid Balke spricht gar von einem "egoistischen Verhalten auf Kosten der Gesamtgemeinde". Sie könne nur an ihre Kollegen appellieren, "das Ganze mit Vernunft und Anstand zu entscheiden". "Man sollte das Gesamte sehen", meint auch Hans-Georg Scherfer. Dieses "einseitige Denken" in Ortsteilen könne er ohnehin nicht verstehen. Damit ist’s um Reiner Haas geschehen: Flözlingen sei gut genug gewesen, um Fläche fürs Inkom zu liefern, sagt er, und Balke entgegnet, dass sie, seit sie in Zimmern sei, die Erfahrung gemacht habe, "dass Flözlingen am liebsten unten in seinem Täle bleibt". Sie bringt am Ende gar einen Bürgerentscheid ins Spiel, um herauszufinden, was diese für die richtige Entscheidung halten. Der Schultes appelliert zwischendurch, ein gewisses Niveau zu halten, Kämmerer Martin Weisser mahnt, egal welche Entscheidung falle, sie dürfe nicht zu bösem Blut führen.

Dass diese Befürchtung nicht unbegründet ist, zeigt sich nach der Entscheidung. Mit sieben Ja- (Haas, Bausch, Praglowski, Elke Müller, Christine Löffler, Arnd Sakautzky und Gerhard Wodzisz) und zehn Nein-Stimmen entscheidet sich das Gremium am Ende gegen die Erweiterung. Stattdessen soll die Verwaltung die Sanierung ins Auge fassen und damit ins nächste Gespräch um Zuschüsse mit dem RP (13. Oktober) gehen.

Frieden herrscht damit allerdings längst noch nicht. Als das Publikum nach dem Tagesordnungspunkt den Saal verlässt, geht das nicht ohne lautstarke Dispute zwischen Zuhörern und einzelnen Gemeinderäten ab. Und als die Sitzung weitergehen soll, fehlen Thomas Bausch und Reiner Haas. Das bringt selbst die Ratskollegen aus der Fassung, die sich sonst durch Ruhe und Sachlichkeit auszeichnen. Das Wort "respektlos" ist nicht nur einmal zu hören.

Von Verena Schickle

Selbst die Flözlinger können es drehen und wenden, wie sie wollen: Ohne das nötige Geld wird sich an ihrer Halle überhaupt nichts tun. Da kann ihr Wunsch, sie zu erweitern, noch so groß und noch so alt sein. Bei solchen Summen muss die Frage erlaubt sein, wie Zimmern das Ganze überhaupt finanzieren soll. Gerade, wenn es um so viel Geld geht, ist klar: Der Gemeinderat darf nicht nur an Flözlingen denken. Zimmern besteht nun mal aus vier Ortsteilen. Der Flözlinger Rat Thomas Bausch betont zwar, dass er und seine Mitbürger sehr wohl "über ihre Miste hinaus" schauen würden. Mit ihrem Verlassen der Sitzung haben er und Reiner Haas allerdings Wasser auf die Mühlen derer gegossen, die das ohnehin bezweifeln. Dabei hilft Schmollen nicht weiter, sondern zeigt nur, dass das Duo nicht sachlich über die Halle diskutieren kann. Doch ohne das geht es nicht.