Walter Schwer arbeitet derzeit am zweiten Band der Zimmerner Ortschronik. Er zeigt das Flugblatt zur Bürgerversammlung in Sachen Autobahntrasse. Foto: Siegmeier Foto: Schwarzwälder Bote

Ortsgeschichte: Walter Schwer arbeitet am zweiten Teil der Zimmerner Chronik

Vier bis fünf Stunden pro Tag taucht Walter Schwer in die Zimmerner Ortshistorie ein, recherchiert Fakten, stößt dabei auch auf so manche Anekdote oder Kuriosität.

Zimmern o. R. Der Geschichtslehrer im Ruhestand – wenn man denn den Verfasser einer Chronik überhaupt so bezeichnen darf – arbeitet derzeit bereits am zweiten Band der Zimmerner Ortsgeschichte, der im Dezember nächsten Jahres fertig sein soll.

Geschichte ist – neben seinen Enkeln – seine ganze Leidenschaft, und von seinem reichen Wissensschatz möchte Walter Schwer in der Chronik möglichst viel weitergeben. "Ich finde es wichtig, nicht nur die Ortsgeschichte wiederzugeben, sondern den Ereignissen auch immer die bundesdeutsche Entwicklung gegenüberzustellen, denn die nationale und die lokale Geschichte bedingen sich gegenseitig", weiß er. "Ich bin mir zum Beispiel sicher, dass Zimmern nicht mehr selbstständig wäre, wenn die CDU im Jahr 1972 die Landtagswahl verloren hätte", nennt er ein Beispiel.

Im zweiten Band der Ortschronik beschäftigt sich Schwer mit dem Zeitraum von 1945 bis 2000. Dass Zimmern eingemeindet werden könnte, das bereite den Zimmernern seit Jahrzehnten Sorge. "Deswegen sollte ursprünglich auch die Autobahntrasse dort verlaufen, wo heute die Umgehungstraße ist. Um möglichst große Distanz zu Rottweil zu schaffen", vermutet er. In einer Bürgerversammlung im "Löwen" hätten 800 Zimmerner für die Trasse zwischen Rottweil und Zimmern gestimmt. Es habe sogar eine Art Flugblatt gegeben auf dem stand: "Die Existenz unserer Heimatgemeinde ist lebensgefährlich bedroht". Doch auch ohne die Autobahn als trennendes Element ist Zimmern heute noch selbstständig. So hätten im ersten Amtsblatt der Gemeinde aus dem Jahr 1959 auch nur Rottweiler Einzelhändler werben dürfen, deren Branche es in Zimmern nicht gab.

Ein ausführliches Kapitel hat Schwer auch der Gemeindereform im Jahr 1973 gewidmet. Lange sei hier diskutiert worden, ob Horgen, Flözlingen und Stetten eine eigene Eschachtalgemeinde werden, oder wo sie künftig dazugehören. "Es ist immer wieder spannend, was in den alten Protokollen so zu lesen ist", sagt Schwer mit seinem verschmitzten Lächeln.

Die Recherche für den zweiten Band sei etwas einfacher, da die Protokolle in lateinischer Schrift verfasst sind. Allerdings habe die Fülle des Materials zugenommen. Schwer muss sich also durch wesentlich mehr Papier arbeiten, als beim ersten Band. "Und es ist ja auch ganz wichtig, so zu schreiben, dass es für alle interessant ist, und dass die Themen vorkommen, die die Leute interessieren. Man muss sich überlegen wie weit man in die Tiefe geht, ohne den Leser abzuschrecken." Das sei manchmal eine Herausforderung. "Da muss ich mich auf mein Gefühl verlassen und auf meine Frau."

Etwa 300 Seiten soll der zweite Band der Chronik haben. 150 Seiten hat Schwer bereits geschrieben. "Hinzu kommen aber noch Bilder und viele Tabellen", sagt er. Aber bis das Buch in den Druck geht, hat er ja noch ein Weilchen Zeit.

Aufwendige Recherche

Und die wird er auch benötigen, denn die Recherche ist aufwendig. Er hat den Inhalt in die Bereiche Wirtschaft, Soziales, Vereine, Schule und Kirche eingeteilt. Als schwieriges Kapitel bezeichnet Schwer die Zeit zwischen 1945 und 1949. "In dieser Zeit war Zimmern sehr belastet. Die Flak war von den Franzosen besetzt, viele Wohnungen beschlagnahmt. Zudem gab es in der Gemeinde viele Heimatvertriebene. Im Jahr 1961 hatten 25 Prozent der Einwohner keine Zimmerner Wurzeln".

Genauer beleuchtet habe er auch, wo die Zimmerner beruflich tätig waren und wie die Gemeinde sich von einem landwirtschaftlich geprägten Ort über ein Arbeiterdorf bis hin zu einer Dienstleistungsgemeinde entwickelt hat. "Enden soll die Chronik mit dem INKOM", plant Schwer. Aber bis er so weit ist, wird wohl noch etwas Zeit vergehen und noch so manche Anekdote ans Licht kommen.