In Heerstraße 18 soll Sechsfamilienhaus mit Flachdach entstehen / Erst Neubau-Gegner, nun Nutznießer

Von Verena Schickle

Zimmern o. R. Dieser Bauantrag will nicht so recht zur vorweihnachtlichen Harmonie passen: Die Janzer Wohnbau GmbH will in der Heerstraße 18 in Zimmern ein Sechsfamilienhaus bauen. Pikant ist die Vorgeschichte.

Ohne dreckige Füße zu bekommen, ist ein Spaziergang in der Zimmerner Heerstraße derzeit kaum möglich. Der Baustellenverkehr hinterlässt seine Spuren auf der Fahrbahn. Zur dreckigen Straße dürfte darüber hinaus dicke Luft kommen. Grund ist ein Bauantrag, den der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung behandelte. Die Janzer Wohnbau GmbH in Zimmern möcht ein Mehrfamilienhaus auf dem Grundstück mit der Hausnummer 18 erbauen. Dort steht bisher ein Einfamilienhaus. Dieses soll abgerissen werden, um Platz für den dreistöckigen Neubau zu schaffen. Geplant sind sechs Wohnungen mit einer Fläche von 120 bis 173 Quadratmetern, dazu 16 Stellplätze, neun davon in einer Tiefgarage.

Nicht der erste Bau dieser Art: In Sichtweite steht das große Haus, das gerade auf dem Gelände der ehemaligen Galvanotechnik von Au entsteht, und nebenan, in der Heerstraße 14, wird derzeit ein optisch ähnliches Gebäude mit fünf Wohnungen errichtet. Dagegen hatten sich die Anwohner der Heerstraße – bisher dominiert von Einfamilienhäusern und eher ruhig, da in zweiter Reihe hinter der Rottweiler Straße gelegen – vor gut einem Jahr erbittert gewehrt, gar Unterschriften gesammelt. Weil es für den Bereich keinen Bebauungsplan gibt, kommt Paragraf 34 des Baugesetzbuchs zur Geltung. Dieser besagt, dass sich ein Neubau in die nähere Umgebung einfügen muss, was Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche betrifft. Passt, befand das Landratsamt und genehmigte das Vorhaben, Anfang Dezember 2013 hatte schon die Mehrheit des Gemeinderats dem Bauantrag zugestimmt. Inzwischen steht das Haus, die Bauarbeiten laufen aber noch. Jetzt sollen nebenan weitergebaut werden.

Was manchen Gemeinderat überraschte: "Ich bin ein bisschen irritiert, dass man jetzt einen noch größeren Kasten hinsetzt", meinte Ingrid Balke. "Das ist fast unzumutbar für die Anwohner", erklärte Timo Weber. Ihn habe fast der Schlag getroffen, als er den Bauantrag gesehen habe. "Die Anwohner ringsum sind entsetzt". Christine Löffler, die bei bald jedem neuen Antrag für ein Mehrfamilienhaus immer wieder betont, diese zerstörten den dörflichen Charakter Zimmerns, nahm den aktuellen gar zum Anlass, eine vorbereitete Erklärung zu verlesen. Inhalt: Heimat versus die "moderne Blockbebauung". Die Bürger würden es so empfinden, dass ihre Heimat vermarktet und verkauft würde. Ziel des gewerblichen Wohnungsbaus sei es, Rendite zu erzielen. Das passe nicht zu dem, was Heimat sei. "Letztendlich wird an dem Ast gesägt, auf dem unser Dorf sitzt."

Elke Müller befürchtet ebenfalls, dass sich der dörfliche Charakter verliert. Und sie meint: "Wir müssen bezahlbaren Wohnraum vorhalten für unsere Bürger." Thomas Bausch allerdings wies darauf hin, dass der Zuzug von sechs Familien für Zimmern positiv sei, und "Veränderungen sind im Leben durchaus normal".

Pikant indes wird der Bauantrag durch ein weiteres Detail: Wortführer der Anwohner, als es darum ging, den Neubau in der Heerstraße 14 zu verhindern, war Reinfrid Weber, wohnhaft im Einfamilienhaus in der Heerstraße 18. Und genau dieses will das Ehepaar, Eigentümerin ist Sieglinde Weber, nun zum Abriss an die Janzer Wohnbau GmbH verkaufen.

Auslöser, sagt Reinfrid Weber, war die Bebauung des Nachbargrundstücks, "gegen die wir uns als direkt Betroffener erfolglos zur Wehr gesetzt haben". Einsprüche hatte das Landratsamt damals zurückgewiesen, in Sachen "Einfügen in die Umgebungsbebauung" unter anderem auf die Mehrfamilienhäuser in der Hausener Straße 1 bis 5 verwiesen. Weber allerdings kann nicht nachvollziehen, wie diese Gebäude (mit Satteldach) zum Neubau nebenan passen sollen. "Dieses Gebäude bringt uns nur Nachteile und bedeutet eine Wertminderung unseres Grundstücks", erklärt Reinfrid Weber. "Dass wir aus der uns aufgezwungenen Situation noch das Beste machen wollen, ist selbstverständlich." Schließlich hätten nicht er und seine Frau die Richtung eingeschlagen, die die Bebauung in der Heerstraße nimmt. "Wir haben diese Entwicklung nicht angestoßen, wir wollten sie verhindern", betont er. Auf sie habe vor gut einem Jahr aber überhaupt niemand Rücksicht genommen.

Und der Investor? Auch die Janzer Wohnbau GmbH sieht sich auf dem richtigen Weg und verweist dabei auf Paragraf 34. Schließlich passe das Vorhaben ja nun zur Umgebung – sprich zum Neubau nebenan. Gleichzeitig verweisen Geschäftsführer Alexander Janzer und sein Vater Michael (Bauleitung) darauf, dass bei ihrem Vorhaben nur 33 Prozent des Grundstücks überbaut würden, bei der Hausnummer 14 seien es über 50 Prozent, wenn Garagen und Carports erst mal stehen.

Der Gemeinderat hat den Bauantrag derweil auf Antrag von Guntram Ober vertagt – bis die Befragung der Anwohner abgeschlossen ist. Am Ende allerdings entscheidet ohnehin wieder der Landkreis.