So könnten Zigarettenschachteln künftig aussehen. Josef Spohn hat in seinem Zimmerner Geschäft schon einmal ausprobiert, was für einen Anblick seine Kunden dann ertragen müssten. Foto: Schickle

Anblick der Zigarettenschachtel ruft Ekel hervor. Gesundheitsamt bewertet schärfere Vorschriften als positiv.

Kreis Rottweil - Mit Schockbildern auf Zigarettenschachteln will die Europäische Union ihre Bürger vom Rauchen abhalten. Tritt die Richtlinie in Kraft, sieht Tabakhändler Josef Spohn seine Existenz gefährdet.

Josef Spohn gefällt nicht, was seine Zigarettenschachteln ziert: Fotos von verfaulten Zähnen, von einer Leiche und einer dunkelbraun verfärbten Lunge. Ekelhaft, findet der 54-Jährige. Genau deshalb hat er einen Nachmittag lang protestiert und die Zigarettenschachteln in seinem Zimmerner Tabakshop entsprechend bekleben lassen. Geht es nach der Europäischen Union (EU), sollen Kippenschachteln künftig nämlich immer so aussehen. Mitte Dezember hatte die Kommission einen entsprechenden Entwurf der neuen EU-Tabakrichtlinie vorgestellt. Kürzlich hat sich der Bundesrat damit befasst.

Die EU will mit dem Vorstoß vor allem Jugendliche vom Rauchen abhalten. Tabakhändler Spohn dagegen sieht seine Existenz gefährdet. Seit zehn Jahren ist er im Geschäft, inzwischen hat er Läden in Schramberg, Horb und Zimmern. Der Dunninger hat früher als Wirtschaftsinformatiker gearbeitet. "Ich wollte es nicht mehr anders", sagt er heute über seine Selbstständigkeit. Und fügt hinzu: "Noch."

In den Jahren, seit Spohn im Geschäft ist, seien die Vorschriften für den Tabakhandel nämlich immer strenger geworden. "Ich verkauf ein legales Produkt, mach das gerne und würde es gern in zehn Jahren noch machen", kritisiert er. Dann solle das Rauchen doch einfach ganz verboten werden, statt Regeln immer wieder zu verschärfen. "Das wäre für mich konsequente Politik."

Momentan verspürt er zwar noch keinen Rückgang der Kundenzahl, allerdings fürchtet er, genau das könnte die Konsequenz der neuen Tabakrichtlinie sein, wird sie in Deutschland umgesetzt. Der Schwarzmarkt könnte ebenfalls größer werden.

Die Richtlinie beinhaltet zudem, Packungsformate zu vereinheitlichen. Damit würde sich nicht nur die Zahl der Zigaretten pro Schachtel ändern, sondern auch die Optik. Folge: "Die Produktvielfalt geht irgendwo verloren." Gerade seien Zigaretten ohne Zusatzstoffe gefragt, berichtet Spohn. Auf der Packung wäre das nicht mehr zu erkennen.

Gegen Verbraucher- und Jugendschutz habe er freilich nichts. Allerdings fragt er sich, was die Neuerungen dafür tun sollen. Er plädiert dafür, Jugendliche beispielsweise in der Schule über die Folgen von Drogen-, Alkohol- oder Zigarettenkonsum aufzuklären, damit diese gar nicht erst mit dem Rauchen anfangen.

Über die neue EU-Tabakrichtlinie sagt er: "Das ist für mich eine Bevormundung des Verbrauchers." Den allerdings will die EU mit der neuen Richtlinie schützen, dieses Bemühen unterstützt auch der Bundesrat. Und das Rottweiler Gesundheitsamt. Der Staat habe die Aufgabe, die Gesundheit seiner Bürger zu schützen – auch die der rauchenden, erklärt Ulrike Riedinger-Riebl. Die Ärztin im Gesundheitsamt befürwortet deshalb die EU-Pläne.

"Rauchen ist ja leider auch eine Sucht", sagt sie. Wer nikotinabhängig ist, könne deshalb gar nicht so einfach aufhören. "So ganz frei und mündig ist der Bürger in der Situation nicht mehr." Deshalb müsse man Betroffene schützen. Immerhin gibt es zwischen 110 000 und 140  000 Todesfälle pro Jahr in Deutschland im Zusammenhang mit dem Rauchen, erklärt Riedinger-Riebl.

Dabei spielt ein weiterer Punkt in der neuen Richtlinie eine entscheidende Rolle: Aromastoffe wie Menthol, Vanillin, Honig oder Schokolade sollen verboten werden. Tabak schmecke scharf und unangenehm, erst durch die Zusatzstoffe werde er genießbar, erläutert die Medizinerin. Ohne sie mundet der Glimmstängel einfach nicht mehr. Geht es nach der EU, soll das Aromen-Verbot auch für Tabak zum Schnupfen gelten. Das käme laut Spohn einem Verbot von Schnupftabak gleich.

Von Schockbildern auf den Zigarettenpackungen erhofft sich die Ärztin ebenfalls eine Wirkung. Studien hätten gezeigt, dass Aufklärung nur bedingt Effekte zeige. Dass Rauchen schädlich ist, wisse praktisch jeder. Bilder allerdings führen die Folgen des Tabakkonsums vor Augen, erklärt die Medizinerin.

Josef Spohn allerdings merkt an: "Mein Geschäft steht auch Nichtrauchern offen. Ich denke, dass die sich eher daran stören würden." Bis dahin dürfte es aber noch eine Weile dauern. Zunächst müssen alle EU-Staaten sich mit der Richtlinie befassen. Der Bundesrat befürwortet die Pläne und hat der Bundesregierung, mit einigen Abänderungen, empfohlen, dass die Richtlinie, sobald sie in Kraft getreten ist, innerhalb von 18 Monaten umgesetzt werden soll. Wann das soweit ist? "Das kann noch ein bisschen dauern", teilt die Pressestelle des Bundesrats mit. Solange bleiben Spohns Kunden die Schockbilder erspart.