Eine Premiere: Gottesdienste finden im Johannes-Brenz-Heim zwar regelmäßig statt, eine Taufe aber zum ersten Mal. Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Schwabo-Reporter begleitet Pfarrer

Mein Sonntag als Pfarrer beginnt gegen 6.30 Uhr. Seit dieser Zeit liege ich wach und denke darüber nach, was mich heute wohl erwarten wird. Pfarrer Stefan Voß, den ich zu zwei Gottesdiensten – den ersten in Wolfach, den zweiten in Kirnbach – begleiten darf, ist da schon aufgestanden und geht den "Frühgottesdienst" um 9.30 Uhr noch einmal Wort für Wort durch.

Voß befolgt für sich die Drei-Stunden-Regel, die ihm vor Jahren ein Schauspieler auf einem Workshop nahegelegt hat. Die eigentliche Arbeit am Predigttext ist bereits am Samstagabend passiert. "Ich brauche die zeitliche Nähe zum Gottesdienst", sagt er. In den drei Stunden vor dem "Auftritt" macht Voß alles, um in den Texten "drin" zu sein, stellt vielleicht noch einmal in dem einen oder anderen Satz die Wortreihenfolge um, übt Gestik und Mimik zum gesprochenen Wort – im Ergebnis sollen Begrüßung, Lieder, Gebete und Predigt zueinander passen und eine Einheit bilden. Und natürlich wird jedes Lied vor dem Spiegel, im Bad oder in der Küche durchgesungen. Gerne auch bei offenem Fenster, die Nachbarn wohnen erst ein paar Meter weiter. Eine Gesangsausbildung gehört nicht zum Theologie-Studium, aber Voß hat sich auf seiner ersten Pfarrstelle in Karlsruhe einiges von Kantoren und Chorleiterinnen abschauen können.

Taufe im Brenzheim ist eine Premiere

Eine halbe Stunde vor dem Gottesdienst im Speisesaal des Johannes-Brenz-Heims gilt es, mit Hausherr und Kirchengemeinderatsvorsitzenden Markus Harter die Frühstückstische beiseite zu schieben und den Raum für den Gottesdienst zu bestuhlen. Der Pfarrer richtet derweil sich und den Altarraum her. Zwischen Pult und den Stuhlreihen wird ein kleiner Tisch mit einer Wasserschale platziert.

Dass im Gottesdienst auch noch ein Kind getauft wird, hat der Pfarrer im Vorgespräch für diese Reportage unerwähnt gelassen. Getauft wird Claire Christine Friedrich. Die junge Dame wird den gesamten Gottesdienst auf dem Arm ihrer Mutter Julie Friedrich, geborene Gorenflo, verschlafen. Bei so jungen Täuflingen – Claire ist gerade mal sechs Wochen alt – "gilt" die Taufe und damit verbunden die Aufnahme in die Gemeinschaft der evangelischen Christen aber auch so.

Nach dieser Premiere – Gottesdienste finden im Pflegeheim in regelmäßigen Abständen statt, getauft wurde im Johannes-Brenz-Heim aber noch niemand – werden in diesem Rahmen noch zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen verabschiedet und eine Nachfolgerin in ihr Amt eingeführt. Bei einem Kaffee im schattigen Hof besprechen wir den Gottesdienst mit den Kirchengemeinderäten noch ein wenig nach, dann verabschiedet sich Pfarrer Voß in die Mittagspause.

In der Nachmittagsschicht machen sich um 15 Uhr 26 Gläubige vom 14-jährigen Konfirmanden bis zum 84-jährigen Organisten auf zum Wandergottesdienst. Voß tauscht Talar gegen Wanderhemd und -hose und führt die Gruppe über den Pfarrbuckel hoch zur Bergpredigt am Berghansenhof. Voß wählt dabei Wege, die selbst den Einheimischen unbekannt sind. Die Gruppe wandelt auf einem Weg, den der Pfarrer wohl häufig unter die Wanderschuhe nimmt, kann man doch ganz oben am Kamm bei gutem Wetter bis in den Nordschwarzwald, Voß‘ Heimat, schauen.

Die angepeilten zwei Stunden werden fast eingehalten. Organist Klaus Herold verspricht, zum Ausgleich beim kommenden Gottesdienst ein wenig schneller die Orgel zu spielen.

Borkenkäfer und Trockenheit sind Themen

Borkenkäfer, Trockenheit und Wassermangel sind ein Thema gleich an mehreren Stationen. Und so passt es eigentlich, dass es auf den letzten Wegmetern über die Wiesen beim Grubhof stürmt und hagelt. Hofbesitzer Helmut Schneider hat die Pilger bereits erwartet und beim Kaffee in der eilends für die große Gruppe hergerichteten Tafel hat der Pfarrer seine Schäfchen im Trockenen. Schon bald verschwimmen die letzten fünf Wegminuten zum "kleinen Abenteuer", von dem man später wird erzählen können und das auch mir als Abschluss meines Tages als Pfarrer sicher in Erinnerung bleiben wird.        Matthias Dorn