So pflegen die Wolfacher noch heute unter anderem die Tradition von früher: Mit dem alle zwei Jahre stattfindenden Floßhafenfest an der Kinzig mitten in der Stadt. Fotos: Baur Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Wolfacher pflegen seit 1984 wieder Tradition an ihrem Fluss / Straßburg als größter Holzabnehmer

Zuerst ist es eine lose Verbindung von Männern gewesen, die ein Floß bauen wollten. Dann wurde daraus ein Verein: Seit 34 Jahren gibt es nun die "Wolfacher Kinzigflößer". Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, die alte Tradition lebendig werden zu lassen.

Wolfach . Es wird wohl immer ein Geheimnis bleiben, wann die ersten Menschen in und um Wolfach begonnen haben, Holz aus den ausgedehnten Wäldern an den Oberläufen von Kinzig und Wolf auf den Fluten dieser Flüsse zu transportieren, um es den Gesetzen des Markts entsprechend an den "Ort der Konsumtion" zu schaffen.

"Landwirtschaft war kaum möglich", so Vereinsmitglied Edgar Baur. "Die Leute lebten von der Vermarktung des Holzes", betont er. Während sich die Flößerei anfänglich im Vorderen Kinzigtal um Gengenbach herum abspielte, wurden Wolfach und Schiltach, ab dem 15. Jahrhundert mehr als vier Jahrhunderte zu unbestrittenen Zentren der Schwarzwälder Flößerei und des Holzhandels.

"An der Kinzig gab es zehn Herrschaftsgebiete", so Baur. In jedem musste Zoll entrichtet werden. So war die Kinzigflößerei von Anfang an ein grenzüberschreitendes Geschäft zwischen Wolfach und Kehl. Die im Wasser schwimmenden Baumstämme wurden bei der Fahrt zwischen beiden Standorten daher auch überwacht. Außerdem sollte sich das Treibgut auf seinem Weg nicht verhaken. Bis zu drei Tage dauerte die "Reise" unter Normalbedingungen. Der Heimweg musste meist zu Fuß unternommen werden.

Wenn nicht Holz auf der Kinzig verschifft worden war, dann wurden "alle Sachen" auf den Flößen transportiert, "die aus Holz waren", so Baur, zum Beispiel Kochlöffel, Schindeln, Rebstöcke, Hopfenstangen, Reifen, Fässer und Bergbau-Utensilien wie Cobalt. "Es gab keine Lastwagen, Waldwege – es gab nichts außer der männlichen Kraft", beschreibt Baur das hölzerne Zeitalter in Wolfach. Größter Abnehmer und Umschlagplatz großer Mengen war Straßburg. Schon beim Bau des Münsters zu Staßburg (1060) wurde "geflößtes", kräftiges, langes Holz aus dem Schwarzwald verwendet.

20 Kaufleute taten sich zusammen und gründeten eine Schiffer-Gesellschaft. Erst die Eisenbahn brachte 1895 das wirtschaftliche Ende. Als 1878 das Dampfross erstmals Menschen und Güter von Hausach nach Wolfach zog, war den meisten klar, dass nun nichts mehr auf Floßen transportiert werden musste.

Das passiert heute

Die Wurzeln des Vereins "Wolfacher Kinzigflößer" sind 1984 in der Beteiligung des Stadtjubiläums zu finden. Bei dem Fest sollte eine 900-jährige Entwicklung der Stadt mit ihren traditionellen Handwerksberufen dargestellt werden – die Geburtsstunde des Vereins. Seit dem Trachtenfest 1929 war kein großes Floß mehr gebaut worden und die Kinzig hinuntergefahren, so machten sich die Wolfacher 55 Jahre später laut Baur daran, ein 100 Meter langes Gefährt zu kreieren.

Seit 2014 ist die Flößerei in Deutschland auch in das bundesweite Verzeichnis des "Immateriellen Kulturerbes der Unesco" aufgenommen worden, so Baur. Und die Schaulustigen lieben es, wenn die Wolfacher alle zwei Jahre bei ihrem Flößerfest die Kinzig hinunterfahren. "Mit irrsinnigem Erfolg" verfolgten im Jahr 2017 tausende Zuschauer dies vom Ufer aus (wir berichteten). "Das macht natürlich schon Spaß", sagt Baur. "Heute stehen halt 25 Männer von Wolfach auf dem Floß", erläutert er. Früher waren es beispielsweise nur sechs "Schiffer". Sie trugen auch nicht die heutige "Uniform", eine nachempfundene Tracht, sondern schwarze, dunkle Kleidung und hohe Stiefel – aus praktischen Gründen.

Der Wasserpegel liegt normalerweise bei 80 Zentimetern. Wenn die Kinzigflößer ihn anstauen, beträgt er mehr als einen Meter. Eigentlich dauert die Fahrt innerhalb Wolfachs nur zehn Minuten, aber für die Schau wird sie verlängert, um den Gästen am Uferrand auch etwas bieten zu können. So wird immer wieder die "Bremse" betätigt, damit das Gefährt nicht zu schnell wird. Was den Nachwuchs betrifft, haben die Kinzigflößer anders als andere Vereine keine Sorgen. Gerade junge Handwerksleute, die mitanpacken und Floße bauen, werden gesucht und gefunden. "Wir sind auf einem guten Weg", sagt Baur erfreut.

Im Rahmen der Schwabo-Sommerserie "Unser Wasser im Kinzigtal" beschäftigt unsere Redaktion sich mit Fragestellungen rund um den Einfluss, den die Kinzig, die Wasserversorgung und die Trockenheit auf das Leben im Tal haben. In 13 Teilen, die jeweils samstags und mittwochs erscheinen, beleuchten wir verschiedene Aspekte des Lebens mit (oder ohne) das Wasser. Am Mittwoch, 22. August, begleitet der Schwabo den Haslacher Wassermeister bei seiner Arbeit.