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Ist die Automobilindustrie der Region noch zu retten? Vor dem Hintergrund der Automotive-Krise stellten sich diese Fragen viele. Jetzt wird ein Cluster gebildet – gemeinsam stark gegen die Krise, so lautet das neue Motto.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Und gerade für die Region ist es bitternötig zu handeln. Der Schwarzwald-Baar-Kreis rangiert schließlich deutschlandweit unter den so genannten "Top-100-Automobilregionen". Jeder fünfte der 204 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in der Region soll in irgendeiner Form der Automotive-Branche zuzurechnen sein. Auch von den etwa 350 000 Arbeitsplätzen, die der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden, kurz wvib Schwarzwald, betreut, fallen etwa 90 000 in das Automotive Cluster.

Ein Strukturentwicklungsprozess startet

Das hat man nun offenbar bundesweit erkannt – und so macht der Bund drei Millionen Euro locker, um das Projekt Automotive-Cluster in den nächsten zweieinhalb Jahren zu unterstützen. Player der Automobil-Industrie sollen gemeinsam einen Strukturentwicklungsprozess in Gang setzen, um Automobilzulieferern in der Region – und davon gibt es reichlich – durch die Krise zu helfen.

Das Ziel ist ein Baukasten, aus dem sich die Unternehmen bedienen können – es wird geforscht, entwickelt, gefördert und qualifiziert, kurzum: Starke Partner wollen in einem gemeinsamen Verbund alle Register ziehen, um die Krise zu überwinden, in der viele Betriebe in der Region längst bis zum Hals stecken. Ist das die Rettung des angeschlagenen Wirtschaftszweiges? IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez zumindest gibt sich optimistisch und sagt: "Wir freuen uns sehr, dass wir den Zuschlag vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz für unser Automotive-Projekt bekommen haben." Die Automobilwirtschaft befinde sich mitten in der Transformation. "Gemeinsam mit unseren Projektpartnern wollen wir die Region zu einem zukunftsfähigen Automobil- und Technologiestandort weiterentwickeln. Dank der Förderung erhalten die vielen kleinen und mittelständischen Automobilzulieferer in den nächsten zweieinhalb Jahren Angebote und Strukturen zur aktiven Gestaltung der Transformation."

Albiez: wichtig für kleine und mittelständische Zulieferer

Auch Benedikt Maier, der stellvertretende Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA), hält große Stücke auf das Vorhaben und ist überzeugt davon, dass "im engen Schulterschluss mit den Zulieferern der Region" potenzialträchtige Geschäftsfelder identifiziert und in konkrete Geschäftsmodelle überführt werden können. Er verspricht Konkretes: "Unser Team beim IfA möchte den besonders stark von der Transformation betroffenen Unternehmen ganz konkrete Perspektiven und Strategieoptionen aufzeigen."

Herrlich sieht wertvolle Synergien

Für Simon Herrlich, Business Development Manager bei Hahn-Schickard, geht es um einen nachhaltigen Digitalisierungsprozess im Sinne des von der EU angestrebten Green Deals – und um einen gezielten Technologietransfer. Hahn-Schickard könne aus zahlreichen Aktivitäten – etwa im Rahmen des europäischen Digitalisierungs-Hubs EDIH Südwest – "wertvolle Synergien zugunsten der regionalen Zuliefererindustrie freisetzen", stellt Herrlich in Aussicht. Und wenn es um die Forschungen im Bereich Wasserstofftechnologie am IFC geht, skizziert Frank Allmendinger, der diese Forschungen leitet, dass "Angebote und Strukturen für die Weiterbildung und den Transfer der Wasserstofftechnologie in die Automobilindustrie" geschaffen werden. "Die regionale Industrie kann sich somit gemeinsam mit den Projektpartnern auf den Weg der Transformation hin zu einer zukunftsfähigen Technologie machen."

Technologieoffenheit ist im Cluster ein großes Thema. Seit diesem Jahr verfügt das Innovations- und Forschungscentrum in Tuttlingen über einen eigenen Brennstoffzellensystemprüfstand. Roland Aicheler, Geschäftsführer der Beruflichen Bildungsstätte Tuttlingen GmbH (BBT), macht auf die hohe Spezialisierung des Kompetenzzentrums gerade im Bereich der Fahrzeugtechnik aufmerksam "mit Schulungsangeboten von der überbetrieblichen Ausbildung bis hin zur Kfz-Technikmeisterin und zum -meister". Und weiter: "Wir sind uns sicher, den Transformationsprozess der regionalen Automobilzuliefererunternehmen erfolgreich unterstützen zu können."

Hintergrund: Eine Automobilregion

Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg befindet sich deutschlandweit unter den Top-100-Automobilregionen. Die Automobilwirtschaft hat eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung und weist im Branchenvergleich eine überdurchschnittlich hohe Produktivität auf. Viele kleine und mittelständische Komponenten- und Teilelieferanten mit keinen oder nur geringen Kapazitäten für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sehen sich aber einem vergleichsweise hohen Transformationsdruck ausgesetzt. An dieser Stelle setzt das Projekt AuToS SW-BW an und bietet Zulieferern verschiedene Angebote zu Beteiligung und Kooperationsmöglichkeiten. Bis zur Eröffnungs- und Informationsveranstaltung für alle interessierten Automobilzulieferer steht IHK-Geschäftsbereichsleiter Thomas Wolf unter Telefon 07721/92 25 15 oder Mail an wolf@vs.ihk.de zur Verfügung.