Die Gefahr am Kirchturm Winterlingen ist nun gebannt. Foto: Göttling

Gemeinde nutzt wieder das Schiff. Pfarrer Nestele: "Es tut weh, dass die Glocken nicht läuten."

Winterlingen - Eine Trauerfeier ist die erste Veranstaltung gewesen; das Konzert des Kinderchores Tropinka aus Wladikawkas im Kaukasus war die offizielle Eröffnung: Die evangelische Kirche in Winterlingen ist wieder zugänglich für die Gemeinde.

"Wir machen zaghafte Schritte und befinden uns noch in der Warteschleife", sagt Pfarrer Ernst Nestele. Die Ziegel vom maroden Turm der evangelischen Kirche in Winterlingen jedenfalls sind fast alle runter. "Damit war es möglich, relativ kurzfristig das Kirchenschiff wieder zu nutzen", erläutert der Pfarrer.

Seit Sonntag finden deshalb wieder regelmäßig Gottesdienste in dem Gebäude statt. Um ins Kirchenschiff zu gelangen, sind die Baugitter entfernt, was den Zugang zum Hauptportal ermöglicht. Am nächsten Sonntag gastiert eine Theatergruppe in der Kirche, die aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Ortsgruppe des Christlichen Vereins Junger Menschen in dem Gotteshaus auftreten wird. Offen ist auch die Zufahrt zum Friedhof: "Das ist wichtig für die Bestatter und die Gemeinde", betont Pfarrer Nestele. Ihn persönlich freut es, dass er auch wieder mit dem Auto in die Garage fahren kann. Bei der Hitze in den vergangenen Tagen hat er doch manchmal "gelitten", wenn er in ein auf bis zu 40 Grad aufgeheiztes Fahrzeug steigen musste: "Da gab es so ein paar Momente, die heftig waren."

Allerdings tut dem Pfarrer "momentan sehr weh, dass die Glocken nicht läuten können". Welche Bedeutung das Glockengeläut für die Kirchengemeinde habe, "bekommen wir während der Sperrung des sanierungsbedürftigen Kirchturms unter Schmerzen mit". Doch die nächste Hochzeit ist "erst" im September, "vielleicht läuten die Glocken bis dahin wieder", hofft Nestele. Zum Erntedankfest und vor allem zum Reformationsfest möchte der Pfarrer jedenfalls wieder mit dem vollen Geläut feiern dürfen. Derweil erfreut er sich am ökumenischen Beistand der katholischen Kirche, wo eine Glocke erklingt: "Die läuten für uns mit."

Unterdessen sind Zimmerleute, Architekt und Landesdenkmalamt, welches das Vorgehen genehmigen muss, regelmäßig im Kontakt, wie die Arbeiten weiter gehen sollen, wie das Dach des Kirchturms neu zu decken ist: "Wir warten stündlich auf die weiteren Genehmigungen und Schritte. Noch ist offen, in welcher Form das Dach neu gedeckt wird, inwieweit bisherige Bauteile weiter zu verwenden sind und was erneuert werden muss", betont Nestele.

Der Turm ist jetzt viel leichter geworden

Der Kirchturm wog in seiner Spitze knapp zwölf Tonnen. Durch das Abdecken ist er jetzt viel leichter geworden. Es befindet sich immer noch Holz auf dem Dach; die Spitze kommt herunter. "Damit besteht statisch keine Einsturzgefahr mehr", entwarnt der Pfarrer. "Der Turm ist in sich selbst verdreht, dass muss korrigiert werden durch das Erneuern der tragenden Teile." Wie das zu geschehen habe, sei das Problem. Darüber sprechen Landesdenkmalamt, Zimmerleute, Architekt und Statiker: "Es soll solide, dauerhaft und nachhaltig sein."

Der Kirchturm ist in seinem Gebälk vor allem auf der Wetterseite morsch. Das hat dazu geführt, dass er sich "ganz zaghaft" aus dem Winkel bewegt und sich um sich selbst verdreht hat. Das muss jetzt ausgeglichen werden. Wie lange das dauern wird, steht momentan noch nicht fest. Beim Neueindecken werden teilweise alte Ziegel wieder verwendet, viele aber sind defekt. "Dadurch, dass das Dach abgedeckt ist, lassen sich die Schäden jetzt besser nachvollziehen, sind die Spuren deutlich zu sehen."

Dennoch geht Nestele mit einer "gewissen Gelassenheit" die Sanierung an: "Wir sind dankbar, dass wir jetzt wieder das Kirchenschiff nutzen dürfen und hoffen, dass die weiteren Arbeiten ohne Pannen und zusätzliche Kosten ablaufen." Dabei verweist der Pfarrer auch auf das große ehrenamtliche Engagement: Durch ihren Einsatz haben die freiwilligen Helfer das Kirchenschiff vom Baudreck gereinigt.