Beraten sich: Michael Maier (links) und Verteidiger Bernd Wagner. Foto: Maier

Untreue-Prozess: Michael Maier erwartet günstiges Urteil. Verständigung steht. Amt darf er behalten.

Hechingen/Winterlingen - Michael Michael Maier, Bürgermeister von Winterlingen, erwartet am Landgericht Hechingen ein für ihn günstiges Urteil. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung erreichten am Montag eine Verständigung. Diese sieht eine Bewährungsstrafe von maximal elf Monaten vor; Maier kann damit sein Amt behalten.

Für Maier bedeutet dieser Deal, der neben der Bewährungsstrafe eine Geldbuße in Höhe von 10.000 Euro vorsieht, ein blaues Auge. Dieses dürfte er gleichwohl ertragen können, hat er doch aus seiner Sicht das Wichtigste erreicht: Sein Amt als Bürgermeister von Winterlingen kann er weiterhin ausüben. Wenn das Gericht eine Strafe von wenigstens zwölf Monaten verhängt hätte, dann hätte er es automatisch verloren.

Bestandteil der Verständigung ist zudem, dass ein Anklagepunkt – Untreue im Zusammenhang mit Konzertveranstaltungen in Ratshausen, wo Maier ebenso wie in Hausen am Tann bis 2010 das Amt des Bürgermeisters bekleidete – eingestellt wird. Die dadurch etwas schlankere Anklage listet gleichwohl weiterhin mehrere Vergehen der Untreue, einen Fall von versuchtem Betrug, zwei Fälle von Urkundenfälschung sowie Sozialversicherungsbetrug in 69 Fällen auf.

Dass es möglicherweise zu einer Verständigung kommen würde, hatte sich bereits im Laufe des ersten Prozesstags Ende September abgezeichnet. Wegen des Inhalts, vor allem aber wegen der Form – ein solcher Deal setzt ein klipp-und-klares Geständnis des Angeklagten voraus – gab es am Montagvormittag immer wieder Verhandlungsunterbrechungen und Beratungen des Gerichts und zwischen den Parteien. Richter Anderer machte dabei Druck: Zunächst hatte er erklärt, dass die Große Strafkammer unter seinem Vorsitz keinen Spielraum für eine Verständigung sehe, weil trotz eines möglichen Geständnisses eine Beweisaufnahme wahrscheinlich sei. Dabei ist es gerade auch Sinn einer Verständigung, den Aufwand in einem Verfahren zu reduzieren.

Nach einem von Maiers Verteidiger Bernd Wagner vorgelegten schlanken Geständnis auf Papier und weiteren Beratungen des Gerichts stand am frühen Nachmittag fest: Es wird zum Deal kommen. Dessen Eckpunkte: mindestens neun, maximal elf Monate Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, Bewährungszeit drei Jahre, Geldbuße in Höhe von 10.000 Euro. Um diese Verständigung zu ermöglichen, so formulierte es Richter Anderer, müsse Maier indes deutlich gestehen, es müsse klar werden, dass es nicht nur abgelegt werde, um eine möglichst milde Strafe zu erhalten.

Dieses Geständnis lieferte Maier – wenngleich es sein Anwalt war, der die Erklärung in Maiers Namen vorlas. Er erkenne die Anklage von A bis Z an, er gebe zu, dass er vorsätzlich gehandelt habe, dass er Schäden für die Gemeinde Ratshausen und Hausen am Tann vorhergesehen habe, dass er durch die Urkundenfälschung den Rechtsverkehr habe täuschen wollen und dass er den Sozialkassen bewusst Beiträge vorenthalten habe. Er bereue diese Handlungen. Weitere Angaben zur Sache machte Maier vorerst nicht.

Mit diesem Geständnis hatte Maier seinen Teil der Verständigung erfüllt. Dass er angesichts des zu erwartenden Strafrahmens seinen Posten als Bürgermeister von Winterlingen behalten kann, dürften auch die Winterlinger mit Zufriedenheit zur Kenntnis nehmen: Seit etwas mehr als vier Jahren lenkt er die Geschicke der rund 6500 Einwohner zählenden Gemeinde. Seit den Vorfällen aus seiner Zeit als Bürgermeister von Ratshausen und Hausen am Tann, wegen der nun dreieinhalb Jahre lang ermittelt wurde, hat sich Maier nichts mehr zuschulden kommen lassen.

Die Gerichtsakte Maier wird voraussichtlich am Montag, 3. November, geschlossen. An diesem Tag will die Große Strafkammer das Urteil sprechen. Abgeschlossen wird damit ein Fall, der beispielhaft stehen kann für den schmalen Grat, auf dem Bürgermeister bisweilen unterwegs sind. Der leitende Ermittler, den Richter Anderer um eine persönliche Einschätzung zum Fall Maier bat, sagte, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, dass Maier durch sein Handeln die Gemeinden Ratshausen und Hausen am Tann bewusst habe schädigen wollen. Vielmehr sei er bestrebt gewesen, das Beste für die Gemeinden zu erreichen – habe es dabei allerdings mit den Gesetzen nicht immer so genau genommen.