Feierstunde: In der Wildberger Stadthalle tagen der alte und der neue Gemeinderat der Schäferlaufstadt letztmals und erstmals

"Fragil geworden" sei es, das "Erfolgsmodell der parlamentarischen Demokratie". Das sagte Bürgermeister Ulrich Bünger beim Wechsel vom alten zum neuen Wildberger Gemeinderat – in einer feierlichen Stunde in der Stadthalle.

Wildberg. Den ersten musikalischen Rahmen setzte ein junges Septett der Stadtkapelle unter Achim Olbrich. Passend zum Wetter spielte es die tropischen Samba-Rhythmen von "Brasil". Die letzte Entscheidung des fünf Jahre lang amtierenden Gemeinderats bestand darin, das Ergebnis der Kommunalwahl vom vergangenen Mai anzuerkennen, indem er für die neuen Mitglieder keine Hinderungsgründe feststellte.

Dann gab es das fällige Stühlewechseln: Die ausscheidenden Rätinnen und Räte des Stadtparlaments nahmen unter den interessierten Bürgern (und manchen Angehörigen) Platz, die den Rest der Stuhlreihen in der schön geschmückten Stadthalle füllten. Die neuen ehrenamtlichen Repräsentanten der Wildberger Bürgerschaft kamen nach vorn und nahmen ihre Sitze ein. Selbstverständlich gab sich an der Stirnfront die Rathausspitze komplett die Ehre in Dank und Respekt für das alte und für das neue Gremium.

Dass diese formale Feierlichkeit weniger denn je ein bloßes hohles Ritual ist, daran ließ der Bürgermeister in seiner nachdenklichen Begrüßungsrede keinerlei Zweifel. In drei Generationen verblasse die Kraft der mündlichen Überlieferung, sagte Ulrich Bünger. Und so lange sei es her, dass aus einem "moralisch und materiell zutiefst bankrotten Land ein gefestigtes demokratisches Gemeinwesen" mit einem "unglaublichen Wohlstand" aufgebaut worden sei.

Nun sei das durch ein Gefühl scheinbarer Selbstverständlichkeit, durch Rückzug in eigene Interessen, aber "auch durch eine zunehmende Grundgereiztheit" immer weniger normal. Gerade deshalb wollte er den Ausscheidenden danken. Er sei in seiner Amtszeit als Gemeinderat "meiner Heimatstadt nähergekommen" zitierte Bünger die ernüchternd klingende Bilanz eines früheren Rats.

Die Gemeinde- und Ortschaftsräte bekamen von ihrer Stadt Anerkennungen: einen Bildband und Wein für fünf, ein Sektglasservice und Sekt für zehn Jahre Gremienarbeit und eine Uhr mit Gravur für mehr als 20 Jahre Ehrenamt als gewählte Vertreter der Wildberger Bürger.

Auch der baden-württembergische Städte- und Gemeindetag zeigte seine dankende Anerkennung mit Ehrennadeln und Urkunden je nach Mandatsdauer. Dass der ausscheidende dienstälteste Gemeinderat für Sulz und Wildberg dabei leer ausging, hingt mit der Staffelung zusammen: Für die 35 Amtsjahre des ausscheidenden CDU-Fraktionsvorsitzenden Eberhard Furthmüller aus Sulz ist keine eigene Ehrennadel vorgesehen.

Furthmüller lobte in seiner ganz persönlichen Abschiedsrede die "sachliche und tolerante Gesprächskultur" im Gemeinderat, beschied Wildberg, "im Großen und Ganzen gut aufgestellt" zu sein, verhehlte aber auch seine Sorgen um den hohen Schuldenstand der Stadt nicht. Alle im Saal erhoben sich geschlossen und applaudierten dem Eldest Statesman der Stadt lang.

Mit der Übernahme der bisherigen Geschäftsordnung begannen für den neuen Rat – nach einem gemeinsamen gesprochenen Gelöbnis – die zumeist formalen Abstimmungen.

Die Hauptsatzung wurde insoweit geändert, als die Größe der Ausschüsse beschlossen wurde. Zehn Mitglieder wird der technische Ausschuss künftig haben, dem Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss werden zwölf Räte nach Fraktionenproporz angehören. Einzeln gewählt werden sie in der nächsten Sitzung.

Ostertag begründet seinen Rückzug nicht ohne Kritik

Bei den ehrenamtlichen Stellvertretern des Bürgermeisters begründete Gerhard Ostertag seinen Rückzug nicht ohne Kritik. Er werde von Eberhard Furthmüller stattdessen den Vorsitz der CDU-Fraktion übernehmen. Als nachfolgende Bürgermeister-Stellvertreterin schlug er Margit Gärtner vor. Für die Freien Wähler rückt Erhard Schulz zum ehrenamtlichen Stadtoberhaupts-Vize auf, weil Stimmenkönig Rolf Dittus als Sulzer Ortsvorsteher dieses Amt nicht ausüben darf. Für die SPD bleibt Rolf Dannenmann der dritte stellvertretende Schultes. Alle vorgeschlagenen Personalien nahm der neue Rat einstimmig an.

Das galt auch für die Besetzung des Ältestenrats, für die Vertreter der Verbandsversammlung der Zweckverbände Wasserversorgung (Buchenwald und Schwarzwaldwasser) und Volkshochschule Oberes Nagoldtal, des Gewerbeparks Nagold-Gäu und für den Kindergartenausschuss. Einen "Beirat für geheimzuhaltende Angelegenheiten" hielten weder der Bürgermeister noch das neue Stadtparlament für notwendig.

Feierlich wurde es noch einmal bei der Bestätigung und Bestellung der gewählten Ortsvorsteher samt dem Gelöbnis mit Handschlag gegenüber dem Bürgermeister. Wie gehabt werden Gemeinderat Uwe Traub (CDU) und David Mogler ihre ehrenamtlichen Beamtenaufgaben für die Effringer und Schönbronner Bürger weiterführen und deren Interessen auch im Gemeinderat vertreten. David Mogler wurde für die SPD auch neu ins Gremium gewählt, Walter Baur (CDU), Gültlinger Ortsvorsteher, schied hingegen als stimmberechtigter Rat aus und bleibt mit beratender Stimme im Gremium. Beim Sulzer Ortsvorsteher Rolf Dittus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, bleibt alles beim Alten.

Das Schlusswort war SPD-Fraktionschef Dieter Dannenmann vorbehalten. Nach einer weiteren fetzigen Musik von Talenten aus der Musikschule – ein Akkordeon-Duo und ein Flötenquartett mit "Lollipop" – lud der Bürgermeister zum Empfang bei Sekt und Selters und bei Schnittchen plus selbst gemachter Sülze und Fleischküchle aus der feinen Catering-Küche der renommierten Wildberger Gastronomie.