Abschied aus dem Vorstand: Achim Schenk (Zweiter von links) trat von seinem Amt als stellvertretender Vorsitzender der Kreishandwerkerschaft Calw zurück. Rechts Kammer-Präsident Joachim Wohlfeil, daneben Kreishandwerksmeisterin Roswitha Keppler, links Andreas Perrot, der verbliebene stellvertretende Vorsitzende der Kreishandwerkerschaft Calw. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Versammlung: Azubi-Verträge steigen gegen den Trend / Von Eintrübung der Konjunktur in den Betrieben nichts zu spüren

Ungewöhnlich viel Prominenz und Ehrengäste gaben sich ein Stelldichein bei der Hauptversammlung der Kreishandwerkerschaft Calw – eigentlich waren es sogar zahlenmäßig mehr honorige Gäste als echte Handwerksmeister, die ins Gasthaus Krone nach Wildberg kamen.

Wildberg/Kreis Calw. Einen besonderen Grund dafür gab es eigentlich nicht – außer vielleicht: Es läuft gerade richtig gut im Handwerk. Und das, obwohl alle Welt von einer Eintrübung der Konjunktur spricht. Fürs hiesige Handwerk gilt das (noch) nicht, wie Kreishandwerksmeisterin Roswitha Keppler in ihrem Rechenschaftsbericht darstellen konnte: "Das Gaspedal wird noch mal richtig durchgetreten", der private Konsum wächst – 72,6 Prozent der Betriebe seien mit der aktuellen Geschäftslage höchst zufrieden, nur sieben Prozent hätten sich in einer aktuellen Umfrage kritisch zum Geschäftsverlauf geäußert.

"Wir liegen damit über dem Durchschnitt in Land und Bund"

Entsprechend ausgelassen die Ehrengäste – allen voran Kammerpräsident Joachim Wohlfeil, der eigens von Karlsruhe nach Wildberg kam. Im Gepäck: reichlich Lob für die Handwerksbetriebe im Kreis Calw, die – ebenfalls gegen den bundesweiten Trend – eine ungewöhnlich positive Beschäftigungsquote vorweisen können. Exakt 305 neue Lehrstellen wurden hier im abgelaufenen Jahr besetzt, was kammerweit mit dazu beitrug, ein Plus von zwei Prozent bei den Lehrverhältnissen (2526 Lehrverträge insgesamt) ausweisen zu können. Das sei "sehr, sehr positiv", hatte schon Keppler unterstrichen. "Wir liegen damit über dem Durchschnitt in Land und Bund", ergänzte der Kammerpräsident.

Doch nicht nur bei den Azubis legten die Handwerksbetriebe im Kreis Calw zu – die Zahl der Beschäftigten insgesamt stieg um (eigentlich stolze) 14,2 Prozent. Allerdings, so Kreishandwerksmeisterin Keppler: "Das ist immer noch sehr, sehr wenig, wenn man bedenkt, wieviele Leute wir aktuell noch brauchen." Denn auch der Ausblick der Geschäftsentwicklung im Handwerk ist extrem positiv: 43 Prozent der Betriebe erwarten aktuell noch bessere Geschäfte für die Zukunft, 53 Prozent sehen zumindest ein Verweilen auf sehr hohem Niveau: Aktuell stehen im Durchschnitt Aufträge für die nächsten elf Wochen in den Büchern der Handwerksbetriebe.

Vielleicht war deshalb bei der Hauptversammlung des Handwerks die Phalanx der anwesenden Bürgermeister aus dem Kreis Calw so eindrucksvoll komplett – schließlich passiert keine kommunale Entwicklung ohne das Handwerk, wie der "Hausherr", Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger, in seinem Grußwort wohl stellvertretend für alle seine anwesenden Kollegen formulierte. Vielleicht lockte aber auch das Grußwort vom hiesigen CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Blenke, der von Kreishandwerksmeisterin Keppler dazu verdonnert war, "Klartext zu reden" – was er dann auch tat.

Zum Beispiel darüber, dass er persönlich "unbedingt aufs Handwerk angewiesen" sei – weil er selbst "zwei linke Hände" bei manuellen Tätigkeiten habe. Wertschätzung, die sich in der Landespolitik künftig auch durch eine von der CDU-Fraktion jüngst beschlossene "Meisterprämie" zeigen soll: 1500 Euro als "Akt der Anerkennung" für die Last der geleisteten Ausbildung. Den CDU-Landesparteitag wisse man bei dieser Idee hinter sich, auch das Wirtschaftsministerium habe bereits "zehn Millionen Euro" für dieses Projekt im nächsten Landeshaushalt angemeldet. "Allein der Koalitionspartner" müsse nun noch von der Sinnhaftigkeit der Meisterprämie überzeugt werden. Aber es gelte, so Blenke: "Es muss Meister, nicht nur Master geben!" Womit die Gleichwertigkeit der akademischen und der handwerklichen Ausbildung unterstrichen werde.

Womit Blenke beim "Klartext" zu dem Thema kam, das den anwesenden Handwerksmeistern aktuell am meisten unter den Fingernägeln brennt: die Meisterpflicht – die hierzulande vor 15 Jahren für zahlreiche Handwerksberufe gekippt wurde. "Der Schaden deshalb ist immens", hatte zuvor Andreas Perrot, stellvertretender Kreishandwerksmeister und Sprecher des Ressorts Öffentlichkeitsarbeit, in seinem Bericht herausgestellt. Handwerkliche Arbeiten würden von Unternehmen ohne Meister oft in nur minderer Qualität geleistet, was dann das Handwerk insgesamt "ausbaden" dürfe.

Thomas Blenke dazu: "Ich kann klipp und klar sagen: Wir unterstützen die Wiedereinführung der Meisterpflicht im gesamten Handwerk vorbehaltlos", auch und gerade auf Bundesebene. Allerdings gelte es hier auf europäischer Ebene "richtig dicke Bretter" zu bohren angesichts der Tatsache, dass es 22 andere Länder im Euroraum gebe, die keinen Meisterrang in der Ausbildung kennen. "Aber auch die kann man überzeugen", so Blenke.

Wahlen standen bei der Hauptversammlung der Kreishandwerkerschaft nicht an, allerdings wurde Achim Schenk als einer von drei stellvertretenden Kreishandwerksmeistern auf eigenen Wunsch aus seinem Amt verabschiedet. Eine weitere Ehrung galt Tobias Kraft, mit 19 Jahren jüngster Handwerksmeister im Land.