Karl-Martin Bauer und seine Tochter Jule führten Gurr-Hirsch über den Schafhof. Fotos: Stadler Foto: Schwarzwälder Bote

Treffen: Staatssekretärin im Ministerium für Umwelt folgt Einladung auf den Schafhof von Familie Bauer in Wildberg

Wildberg. Nachdem Schäferinnen und Schäfer die Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch mehrfach eingeladen hatten, fand nun in Zusammenarbeit mit dem Landesschafzuchtverband und der Stadt Wildberg ein Besuch auf dem Betrieb von Schafzüchter Karl-Martin Bauer statt. Vertreter zahlreicher Institutionen gesellten sich dazu, um mit den Schäfern über die Themen Schafzucht, Erzeugung und Vermarktung von Lammfleisch und von Wolle zu sprechen sowie den Herdenschutz in Bezug auf Wölfe unter die Lupe zu nehmen. Neben den Gastgebern traf Gurr-Hirsch auf Bürgermeister-Stellvertreter Dieter Dannenmann, Schäfer aus dem Rems-Murr-Kreis und dem Ostalbkreis, den Vorsitzenden des Landesschafzuchtverbandes, Vertreter der Forstlichen Versuchsanstalt, Stefan Völl von den Deutschen Schafzuchtverbänden, Vertreter des Landschaftserhaltungsverbandes, des Landratsamtes Calw und der Wollerzeugergemeinschaft.

Bevor die Besucher den Betrieb von Familie Bauer besichtigten, sprach Staatssekretärin Gurr-Hirsch über die Zuchtarbeit der Schäfer als wichtigen Wirtschaftszweig. 32 verschiedene Schafrassen werden alleine in Baden-Württemberg von rund 100 Züchtern gehalten, dabei müsse die Nachzucht ebenso stimmen wie die Fleischqualität. Gesprochen wurde auch über die hohen Schurkosten, die die Erträge für Wolle oft übersteigen. Ein weiteres Thema war die Wolfssituation und der Schutz der Schafe durch Wolfsmanagement sowie Herdenschutzmaßnahmen. Laut Gurr-Hirsch seien momentan sechs bis acht Wölfe in Baden-Württemberg sesshaft.

Der Erlös der Wolle deckt eben so die Kosten der Schur

Außerdem sprach die Staatssekretärin das Herdenschutzhunde-Projekt an, das neu aufgelegt worden sei und ein weiteres Jahr laufe.

Diskutiert wurden auch die Themen Wolf-Monitoring und der schwierige Herdenschutz, beispielsweise im steilen Gelände, aber auch die Anbringung von Herdenschutzzäunen aus dem Herdenschutzprojekt. Gastgeber Bauer zeigte die von ihm eingesetzten Schutzzäune mit 90 Zentimetern Höhe, die er für ausreichend hält.

Peter Schäfer, Abteilungsleiter für Landwirtschaft und Naturschutz beim Landratsamt Calw, berichtete von rund 11 500 Schafen im Landkreis. "Das sind dreimal so viele wie im Landesschnitt", rechnete Schäfer vor. Der Kreis unterstütze die Betriebe – beispielsweise mit dem Kreismähgeld.

Auch die Stadt Wildberg, in Vertretung von Bürgermeister Ulrich Bünger war Dieter Dannenmann beim Termin vor Ort, stehe hinter den Schäfern – und das nicht nur wegen des alle zwei Jahre stattfindenden Schäferlaufs.

Der Vorsitzende des Landesschafzuchtverbandes, Alfons Gimber, bestätigte enge Kontakte zwischen der Landwirtschaft und dem Umweltministerium und war sichtlich erfreut, dass das gemeinsame Gespräch sich den Sorgen der Schäfer annahm. Diese arbeiteten im Grunde noch wie vor 100 Jahren – heute allerdings mit Elektrozäunen.

Bei einem Rundgang stellte Hans-Martin Bauer seinen Betrieb vor. Vorbei ging es an den Zuchtböcken und an den Jungschafen. Diese verbringen die Zeit von Dezember bis Ende April im Stall. Im Januar, so Bauer, übernehme eine Schurkolonne aus meist jungen Schäfern die Schur. Die verursache hohe Kosten, die der Verkauf eben so decke. Inzwischen werde Wolle zu Dumpingpreisen verkauft. Für die Wollerzeugergemeinschaft schlug Barbara Bier vor, den Blick bei Schafwolle auf Regionalität zu richten und neue Vermarktungswegen zu suchen. Sie plädierte dafür, ein Produkt mit geschütztem Namen zu etablieren, das die Marke Baden-Württemberg voranbringe.

Kritisiert wurde auch der niedrige Preis für Lammfleisch. Schlachtungen, auch bei Familie Bauer, die rund 100 im Jahr verzeichnet, finden nicht auf dem eigenen Hof statt. In eine Schlachtanlage hätte der Schäfer 80 000 bis 100 000 Euro investieren müssen und zusätzliche Auflagen hätten die Hofschlachtungen erschwert. Deshalb lässt Bauer außerhalb schlachten.

Bemängelt wurde in diesem Zusammenhang auch die komplizierte baden-württembergische Veterinärsstruktur – ein Thema, das laut Gurr-Hirsch bei der nächsten Amtsleiterbesprechung aufgegriffen werden soll. Die Schäfer hoffen generell gültige Standards. Gurr-Hirsch bemerkte in diesem Zusammenhang, das die Festlegung der Fleischbeschaugebühren durch die Stadt- und Landkreise aus dem Jahr 2004 wohl ein Fehler war. Für gleiche Leistungen schwankt die Gebührenhöhe hier stark von Landkreis zu Landkreis.

Zum Abschluss des Besuchs auf dem Schafhof lud Familie Bauer zur Verkostung von Produkten aus Lammfleisch ein. Hierbei bestand in der Scheune noch weiter Gelegenheit zum Austausch.