Noch steht es in Effringen: Das "Schlössle" wird nach rund 600 Jahren bald Stein für Stein abgetragen und im badischen Gutach wieder errichtet. Foto: Martin Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Das baufällige Effringer Schlössle wird abgetragen und im Freilicht-Museum Vogtshaldenhof wieder aufgebaut

Von Martin Bernklau

Wildberg-Effringen. Es ist das älteste Gebäude im Ort, das 1406 erbaute "Effringer Schlössle". Nun soll es im badischen Freilichtmuseum "Vogtshaldenhof" neu erstehen. Am Dienstag reiste Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger nach Offenburg. Dort machte der Kultur- und Bildungsausschuss des Ortenau-Kreistags den Weg frei für die Umsetzung.

Für den Effringer Eigentümer Dietmar Gauß und seine Frau Ellen ist es eine glückliche zufällige Fügung. Die ständig steigenden Kosten für den Erhalt des zunehmend baufällig gewordenen Hauses überstiegen ihre Möglichkeiten. Bodensenkung und faule Balken über dem einstigen Kuhstall nagten an der Substanz. Eine historisch fachgerechte Sanierung wäre unerschwinglich gewesen. Aber ein Abriss seines bis 1971 bewohnten Elternhauses kam kaum in Frage für Dietmar Gauß, ganz unabhängig vom Denkmalschutz.

Da kam Ellen Gauß nach einem Besuch des Schwarzwald-Freilichtmuseums Vogtshaldenhof im badischen Gutach auf die Idee, dort einmal telefonisch anzufragen. In Gutach war man schon eine Weile auf der Suche nach einem historischen Haus, in dem man die ländliche Lebenswelt im Nordschwarzwald des vergangenen Jahrhunderts darstellen konnte. Dass dieses verlassene Bauernhaus noch dazu ein Bauwerk von besonderer historischer Würde war, machte es zum idealen Objekt für das Vorhaben des Museums.

Die Fachleute inspizierten und vermaßen das uralte Haus und datierten sein Baujahr auf 1406. Vermutlich stammen Teile aus noch älterer Zeit. In die rasch konkreter werdenden Pläne für einen Abriss und originalgetreuen Wiederaufbau des Effringer Schlössles wurde neben dem Denkmalamt bald auch Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger einbezogen.

Effringen gehörte im 11. und 12. Jahrhundert zu den Besitzungen des Klosters Stein am Rhein. Ein Meiereihof südlich der Kirche ist belegt. Im Jahr 1379 kaufte eine bürgerliche Familie Grückler aus Neubulach, die durch den dortigen Silberbergbau zu Reichtum gekommen war, dieses Anwesen mitsamt dem Patronat über das benachbarte Gotteshaus.

Jahreszahl über Türsturz zeigt Umbau im Jahr 1880 an

Ob die Grücklers den Sitz mit seinem teils noch erhaltenen Wehrgraben weiterbenutzten, zu einem kleinen Schloss ausbauten oder es neu errichteten, wissen die Historiker und Archäologen (noch) nicht.

Eine Jahreszahl über dem Türsturz zeigt einen Umbau im Jahr 1880 an. Im Erdgeschoss des Hauses war ein Kuhstall, Platz für vier Pferde, wohl ein paar Schweine und Hühner. Im Obergeschoss, der "Guten Stube", der Wohnstube, zwei Schlafstuben und einer kleinen Küche – die große war irgendwann abgesackt und außer Betrieb – lebten zeitweise die Großeltern und die Eltern von Dietmar Gauß mitsamt den vier Geschwistern. Gegenüber hatte der Vater – Landwirt und Waldarbeiter – schon eine Scheuer sowie einen Schweinestall mit Bad und Plumpsklo gebaut, als die Familie das alte Haus 1972 gegen einen modernen Neubau schräg dahinter eintauschte. Dietmar Gauß kann sich noch erinnern, wie er als Kind "im Teppich vom Bad wieder über den Hof ins Haus" getragen wurde.

Über die Vorbesitzer wissen Ellen und Dietmar Gauß kaum etwas. Der Vater hatte eingeheiratet. Kempf und Ziegler sind Familiennamen von Vorfahren, die der Erbe des Hauses noch mitbekam. Jetzt sind die Eheleute froh, dass für das Schlössle eine so schöne Lösung gefunden ist. Die Abrissarbeiten sollen im kommenden Frühjahr beginnen. Zum Saisonbeginn 2018 wird das geschenkte Schloss in Gutach wieder aufgebaut und zeittypisch fürs mittlere 20. Jahrhundert, also die 1950er, 1960er und 1970er wieder eingerichtet sein.

Die Partner vom Vogtshaldenhof haben den Effringer Besitzern angekündigt, dass sie das Grundstück sozusagen besenrein hinterlassen werden, wenn die Aktion abgeschlossen ist. Abriss, Transport und Neuaufbau werden mit etwa zwei Millionen, die Gesamtkosten auf mehr als 3,5 Millionen Euro geschätzt. Neben dem auch wirtschaftlich gut gehenden badischen Freilicht-Museum werden sich der Ortenaukreis und vor allem das Land stark an den Kosten beteiligen. Nach dem Votum des Ausschusses vom Dienstag gilt die Zustimmung des Kreistags in Offenburg nur noch als Formsache.