Am Wochenende "inoffiziell" in Wellendingen: Hun Mat, der älteste Sohn des kambodschanischen Premiers. Foto: dpa

Sohn von Kambodschas umstrittenen Staatschef besucht den Südwesten - und kommt nach Wellendingen.

Wellendingen - Wellendingen (Kreis Rottweil) ist nicht gerade bekannt dafür, dass es von politischen Aktivisten als Bühne besucht wird. Im Gegenteil. Im Rathaus der 3000-Seelen-Gemeinde kramen die Mitarbeiter vergebens in ihrer Erinnerung, um herauszufinden, wann denn dort das letzte Mal eine politische Demonstration stattgefunden hat. Wenn es überhaupt je eine gab, dann muss das lange her sein, heißt es. Das soll sich am Wochenende ändern.

Es ist ein kleines Stück große Weltpolitik, die sich da am Samstag in Wellendingen abspielt, in einem Ort, der im Jahr 1258 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die Stadt Angkor mit rund einer Million Menschen eine der größten menschlichen Ansiedlungen auf dieser Welt. An diesem Wochenende nun sind die Gemeinde am Fuße des Lembergs und das kambodschanische Königreich miteinander verbunden.

Kambodschas Botschafterin lädt am Abend in der Festhalle zu einer Benefizgala mit Sängern, Tänzern und einem bunten Programm. Mit bis zu 300 Gästen rechne man, heißt es von der Botschaft Kambodschas. Ein ganz besonderer Gast wird auch zugegen sein: Hun Manet: der älteste Sohn des kambodschanischen Premiers Hun Sen.

Dagegen regt sich Widerspruch. Sophy Kay, die seit vielen Jahren in Stuttgart lebt und von dort aus Oppositionsarbeit gegen den seit 32 Jahren regierenden Ministerpräsidenten betreibt, hat zur Demonstration aufgerufen. Die Benefizveranstaltung sei ein Vorwand, tatsächlich gehe es um Werbung in eigener Sache, sagt Kay, denn im nächsten Jahr stehen Wahlen an in Kambodscha. Einige halten den Drei-Sterne-General Hun Manet für den logischen Nachfolger seines Vaters (65). Der hatte aber vor noch nicht all zu langer Zeit angekündigt, dass er noch nicht an Abschied denke und noch einmal zehn Jahre an Regierungszeit draufpacken wolle.

Daran, dass das klappt, herrschen wenig Zweifel. Kambodscha hat in der jüngsten Vergangenheit eine Entwicklung genommen, die der in der Türkei nicht unähnlich ist. Mehrere kritische Medien wurden geschlossen, Oppositionspolitiker sitzen im Gefängnis. Erst Anfang des Monats ist Oppositionsführer Kem Sokha verhaftet worden. Der Vorwurf lautet auf Landesverrat.

Über das Internet haben sich die Exil-Kambodschaner nun verabredet, um dem Regierungsvertreter, der nach Angaben der Botschaft "inoffiziell" unterwegs ist, ihre Meinung kundzutun: "Er soll wissen, dass wir wissen, was in Kambodscha los ist." Wie viele Demonstranten in Wellendingen zu erwarten seien, das weiß Sophy Kay jedoch nicht. "Viele Leute haben Angst", sagt sie, ist aber zuversichtlich: "Wenn erst ein paar anfangen, dann kommen immer mehr nach."