Der Landtag benötigt ein Ausweichquartier für zwei Jahre – und zieht deshalb ins Kunstgebäude am Schlossplatz. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie vom Umbau. Foto: Leif Piechowski

Weil der Landtag umgebaut und saniert wird, wechselt das Parlament im Herbst ins Kunstgebäude am Schlossplatz. Der Umbau des Kunstbaus beschränkt sich aufs Nötigste – das zeigt ein Blick auf die Baustelle. Trotzdem kostet das Provisorium über fünf Millionen Euro.

Stuttgart - Weil der Landtag umgebaut und saniert wird, wechselt das Parlament im Herbst ins Kunstgebäude am Schlossplatz. Der Umbau des Kunstbaus beschränkt sich aufs Nötigste – das zeigt ein Blick auf die Baustelle. Trotzdem kostet das Provisorium über fünf Millionen Euro.

Der Stolz in der Stimme ist nicht zu überhören. „Wir liegen hier absolut im Zeit- und Kostenplan“, sagt Ilse Lange-Tiedje, Leiterin des Amts Vermögen und Bau Baden-Württemberg, im Kunstgebäude am Schlossplatz. Ringsum wird gehämmert, gesägt, gebohrt. Es riecht nach Holz, Leim, Farbe. Hier, im markanten Kuppelsaal des Kunstgebäudes mit dem goldenen Hirschen auf dem Dach, soll sich am 25. September der Landtag zur ersten Plenarsitzung an der neuen Adresse versammeln.

Die Einbauten sind weitgehend aus Holz

Die Besucherplätze, die Sitzplätze der Abgeordneten im Halbrund davor, die leicht erhöhte Regierungsbank und die höhere Sitzposition des Landtagspräsidiums – das alles lässt sich nach nur drei Monaten Bauzeit bereits deutlich erkennen. Die Einbauten sind weitgehend aus Holz, schließlich muss der provisorische Innenausbau im Sommer 2014 – sofern das Landtagsgebäude bis dahin fristgerecht umgebaut ist – aus dem denkmalgeschützten Gebäude wieder entfernt werden. Nur die neue Toilettenanlagen und die Wärmedämmung der Kuppel bleiben erhalten. Solange der Landtag im Haus ist, fehlen im Kunstgebäude 1500 Quadratmeter Ausstellungsfläche.

Die größte Veränderung, die im Kuppelsaal ins Auge sticht, ist der sogenannte Akustikschirm. Die 5,50 Meter hohe, mit Stoff bespannte Alu-Konstruktion, die einen Durchmesser von maximal zehn Metern hat und wie ein umgekehrter Lampenschirm von der Decke hängt, soll die Schallwellen brechen. Ansonsten würden die Politiker – bei der seitherigen Nachhallzeit von sieben Sekunden – bald ihr eigenes Wort nicht mehr verstehen.

Die Wände werden später weiß gestrichen; die Teppiche sind grau. „Hinzu kommen blaue, durchscheinende Farbakzente im Saal“, erklärt Architekt Franz Harder. Viel mehr wird dem Parlament nicht geboten. „Baulich wird alles in einfachster Konstruktion und in sehr zurückhaltender Art und Weise ausgeführt“, betont Lange-Tiedje. Das gilt auch für die Nebenräume, in die sich die Fraktionen zurückziehen.

52 bis 59 Millionen Euro soll die Sanierung des Landtags kosten

Drei Millionen Euro kostet der Umbau, der aus dem laufenden Etat der Landesbauverwaltung finanziert wird. Zum Vergleich: Für die Generalsanierung des Landtags und das neue Besucherzentrum sind derzeit alles in allem 52 bis 59 Millionen Euro veranschlagt. In der Rechnung für das Interimsquartier im Kunstgebäude fehlen allerdings noch die Kosten des Rückbaus. Auch die Anmietung des benachbarten Königin-Olga-Baus, wo der Landtag zeitweilig alle Büroetagen ab dem ersten Stockwerk nutzen will, ist noch außen vor. Für die 6200 Quadratmeter Mietfläche wird das Land grob geschätzt rund 700 000 Euro pro Jahr an die Württembergische Lebensversicherung als Hauseigentümerin zahlen. So dürfte sich die Rechnung für das Ausweichquartier schnell auf über fünf Millionen Euro addieren.

Auch der Königin-Olga-Bau wird derzeit umgebaut. Im Erdgeschoss will die Brauerei Dinkelacker im Frühjahr 2014 als „Bekenntnis zu Stuttgart“ ein gehobenes Brauhaus mit 300 Sitzplätzen innen und 180 Plätzen außen eröffnen. Dazu werden in das denkmalgeschützte Gebäude zwei neue Eingänge zur Bolz- und Stauffenbergstraße geschaffen. Die Bolzstraße wird zudem baulich aufgewertet für die Außengastronomie.

Auch im Kunstgebäude spielt der Denkmalschutz eine wichtige Rolle. Die Lücke in der Mauer, die für den zweiten Rettungsweg geschlagen wurde, muss beispielsweise später wieder mit den Originalsteinen geschlossen werden. An anderer Stelle musste nach Informationen unserer Zeitung die Sicherheitstechnik zugunsten des Denkmalschutzes, aber auch wegen der Baukosten zurücktreten. Im alten Landtag dürfen sich maximal 1200 Personen gleichzeitig aufhalten. Im Kunstgebäude sind es maximal 320 Personen. Auch bei den Besuchergruppen – derzeit sind es rund 40 000 Gäste pro Jahr – wird es deshalb deutliche Einschnitte geben.