Julian Koenig spielt Woyzeck in einer kalten alptraumhaften Welt. Foto: Jäger

Das „THEATERmobileSPIELE“ führte vergangene Woche eine Interpretation des Woyzeck von Georg Büchner auf. In der Annemarie-Lindner-Schule entfaltete sich eine Symbiose aus Schauspiel und Puppentheater.

Die Figuren erstehen aus dem Dreck. Als Julian Koenig vom Wandertheater „THEATERmobileSPIELE“ an diesem Morgen in der Annemarie-Lindner-Schule den Woyzeck spielt, fallen dem Publikum sofort zwei Dinge auf: Das eine ist die Intensität der Hauptfigur und das andere die Tristesse der Kulisse. Ein alptraumhaftes Ödland in dem die Hauptfigur von gefühllosen Maschinenmenschen umgeben ist.

Julian Koenig übernimmt neben der Hauptrolle auch alle anderen Figuren. Geschickt bedient er eigens gefertigte mannshohe Puppen, denen er geschickt und durch eine enorme Stimmvarianz Leben einhaucht. Es ist spannend mit anzusehen, wie im Lauf der Handlung ihre Andersartigkeit immer mehr verschwimmt.

Ein sensibler Mensch in einer unsensiblen Welt

Und so beginnt die Geschichte von Woyzeck. Er hat ein uneheliches Kind mit Marie, die er so gut es geht zu versorgen sucht. Die Menschen, die ihn bezahlen, machen ihn nieder. Es fällt schwer, den Erniedrigten und das groteske Gehabe mit anzusehen. Er grunzt und stöhnt in zerschlissenen Klamotten, wälzt sich auf dem Boden. Und als er zum Verbrecher wird, ist der Zuschauer instinktiv dazu verleitet, ihn zu verurteilen und sich abzuwenden.

Doch für Woyzeck sind die Menschen um ihn herum entfremdet. Die Puppen mit leeren Augen machen das deutlich. Der Zuschauer muss hinsehen und erkennen, dass kein Mensch als Mörder geboren wird. Woyzeck ist ein sensibler Mensch in einer zutiefst unsensiblen Welt und zerbricht daran.

Schlussendlich bringt das eindringliche Schauspiel von Julian Koenig den Zuschauer dazu, seinen Reflex zu überwinden. Denn er kennt sie ja – diejenigen ganz unten, an denen er schnell vorüber geht. Es wird sie in einer kapitalistischen Welt immer geben. Menschen, die auf die Welt geworfen werden und von Beginn an keine Chance haben.

Das Stück und der Hauptdarsteller schaffen es in diesem Fall das Publikum dazu zu bringen, einmal mitzufühlen mit einem zerbrochenen Menschen und zu erkennen, dass die Welt, die ihn zerbrochen hat, ebenso verantwortlich ist für seine Taten, wie er selbst.