Adrian Lacher erklärt den Gemeinderäten den Schlepper. Foto: Beyer

Wie eine Entastungsmaschine funktioniert, wie ein vergessenes Moor aussieht und wie die Stadt ihren Wald pflegt: Das alles hat sich der Gemeinderat vor Ort angeschaut.

Freudenstadt - Langsam quält sich der Reisebus über die engen, geschotterten Forstwege durch den Freudenstädter Wald. Äste klatschen gegen das Fenster, zwei Wanderer machen verwundert den Weg frei.

Doch hier ist keine Reisegruppe unterwegs, die bei ihrer Tour durch den Schwarzwald die falsche Abzweigung genommen hat. Denn im Bus sitzen Gemeinderäte, Vertreter der Stadtverwaltung und Journalisten. Es ist der alljährliche Waldbegang des Freudenstädter Gemeinderats, der allerdings mehr eine Wald-Fahrt ist. Doch angesichts der vielen Stationen, die sich das Gremium vorgenommen hat, ist es durchaus verständlich, dass die Räte nicht zu Fuß unterwegs sind.

Bäume fällen für Öko-Punkte

Die erste Station macht die Gruppe am alten Steinbruch Lauterbad. Wo früher vor der Felswand dichter Wald war, ist nun eine karge Lichtung. Nur einzelne tote Baumstämme ragen noch fast senkrecht in die Höhe. Doch was aussieht wie eine verheerende Verwüstung, ist in Wirklichkeit eine Naturschutzmaßnahme der Stadt.

Denn wie der für das Projekt verantwortliche Sebastian Braun erklärt, soll durch das Entfernen der Bäume Licht geschaffen werden für seltene Arten, zum Beispiel für die Preiselbeere. "Die steht auf der roten Liste", erinnert Braun. Auch hofft die städtische Forstverwaltung, dass an den Wänden des Steinbruchs Felsenbrüter nisten werden. Die Stadt möchte dadurch 12.950 Öko-Punkte verdienen, um damit einen Teil des Gewerbegebiets Sulzhau auszugleichen.

Betreten ist künftig verboten

Eine Info-Tafel soll auf das Biotop hinweisen. Eine Bank zur Naturbeobachtung steht bereits. Gemeinderätin Elisabeth Gebele (BA) probiert die Bank sogleich mit zwei Ratskollegen aus. "Wir haben befunden, dass die Höhe optimal ist", verkündet Gebele. Denn viele Bänke im Wald seien zu niedrig, Senioren hätten dadurch beim Aufstehen Probleme.

Um die Flora und Fauna nicht zu gefährden, soll künftig dann auch der Zutritt verboten sein. Gemeinderat Michael Kaltenbach (FWV) treibt daher die Sorge um, dass manche Leute trotz des Verbots das Biotop betreten könnten. "Ich würde empfehlen, einen Holzlattenzaun von einem Meter Höhe zu machen." Doch davon hält Oberbürgermeister Julian Osswald (CDU) nichts. Es sei einfach nicht möglich, jedes unerlaubte Betreten zu verhindern. "Wir hoffen auf die Einsicht der Leute."

Unter dem Wald versteckt sich ein Moor

Nächste Station: Das Moor am Langenwald. Diesmal hält der Bus nicht, sondern dreht eine Runde um das betreffende Gebiet. Denn ein Blick aus den Fenstern zeigt: Eigentlich gibt es hier nichts zu sehen. Das Moor ist stark überwuchert und sieht aus wie ein ganz normaler Wald.

Über die Lautsprecher des Busses erklärt Forstbereichsleiter Björn Waidelich: "Man sieht nicht viel, als Wanderer sieht man nur Wald." Von der "Bürger Aktion" habe es den Antrag gegeben, eine Wiederherstellung des Moors zu prüfen. Die Stadt habe mit einer ersten Untersuchung einen anerkannten Moorexperten beauftragt.

Schon im Mittelalter wurden die ersten Schäden angerichtet

Das Ergebnis: Um das Moor steht es nicht gut. Schon im späten Mittelalter wurde das Gebiet entwässert. Auf der Oberfläche mangelt es an torfbildenden Arten. Und der Torfboden ist im Begriff, sich in normale Erde zu wandeln. Um das Moor zu retten, müsste ein Großteil der Vegetation entfernt werden. Auch müsste Wasser angestaut werden, damit das Moor genug Feuchtigkeit bekommt.

Der Aufwand könnte sich dennoch lohnen, auch mit Blick auf den Klimaschutz. Denn das Moor ist ein wichtiger Kohlenstoff-Speicher. Stirbt das Moor, gelangt der Kohlenstoff in Form von CO2 in die Atmosphäre. Die Stadt muss nun mit dem Landratsamt besprechen, wie es mit dem Moor weitergeht.

Christophstäler sehen die Sonne wieder

Als nächstes rumpelt der Bus ins Christophstal. Hier hat seit vergangenem Herbst die Stadt zahlreiche Bäume an den Hängen des Tals gefällt. Geplant waren diese sogenannten Offenhaltungsmaßnahmen laut Osswald schon seit über einem Jahrzehnt. Damals hatten sich die Bewohner des Tals beschwert, dass ihre Häuser durch den dichten Wald monatelang keine Sonne abbekommen. "Die Häuser hatten Schimmel an den Wänden", erzählt Osswald.

Gleichzeitig sind die Offenhaltungsmaßnahmen aber auch Teil der Vorbereitungen für die Gartenschau. Daher mussten die Arbeiten in diesem Jahr angegangen werden, damit sich die Natur bis zur Eröffnung der Gartenschau wieder erholen kann, wie Waidelich erklärt. In den Augen der Stadtverwaltung ist der Eingriff dabei auch nicht zu massiv: "Im Vergleich zu vor 100 Jahren ist das nicht so viel", meint Osswald. Schaue man sich Bilder von damals an, habe es unterhalb des Bergkamms überhaupt keinen Wald gegeben.

Durchzugsentaster muss noch immer geliehen werden

Zum Abschluss der Runde wird es dann spektakulär. Denn die Räte begutachten einen Schlepper, den die Stadt für die Holzernte und den Winterdienst geleast hat. Adrian Lacher, der den Schlepper fährt, stellt dabei einen sogenannten Durchzugsentaster vor. Noch müssen die Forstarbeiter der Stadt sich diese Maschine leihen, um damit Bäume von Ästen zu befreien. Ist das Gerät nicht verfügbar, müssen die Äste einzeln mit der Kettensäge entfernt werden. Eine mühsame Arbeit, die die Kettensägen verschleißt, wie Lacher berichtet.

Für ihn ist der Fall daher klar: "Wir sollten einfach auch einen haben." Dabei zieht er den Vergleich zur Arbeit der Beamten. "Auf dem Rathaus bekommen auch alle einen höhenverstellbaren Schreibtisch", meint der Forstarbeiter und sorgt damit bei den Räten für begeistertes Gelächter. Doch immerhin: Das Gerät würde die Stadt um die 25.000 Euro kosten.

Innerhalb von Sekunden sind die Äste ab

Um noch die letzten Zweifler zu überzeugen, steigt Lacher in seinen Schlepper, packt mit dem Greifarm einen Baumstamm und legt ihn in die Maschine. Dann beschleunigt er sein Fahrzeug und zieht dadurch den Stamm durch den Entaster. Innerhalb von Sekunden trennen die Scharfen Klingen die Äste vom Stamm.

Die Räte sind sichtlich beeindruckt – von den fahrerischen Fähigkeiten Lachers und der Effizienz dieser Methode. "Jetzt konnte sich jeder ein Bild machen, dass das viel schneller ist, als die Äste mit der Motorsäge wegzumachen", sagt Osswald. Daher sei die Zustimmung des Gemeinderats so gut wie sicher.

Info: Der Wald in Zahlen

Für den städtischen Forstbetrieb lief im Jahr 2021 fast alles glatt. Das zeigt der Vollzug des Forstwirtschaftsjahres, der nach dem Waldbegang vorgestellt wurde.

■ Einschlag: Als "nahezu eine Punktlandung" bezeichnete Forstbereichsleiter Björn Waidelich den Einschlag des vergangenen Jahres. 27.935 Festmeter wurden gefällt, geplant gewesen waren 26.046 Festmeter. Laut Waidelich gab es genug Regen, wenig Trockenheit und auch wenig Schäden durch den Borkenkäfer. Dementsprechend mussten nur wenige geschädigte Bäume zusätzlich zum geplanten Einschlag gefällt werden.

■ Finanzen: Mit rund 589.194 Euro Gewinn fällt 2021 auch die finanzielle Bilanz für die Stadt erfreulich aus. Denn damit hat der städtische Forstbetrieb 361.400 Euro mehr erwirtschaftet, als eigentlich geplant. "Das liegt an der guten Holzpreisentwicklung", erklärt Waidelich.

■ Ausblick: Für das laufende Jahr hat sich die Stadt einen Hiebsatz von 35.000 Festmetern als Ziel gesetzt. Bisher wurden davon 32.000 Festmeter eingeschlagen. Waidelich zeigte sich zuversichtlich, dass die Zielmarke bis zum Jahresende noch erreicht wird. Und auch dieses Jahr dürfte sich der Holzverkauf rechnen. "Der Preis ist noch relativ gut", berichtet Waidelich. Nur könne man im Gegensatz zum Vorjahr nicht mehr die gleichen Mengen am Markt platzieren. Für die geplanten Einschläge seien aber schon alle Verträge abgeschlossen, es bestehe also nicht die Gefahr, dass sich am Ende keine Abnehmer finden.

■ Fazit: Oberbürgermeister Julian Osswald wertete die Berichte als Bestätigung dafür, dass die Stadt bei der Forstwirtschaft die richtige Strategie gewählt hat. "Wir haben einfach die richtige Entscheidung getroffen", freute sich Osswald. Denn die Gemeinde setzt schon seit einigen Jahren den jährlichen Hiebsatz etwas niedriger an, und erhöht den Einschlag dann, wenn die Preise stimmen und es sich wirklich lohnt, das Holz zu verkaufen.