Die Kirche in Tumlingen ist mit Besuchern gefüllt, als Prälat Christian Rose (links) und Dekan Werner Trick Stellung zum Thema Pfarrer Markus A. nehmen. Foto: Lück

Landeskirche nimmt in Gottesdienst Stellung zu Pfarrer Markus A. Prälat: "Es war nicht nichts."

Waldachtal-Tumlingen - Ist Unwissenheit Macht? Oder absolutes Wissen die Erlösung, wie die Moderne glaubt? Das ist die Kernfrage im Wirbel um Pfarrer Markus A., der Hauptthema im Sonntagsgottesdienst der Christuskirche ist.

Der Kirchenchor der Christuskirche hat sich Zettel an die Brust gehängt: "Wir sind Markus!" Seitdem Pfarrer Markus A. im März von seinem Amt in dieser Kirche freigestellt wurde, ist die Gemeinde vom Schock geschüttelt.

Prälat Christian Rose und Dekan Werner Trick wollen deshalb im Gottesdienst und danach ihre Sicht auf die Dinge präsentieren.

Für die Gemeindemitglieder die wichtigste Frage: Welche Verfehlungen – wenn überhaupt – hat sich der beliebte Pfarrer zuschulden kommen lassen?

Prälat Christian Rose sagt sowohl in seiner Predigt als auch in der Diskussion hinterher: "Es war nicht nichts. Das heißt: Da war was!" Rose später: "Ich weiß nicht im Detail, was A. vorgeworfen wird."

Zu den Details kann, darf oder möchte das Mitglied des Oberkirchenrats nicht sagen. Dieses Gremium hatte ein Disziplinarverfahren gegen Pfarrer A. nach Beschwerden im März eingeleitet und entschieden, dass er seinen weiteren Dienst "mit Auflagen unter anderem im Bereich der Jugendarbeit und der Arbeit mit jungen Erwachsenen fortführen kann." Das Untersuchungsergebnis: "Die vorgenommene Untersuchung des Oberkirchenrats kam aufgrund seiner Erkenntnismöglichkeiten zum Ergebnis, dass Herrn Pfarrer A. kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden konnte, aber Dienstpflichtverletzungen vorzuwerfen sind." A. tritt jetzt seinen Dienst in Tuttlingen an.

Und im Gottesdienst dreht sich alles um die Frage: Was war? Was ist? Was wird sein?

Dekan Trick: "Manches ist Ihnen unverständlich geblieben. Sie dürfen wissen, dass wir in der Verantwortung vor Gott in bestem Wissen und Gewissen versucht haben, die Situation in der Kirchengemeinde zu begleiten. Es ist unser Wunsch, dass sie als Gemeinde wieder nach vorne blicken und gemeinsam weiter gehen können."

Wochenspruch passt

Der Wochenspruch passt auch zum Thema: "Wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern."

Prälat Rose nimmt dann in seiner Predigt Stellung: "Es gibt Situationen, die man sich nicht wünscht. Ich wäre heute lieber stumm geblieben. Der Kloß im Hals will nicht weichen. Die eingeleitenden Untersuchungen haben die Herzen aufgewühlt. In der Gemeinde – kirchlich wie bürgerlich – gibt es viel Unverständnis. Ärger, Enttäuschung, Wut. Bis hin zu Vorwürfen gegenüber dem Kirchengemeinderat. Es entstanden Gerüchte, die sich wie ein Sack Federn über die ganze Gemeinde ausgebreitet haben. Vielen von uns hat das sehr zugesetzt."

Der Prälat weiter: "Und natürlich ist es ein großer Schmerz für die betroffenen Familien, die sich mit ihren Beschwerden an die Kirchenleitung gewandt haben. Und es ist nicht zuletzt für den Kollegen schmerzlich, der in Ihrer Gemeinde über viele Jahre eine engagierte und segensreiche Arbeit getan hat. Wir haben viele Gespräche geführt. Und am Ende scheint es nur Verlierer, verletzte, wütende und enttäuschte Menschen zu geben. Vielleicht sind manche angespannt da und legen jedes Wort auf die Goldwaage. Und womöglich gibt es nur die Wahl zwischen falsch und nicht richtig."

Was bleibt?

Thomas Müller, Vorsitzender des Kirchengemeinderats: "Pfarrer A. zieht morgen aus dem Pfarrhaus aus. Er und wir haben sieben Jahre lang sehr gut und freundschaftlich zusammen gearbeitet. Durch seine vorbildliche Zusammenarbeit mit Vereinen, Ehrenamtlichen, der Kommunalverwaltung hat er erreicht, dass die Kirchengemeinde auch bei kirchenfernen Menschen einen guten Ruf hat. Was bleibt im Waldachtal? Jeder Einzelne von uns bleibt hier. So liegt es auch an uns, dass Erreichte fortzuführen."

Dann ergreift Prälat Rose in den Abkündigungen das brisante Thema noch einmal auf. Er bestreitet, dass die gegenüber Pfarrer A. geäußerten Vorwürfe haltlos seien. Rose: "Das Untersuchungsergebnis des Oberkirchenrats hat ergeben, dass Pfarrer A. sehr wohl ein Fehlverhalten und eine Dienstpflichtverletzung vorzuwerfen ist. Es war also nicht nichts."

Er nimmt auch Stellung zu dem Vorwurf, dass die Kirchenleitung nicht früh genug informiert habe. Rose: "Wir haben durchaus Fehler in der Kommunikation gemacht. Und wir überlegen auch, wie wir das verbessern können und gleichzeitig die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen zu bewahren. Das ist immer eine Grat-Wanderung. Wir können heute nicht alles sagen.

Deswegen werden viele von ihnen möglicherweise enttäuscht nach Hause gehen. Zum Schluss möchte ich dem Kirchengemeinderat danken, der in den letzten Monaten über die Maßen belastet wurde. Kritik, Wut, Unverständnis und die gemeinsame Trauer darüber, dass der geschätzte Pfarrer die Gemeinde verlassen muss."

Davor hatte Rose betont, dass der Oberkirchenrat die Untersuchungsergebnisse zuerst Pfarrer A., dann den Beschwerdeführern und schließlich auch dem Kirchengemeinderat mitgeteilt habe. Danach gab es verschiedene Sondierungsgespräche mit den beteiligten und betroffenen Personen. Der Kirchengemeinderat wusste und weiß bis heute im Detail nicht, was Herrn A. vorgeworfen wurde. Dafür, dass Herr A. die Pfarrstelle gewechselt hat, ist nicht der Kirchengemeinderat verantwortlich. Es war die Verabredung zwischen Pfarrer A. und dem Oberkirchenrat."