Nach den Vorwürfen gegen seine Person hat der Tumlinger Pfarrer die Gemeinde verlassen. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass an den Vorwürfen nichts dran ist. (Symbolfoto) Foto: dpa

Kritik an Umgang mit Minderjährigen. Suspendierung und Versetzung. Mann ist "völlig fertig".

Waldachtal-Tumlingen - Sieben Jahre lang war Pfarrer Markus A. beliebter und angesehener Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Waldachtal. Ein Vorwurf zum Umgang mit Minderjährigen hat ihn jetzt sein Amt in der Christuskirche gekostet. Obwohl an den Vorwürfen – so stellt sich die Lage nach bisherigen Erkenntnissen dar – nichts dran ist.

Was ist passiert? Im Februar kamen in Waldachtal die ersten Gerüchte auf, die sich auf den Umgang mit einem 14-jährigen Kind bezogen. Das Geschehen sei aber schon mehrere Jahre her. Pfarrer A. wurde umgehend freigestellt. Der Oberkirchenrat untersuchte die Vorwürfe.

Beim Gottesdienst am Pfingstsonntag, 9. Juni, sollen die Eltern des Kindes aufgestanden sein und die Kirche verlassen haben. Der anwesende Dekan hat hinterher mit ihnen gesprochen. Den Vorfall an Pfingsten bestätigen auch mehrere Waldachtaler. Inzwischen ist Pfarrer Markus A. ganz weg von der evangelischen Kirchengemeinde in Waldachtal-Tumlingen.

Was ist da los?

Der Pressesprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Rottweil: "Uns liegt keine Strafanzeige gegen Pfarrer A. vor." Er verweist an die Polizei. Hier sagt Polizeipressesprecher Thomas Kalmbach: "Bei der Polizei ist kein Ermittlungsverfahren gegen Pfarrer A. anhängig."

Oliver Hoesch, Sprecher der württembergischen Landeskirche: "Im März dieses Jahres wurde beim Oberkirchenrat Beschwerde gegenüber der Amts- und Lebensführung von Pfarrer Markus A., Waldachtal, eingelegt. Der Oberkirchenrat hat daraufhin Pfarrer A. von seinen Dienstpflichten enthoben und eine disziplinarrechtliche Untersuchung eingeleitet."

Der Sprecher der Landeskirche weiter: "Die vorgenommene Untersuchung des Oberkirchenrats kam aufgrund seiner Erkenntnismöglichkeiten zum Ergebnis, dass Herrn Pfarrer A. kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden konnte, aber Dienstpflichtverletzungen vorzuwerfen sind."

Er betont, dass der Oberkirchenrat als Untersuchungsgremium der Kirche immer den Betroffenen anrät, falls etwas an den Vorwürfen dran sei, Strafanzeige zu stellen. Dies ist bis heute nicht passiert.

Doch was steckt hinter dem Vorwurf der "Dienstpflichtverletzungen"?

Hoesch: "Von einem Pfarrer wird in seiner Amts- und Lebensführung erwartet, dass er im Umgang mit Gemeindegliedern auf die rechte Balance von Nähe und Distanz achtet. Dies gilt in besonderer Weise im Umgang mit jugendlichen und heranwachsenden Gemeindegliedern und Schutzbefohlenen. Im Kontakt mit ihnen hat ein Gemeindepfarrer in erster Linie als Seelsorger zu handeln und persönliche Beziehungen hintanzustellen oder nur sehr zurückhaltend zu pflegen."

Diese professionelle Distanz wird auch durch die Regularien in der Kinder- und Jugendhilfe oder in der Schule eingefordert. Der Hintergrund, so ein Experte: "Man möchte natürlich im Sinne der Kinder und auch der Erzieher Szenarien vermeiden, in denen entweder das Kind in Risiken geraten könnte oder der Erziehungsberechtigte, Pfarrer oder Lehrer in Situationen, in denen er in Verdacht kommen könnte."

Und deshalb hat Pfarrer A. jetzt genau solche Auflagen bekommen, so der Sprecher der Landeskirche: "Das Disziplinarverfahren des Oberkirchenrats zieht daraus die Konsequenz, dass Pfarrer A. seinen weiteren Dienst mit Auflagen unter anderem im Bereich der Jugendarbeit und der Arbeit mit jungen Erwachsenen fortführen kann. Die Kirchenleitung hat sich daraufhin mit Pfarrer A. verständigt, dass er die Kirchengemeinde Waldachtal zum 20. Juni verlässt und künftig beim Dekan in Tuttlingen arbeiten wird."

Die evangelische Kirchengemeinde in Tumlingen wird derzeit durch Pfarrer aus der Umgebung betreut. Hoesch: "Wir werden die Stelle wieder ausschreiben und versuchen, die Vakanzzeit so kurz wie möglich zu halten."

Wie aus Tumlingen zu hören ist, sollen sich die Eltern inzwischen angeblich für die Vorfälle entschuldigt haben. Das Kind – inzwischen erwachsen – habe angeblich zugegeben, dass die Vorwürfe gegen Pfarrer A. unwahr seien.

Und Pfarrer A. selbst? Ein guter Freund: "Er ist völlig fertig."