Else Schwenk-Anger (79) aus Alpirsbach hat etwas bewegt in ihrem Leben. Sie sagt: "Ich kann arge Not nur aushalten, wenn ich etwas dagegen tue. Es könnten ja meine Kinder sein." Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Else Schwenk-Anger aus Alpirsbach erzählt am morgigen Sonntag im BürgerTreff Tumlingen aus ihrem Leben

Von Walter Maier

Waldachtal/Alpirsbach. Die bekannte Kinderbuch-Autorin Else Schwenk-Anger aus Alpirsbach gastiert mit einer Lesung am morgigen Sonntag, 1. März, im BürgerTreff in Tumlingen.

Die vitale 79-Jährige berichtet auch über ihren Hilfsverein "Kinder-Reigen", der Waisenkindern in Rumänien ein Zuhause gibt.

"Eine tolle Frau kommt am Sonntag zu uns in den Bürgertreff", freut sich Organisatorin Tanja Martini vom BürgerTreff-Team. Mitbringen wird sie ihren Enkel Sebastian Knab, einen jungen begabten Musiker, der am Klavier seine eigenen Improvisationen und Kompositionen vortragen wird. Sebastian ist angehender Abiturient.

Else Schwenk-Anger hat sich durch zwölf erfolgreiche Kinderbücher einen Namen gemacht. In ihrer Autobiografie "Aus meinem Leben – muss sei!" von 2014 erzählt die vielfältig engagierte Frau aus Alpirsbach von Kindheit und Jugend, vom Leben in der Familie, von ihrer großen Verbundenheit mit der Natur. Sie schildert, wie sie dazu gekommen ist, Bilderbücher zu machen, und wie sie schließlich Waisenkindern in Rumänien hilft. Bebildert ist das 435-seitige Werk mit 300 Fotos. Else Schwenk-Anger gewann den Biografie-Wettbewerb "Was für ein Leben" in der Kategorie "Engagement". Die Verfilmung ihrer Lebensgeschichte wurde 2010 im historischen Museum in Berlin uraufgeführt. Gerade schreibt Else Schwenk-Anger ein Musical über ihr Leben mit neun Szenen, zu dem ihr Enkel Sebastian die Musik komponiert. Über ihr Lebenswerk in Rumänien könnte sie nach der Autobiografie ihr zweites Buch schreiben.

"Ob dem Materiellen sind andere Fähigkeiten verloren gegangen"

Ihr inzwischen verstorbener Ehemann Werner Schwenk stand ihr beim Aufbau des ESA-Verlags zur Seite, indem ihre Bilderbücher erschienen sind. Ihr Bilderbuch-Klassiker "Tao, der kleine Rabe" hat sich 70 000 Mal verkauft. "Eulalia" fand 50 000 begeisterte Leser und wurde auch ins Japanische übersetzt. Um das Jahr 1970 hat sie ihre ersten beiden Kinderbücher für die eigenen Kinder gemacht und erst dann verlegt. "Tao" wird inzwischen als Kultbuch eingestuft. "Die Parabel ist so interessant und passt in unsere heutige materielle Zeit." Sie ist so einfach geschrieben, dass sie jedes Kind versteht, obgleich sie auch Erwachsene fasziniert. Ideal ist das Buch für Grundschüler. Die Autorin war ihrer Zeit voraus mit Themen um Sinnfindung und Schöpfung. "Ob dem Materiellen sind andere Fähigkeiten verloren gegangen." Natur und Freundschaft seien doch fundamental. "Tao" wird vielfach von Pfarrern in Kirchen verwendet. "Ein Pfarrer hat den deutschen Predigerpreis für dieses Buch bekommen", teilt die Mutter von drei Kindern und sechs Enkeln nicht ohne Stolz mit. Ihre kreative Ader trägt Früchte: "Ich mache alles autodidaktisch." So hat sie für ihre Bilderbücher ideenreiche Geschichten selbst geschrieben und gestaltet.

Vor 20 Jahren hat sie in ihrer Heimatstadt den Laden "Kinder-Reigen" gegründet. Seit zehn Jahren führt sie den Laden in der Hirschkopfstraße in Freudenstadt ehrenamtlich mit Frauen. Der Erlös kommt den Waisenkindern zugute. Den Weltladen in Alpirsbach hat sie 2014 wieder in Gang gebracht. Früher betrieb sie drei Kunsthandwerkläden in Alpirsbach, Loßburg und Dornstetten und eine Töpferei in ihrem Wohnhaus in Ehlenbogen.

"Ich habe es immer am Schlimmsten empfunden, dass Kinder ohne Eltern aufwachsen müssen." Eigentlich wollte sie SOS-Kinderdorfmutter werden, aber dann kam es 1964 durch ihre Heirat mit dem Ehlenbogener Werner Schwenk anders als gedacht. Als die Schreckensbilder der rumänischen Waisenkinder um die Welt gingen, fuhr sie an Ostern 1991 nach Rumänien in das Waisenhaus in Lipova, um dort finanziell zu helfen. Völlig geschockt kehrte sie nach Deutschland zurück und sagte zu ihrem Mann Werner und ihren drei studierenden Kindern Steffi (1964), Eva (1967) und Axel (1970): "Hier muss geholfen werden. Ich kann nicht anders." Die zum Teil apathischen Kinder haben in Heimen wie in einem Gefängnis gelebt. Sie hatten kein Spielzeug. "Ich musste den Kindern gleich helfen, als ich sie im Waisenhaus liegen sah." Überhaupt: "Es war ein fassungsloser Zorn in mir, dass Kinder, das Kostbarste, das die Menschheit besitzt, so missachtet, so trostlos im Stich gelassen leben mussten. Meine Wut war grenzenlos."

Sie erzählt, wie es ihr Leben im Alter von 55 Jahren nochmals veränderte: "In mir war lauter Erbarmen und Verzweiflung. Oh Gott im Himmel, wo bist du?" Sie glaubt an eine göttlich-geistliche Welt, absolut. Ihr Einsatz für erbärmlich lebende Kinder in Rumänien begründet sich im Humanismus.

"Wenn ich etwas im Kopf habe, dann mache ich es"

Längst gilt sie als "die Mutter Teresa aus Alpirsbach". Schnell erkannte sie, wie die Waisenkinder durch ihre Hilfe und Zuwendung aufblühten. Sie hat etwas bewegt in ihrem Leben: "Ich kann arge Not nur aushalten, wenn ich etwas dagegen tue. Es könnten ja meine Kinder sein."

Durch ihren Bekanntheitsgrad als Kinderbuch-Autorin konnte sie es mit ihrem überregionalen Verein "Kinder-Reigen" schaffen, Millionen zu sammeln für verarmte Waisenkinder im Banat in Rumänien. "Wenn ich etwas im Kopf habe, dann mache ich es", bekräftigt die risikofreudige 79-Jährige. Ihr gelang es, 100 Kinder aus Waisenhäusern heraus zu holen. Für die Kinder, von denen heute welche studieren, hat sie in der Stadt Lipova inzwischen zehn Familienhäuser gekauft und renoviert. Dabei krempelte sie vor Ort zusammen mit ihrer Familie und Freunden selbst die Ärmel hoch. Sie gab den Waisenkindern ihre menschliche Würde zurück. Einheimische Pflegeeltern wurden eingesetzt. Heute umfasst das Werk neben einem Haus für Jugendliche, einer Sonderschule, der Gründung einer Arzt- und Zahnarztpraxis, einem Aids-Zentrum, Altenheim mit betreutem Wohnen und einem Therapiezentrum für behinderte Kinder und Jugendliche die 2001 gegründete Metallverarbeitungs-Firma "Wesatec" mit Lehrwerkstatt in Protico.

Der Eintritt zur Lesung von Else Schwenk-Anger ist frei. Beginn ist um 16 Uhr. Das Café des BürgerTreffs ist bereits ab 14 Uhr geöffnet.