Noch ist der Eimer nicht voll. Bis Mai werden noch regelmäßig Kröten vor dem Tod auf der Straße gerettet. Foto: Eberhardt Foto: Eberhardt

Jedes Jahr sterben Tausende auf den Straßen. Stefan Greza und seine Helfer sorgen dafür, dass es nicht soweit kommt.

Waldachtal-Tumlingen - Für Kröten gibt es keine Zebrastreifen, sie wüssten diese wohl auch gar nicht zu benutzen. Damit die Straßen während der Krötenwanderungen nicht zu einem Krötenfriedhof werden, gibt es deshalb engagierte Bürger, die viel mehr bieten: Einen Trageservice über die Straße. Zum Beispiel in Tumlingen.

Zugegeben: Service liegt im Auge des Betrachters. Das Gegluckse und Gequake aus Lennards Eimer klingt eher empört, während der Steppke mit seinem Vater die Kreisstraße am Tumlinger See entlang streift.

Dort ist einer von vielen Krötenzäunen aufgestellt, die während der Wanderzeit im Landkreis den Tod von abertausenden Amphibien verhindern sollen. Denn die Zahl, die Stefan Greza, Vorsitzender das NABU-Waldachtal, aus einer Statistik zeigt, macht betroffen: Schon bei 60 Autos pro Stunde können 90 Prozent der wandernden Erdkröten überfahren werden. Und die Tierchen vorsichtig zwischen die Räder zu nehmen ist nicht nur problematisch für die Verkehrssicherheit, der Luftsog unterm Auto ist für eine Kröte ebenso tödlich wie ein Reifen.

In Tumlingen wie auch an vielen anderen Orten im Landkreis werden deshalb zur Wanderzeit zwischen März und Mai Krötenzäune aufgestellt, die von engagierten Bürgern betreut werden. Diese gehen morgens und abends die Zäune entlang, an denen die Kröten ausgebremst werden.

Heute sind 30 Leute unterwegs

In der Luxus-Ausführung sind in regelmäßigen Abständen Eimer vergraben, in welche die Amphibien hineinpurzeln und auf den netten Menschen warten, der den Behälter dann über die Straße trägt. In Tumlingen hingegen ist Sammelarbeit angesagt, hier gibt es keine Purzeleimer – die Kröten müssen Zaunmeter für Zaunmeter einzeln aufgelesen werden.

"Es befriedigt den Jagdtrieb", lacht Peter Rampf, während er sich Stiefel und Arbeitshandschuhe anzieht. Rampf ist heute im Familienverbund mit Sohn Markus und Enkel Lennard unterwegs. Überhaupt macht es vielen Kindern Spaß, beim Krötensammeln dabei zu sein, weiß Stefan Greza. Wachsen die Sprösslinge über das Naturabenteurer-Alter hinaus, bleiben die Eltern oft bei der Gruppe hängen. Insgesamt sind es heute 30 Leute aus verschiedenen Kreisgemeinden, die sich Tag für Tag um die Zäune im Waldachtal kümmern. Die "Sammeleinsätze" werden in einem Terminplan koordiniert. Vor Ort dauert es dann von der Dämmerung bis zum Einbruch der Nacht gute anderthalb Stunden bis der Großteil der Tiere versorgt ist.

Während wenige Zentimeter von ihnen entfernt Lastwagen, Autos und Motorräder vorbeidonnern – manchen scheint das Tempolimit zur Wanderzeit eher eine unverbindliche Empfehlung – streifen die Helfer auch an diesem Abend mit Taschenlampe und Eimer ausgerüstet vorsichtig durch das Gras entlang der Zäune. "Krötenhelfer sind sensible Leute", sagt Stefan Greza, während er vor jedem Schritt den Lichtkegel seiner Lampe schwenkt.

Die Weibchen tragen ihre Männer huckepack

Wer würde das auch nicht bei dem Job? Wo der Wiesenstreifen zunächst noch leer scheint, steigt mit sinkendem Tageslicht das Geraschel – vor, hinter und neben dem Sammler. Das ganze Feld scheint plötzlich lebendig zu werden. Hat man zwei Tierchen die hartnäckig am Zaun scharren eingesammelt, quakt im Rücken schon das nächste. Alleine an der Straße zwischen Tumlingen und Grünmettstetten werden auf der sogenannten "Hinwanderung" durchschnittlich 1500 Kröten pro Saison gesammelt, gelegentlich kommen einige Frösche oder ein Molch dazu.

Sie alle wollen vom Wald zum Laichen an den Tumlinger See. Den Rückweg treten dann deutlich weniger an. Am Ziel angekommen, verlagern die Tiere ihren Lebensraum nämlich gerne auch mal in neue Gefilde und bleiben, wo sie sind.

Sechs Männchen kommen anteilsmäßig auf ein Weibchen. Diese haben mit Abstand die anstrengendste Rolle, denn sie müssen, sofern sie einen Auserwählten gefunden haben, diesen bis zum Laichplatz auf dem Buckel mitschleppen.

Vielleicht ist jene warzige Schönheit im Lichtkegel der Lampe im Stillen dann doch dankbar über die Hand von Peter Rampf, die in dem Moment ins Gras fasst und das Pärchen in den Eimer befördert. In diesem warten schon 57 andere Artgenossen und allmählich ist es Zeit zum Leeren, denn nicht jeder in dem Behältnis ist mit Geduld gesegnet. Einige vorwitzige Insassen versuchen, den steigenden Füllstand zu nutzen, um über die stetig näher rückende Eimerkante zu springen.

Dem kommen Peter Rampf und Stefan Greza zuvor.

Ob der ganze Aufwand Sinn macht? Das zeigt der Blick über die weite Asphaltfläche der Straße. Dieses Mal ist dort kein einziges totes Tier zu sehen.