Brigitte und Werner Fischer in Salzstetten feiern ihre Diamantene Hochzeit. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Brigitte und Werner Fischer feiern ihre Diamantene Hochzeit / Odyssee als Flüchtlinge endet vor 50 Jahren im Waldachtal

Werner und Brigitte Fischer haben ihre Diamantene Hochzeit in Salzstetten gefeiert. Das Paar ist im Ort bekannt durch seine Hausmeistertätigkeit (1969-1974) im Rat- und Gemeindehaus und in der früheren Volksschule in der Hauptstraße.

Waldachtal-Salzstetten. Als Flüchtlinge haben sie in Salzstetten eine zweite Heimat gefunden: Er kam aus Oberschlesien, sie aus Pommern. Kennen lernten sie sich in Echterdingen, wo sie am 17. Juli 1959 in der evangelischen Kirche und im Café Berger ihre Hochzeit feierten. Sie haben drei Kinder: Roland (1962), Peter (1964) und Ursula (1966). Dem Jubelpaar gratulieren auch die vier Enkelkinder Patrick, Sarah, Elisa-Marie und Hans-Peter sowie die zwei Urenkel Pia und Lina.

Im Hotel Albblick in Salzstetten feierten die Eheleute ihr 60-jähriges Jubiläum. Das Paar erfreut sich noch relativ guter Gesundheit. "Der Zusammenhalt ist wichtig", sagt die 82-Jährige mit Blick auf die gemeinsamen Jahrzehnte. Und ihr 87-jähriger Mann meint: "Weiter so." In fünf Jahren wolle man die Eiserne Hochzeit begehen. In Kürze können die Fischers außerdem ein weiteres Jubiläum feiern: 50 Jahre in Salzstetten. Denn am 13. August 1969 kamen sie von Echterdingen und haben in der Waldachtalgemeinde die Hausmeister-Wohnung im Gemeindehaus bezogen.

Werner Hermann Fischer erblickte in Schomberg, einem Stadtteil von Beuthen, in Oberschlesien das Licht der Welt. Sein Vater Johannes war Holzkaufmann in einer Kohlengrube. Seine Mutter unterstützte ihn als Dolmetscherin bei Einkäufen in Polen. Sein älterer Bruder wurde mit 16 Jahren noch zur Wehrmacht eingezogen, das blieb Werner Fischer erspart. Als Zehnjähriger wechselte er von der Volksschule auf die Oberschule. Im Alter von 13 Jahren musste er kriegsbedingt mit seiner Tante Helene nach Dresden flüchten. Weiter ging die Flucht über Riesa in die Nähe von Obergünzburg/Bayern. Seine Mutter dagegen wurde nach Murmansk verschleppt, sein Vater ist 1943 in Russland als vermisst gemeldet worden.

Der junge Werner wohnte im Allgäu auf einem Bauernhof und hütete dort die Kühe. 1947 kam er zu seinem Onkel Ernst Fischer nach Echterdingen, wo er ein Jahr später als 16-Jähriger eine dreijährige Lehre als Herrenschneider begann. Fünf Jahre lang arbeitete er in der Herrenmoden-Branche in der Kleiderfabrik Waibel & Dahlhäuser in Stuttgart. Anschließend sattelte er um auf die Metallbranche. Er ging als Automateneinsteller in die Metallindustrie und erwarb sich Kenntnisse als Kunststoffschlosser. Durch eine Anzeige in der Filder-Zeitung wurde er auf ein Stellenangebot von Frank-plastic – der heutigen Röchling Medical Group – in Salzstetten aufmerksam. Am 13. August 1969 bezog die Familie Fischer im Salzstetter Gemeindehaus eine Hausmeisterwohnung. Von 1969 bis 1975 war Werner Fischer bei Frank-plastic und bei der Unternehmensgruppe Fischer in der Automatendreherei beschäftigt und dann als Kontrolleur in der Fischer-Filiale Salzstetten. "Damals mussten wir oftmals am Wochenende durchschaffen", blickt der heute 87-Jährige auf eine anstrengende Zeit zurück. 1969 bis 1974 übernahm er zudem die Hausmeistertätigkeit für das Rathaus- und Gemeindehaus samt Volksschule unter Mithilfe seiner Frau. Im November 1975 fing der Jubilar schließlich bei Daimler-Benz als Automatengehilfe an und schaffte sich bis 1985 zu einer Tätigkeit im Presswerk hoch. Gesundheitliche Probleme bremsten ihn dann aus: Nach einem Herzinfarkt und Reha-Maßnahmen konnte er nur noch bis zum 54. Lebensjahr arbeiten.

Hochklassig Bowling spielte Werner Fischer in der Landeshauptstadt von 1966 bis 1974, beispielsweise beim Bowling-Sport-Verein in Stuttgart-Stammheim. Zuvor wagte er erste Schritte als Bowlingspieler in Echterdingen und Ruit. Mit dem BSC Stuttgart spielte er in der Oberliga und wurde Deutscher Meister. Und das nicht von ungefähr: 1972 erzielte Werner Fischer mit 1133 Pins einen Europarekord von FIQ Zone Europa im Mannschafts-Bowling. Zwei Jahre später wurde er Vereinsmeister und erreichte den besten Schnitt in ganz Baden-Württemberg. Dagegen schrammte er knapp an der Deutschen Meisterschaft vorbei. Aber auch anderweitig war der heute 87-Jährige sportlich aktiv, spielte Fußball im Trikot des TV Echterdingen in der Zweiten Amateurliga. "Ich war Torwart, habe aber als Feldspieler bis auf den linken Verteidiger auf allen Positionen gespielt."

Geistig fit hält sich der 87-jährige auch heute noch mit Sport, und zwar mit Schach. Jede Woche fährt er nach Dornstetten und ist für die Schachfreunde Dornstetten/Pfalzgrafenweiler noch aktiv in der dritten Mannschaft. Schon als Siebenjähriger spielte Werner Fischer dank seines schachbegeisterten Vaters sein erstes Turnier. Und die Leidenschaft ist auch im Alter nicht geschwunden. Fischer hat an Turnieren in Horb und Herzogsweiler teilgenommen, 2009 den Wanderpokal der Schach-Seniorenfreunden im "Sonnenschein" in Herzogsweiler ergattert. Und in diesem Jahr titelte der Schwarzwälder Bote: "167 Jahre an einem einzigen Brett". Die Dornstetter Schachfreunde Werner Fischer (87) und Wolfgang Schneider (80) brachten es auf diese Summe.

Die Wiege von Brigitte Helene Fischer, geborene Schalow, stand in Swinemünde. Sie ist auf der Ostsee-Insel Usedom aufgewachsen und hatte fünf Brüder. Ihr Vater war bei der Marine in Flensburg als Verwaltungsangestellter beschäftigt. "Nach einem großen Bombenangriff bin ich 1945 mit meiner Tante Helene und meinem Bruder Siegfried im Viehwagen eines Güterzugs nach Wilhelmshaven geflüchtet", erzählt die 82-Jährige. Nach der Volksschule arbeitete sie in verschiedenen Haushalten. Als Flüchtling kam sie über Steinhausen und Ellenserdamm 1954 nach Echterdingen, wo sie dann zusammen mit ihrem Mann bei der Kleiderfabrik Waibel & Dahlhäuser in Stuttgart arbeitete.