Diese Helfende-Bürger-Mitarbeiterinnen in Waldachtal erlangten das Zertifikat "Häusliche Betreuung in der Altenhilfe". Sie investierten 52 Stunden in ihre Weiterbildung. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Verein Helfende Bürger Waldachtal qualifiziert seine Helferinnen / Weiterbildung kommt Pflegebedürftigen zugute

Häusliche Betreuung in der Altenhilfe ist gefragter denn je. 20 Frauen haben beim Verein Helfende Bürger Waldachtal ein 18 Abende umfassendes Seminar jetzt erfolgreich abgeschlossen. Eine beachtliche Anzahl.

Waldachtal. 52 Stunden ihrer Freizeit investierten die Helferinnen des Waldachtaler Hilfsvereins und Familienangehörige in diese Qualifizierung. Die katholische Landfrauenbewegung der Erzdiözese Freiburg, welche dieses Seminar in Zusammenarbeit mit der AOK-Pflegekasse angeboten hat, übertraf damit die Mindestzahl von 30 Stunden, welche für die Anerkennung bei der Pflegekasse notwendig sind.

Grundkenntnisse und praktische Erfahrungen für die Betreuung, Pflege und den Umgang mit älteren Menschen wurden vermittelt. Ältere und kranke Menschen haben den Wunsch, so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung leben zu können. Der Kurs soll den Frauen helfen, durch Austausch von Erfahrungen und Gespräche, mit den eigenen psychischen Belastungen besser umzugehen. Die Themen der Weiterbildung umfasste die Bereiche "Der Mensch im Alter", "Häusliche Krankenpflege" und Grundlagen der Betreuung älterer Menschen. Sofortmaßnahmen in Notfallsituationen, Körperpflege und Hygiene im Haushalt spielten ebenso eine Rolle wie die Ernährung und die Besonderheiten der Medizin im Alter. Unter den Referenten waren auch die einheimischen Michael Schmelzle (Arzt), Rebecca Dürr (Sozialstation) und Nico Zimmermann (DRK).

Zum Abschluss des Seminars überreichte Susanne Hartmann vom Dachverein Netzwerk Nachbarschaftshilfe aus Freiburg die Zertifikat-Urkunden und Vorsitzende Erika Burkhardt beschenkte die Frauen mit Tulpen. Einsatzleiterin Christa Ruoß und Susi Kübler bestätigten beim Abschlussabend im Rathaus Hörschweiler: "Es hat uns Spaß gemacht." Unter den 20 von 38 weitergebildeten Helferinnen sind zum Teil schon erfahrene Fachkräfte, darunter ausgebildete Altenpflegerinnen, Krankenschwestern und Hauswirtschafterinnen.

Regelmäßiger Austausch

Vorsitzende Erika Burkhardt vom Verein Helfende Bürger Waldachtal hob das Kennenlernen der Helferinnen und die gute Kameradschaft hervor. Sie regte an, dass sich die Helferinnen alle sechs Wochen zu einem Erfahrungsaustausch treffen. Teilnehmerin Gertrud Krämer dankte für die qualifizierte Weiterbildungsmaßnahme von Oktober 2018 bis April 2019, bei der vieles aufgefrischt und neu hinzu gelernt wurde.

Eine Antwort auf den allgegenwärtigen Pflegenotstand gibt das Sozialgesetzbuch: "Die pflegerische Versorgung der Bevölkerung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe." Die aus Sulz-Vöhringen stammende Susanne Hartmann bekräftigte in Waldachtal: "Als Mensch, besonders als Christ, sind wir aufgerufen, die Augen offen zu halten." Zum Abschluss referierte Susanne Hartmann vom Netzwerk Nachbarschaftshilfe über die gesellschaftliche Situation und die Aufgaben. Sie sprach von der wachsenden Zahl allein lebender älterer Menschen und 2,9 Millionen Pflegebedürftigen. Tendenz steigend. "Über 70 Prozent werden daheim im familiären Umfeld gepflegt", verdeutlichte die Expertin. Die Familie sei der größte Pflegedienst der Nation bei veränderten familiären Strukturen durch rückgängige Kinderzahl, höhere Scheidungsraten, Frauenerwerbstätigkeit und gestiegene Mobilität. "Auf die Frauen hat man sich früher verlassen, heute sind viele berufstätig. Das Potenzial von Frauen ist nicht mehr abrufbar", veranschaulichte Hartmann. Durch die Kombinationsaufgaben für Frauen, die fast nicht mehr leistbar seien, habe sich heutzutage einiges grundlegend verändert: "Frauen kommen an ihre Grenzen oder gehen selber an Grenzen."

Hohe Belastung

Durch die Sandwichposition, der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, entstünden hohe Belastungen für pflegende Angehörige. Und das bei einer durchschnittlichen Pflegedauer von mittlerweile zehn Jahren. Die Referentin gab zu Bedenken: "Pflege wird für uns zum Thema, als Pflegefall oder Angehöriger." So erkläre sich die wachsende Bedeutung von Unterstützungssystemen, der Selbsthilfe und des bürgerschaftlichen Engagements. "Nachbarschaftshilfe bildet ab, wie sich unser Leben und unsere Gesellschaft weiter entwickelt", meinte Hartmann. Sie plädierte für eine faire Bezahlung der Dienstleistungen: "Gerade im sozialen Bereich muss man sich nicht rechtfertigen." Angebote der Nachbarschaftshilfe umfassen bezahlbare Hilfe im Dorf für Menschen, die sie brauchen. Unterstützung und Betreuung wird im Haushalt, bei Einkäufen und Besorgungen geleistet, als auch Besuchs- und Begleitdienste zu Arzt, Behörden, Kirche. Bei der Alltagsgestaltung, Spaziergängen und Gesprächen, Vorlesen und Spielen sind die Helferinnen erwünscht und entlasten pflegende Angehörige. Eine besondere Herausforderung stelle die Begleitung von Menschen mit Demenz dar. Manchmal müssen in Familien auch Kinder betreut werden. Susanne Hartmann: "Ich habe großen Respekt vor den Helferinnen, der Einsatzleiterin und allen Engagierten vor Ort."

Lebensqualität verbessern

Seit Mai 2016 unterstützt das Netzwerk Nachbarschaftshilfe Gemeinden und Frauen im ländlichen Raum Baden-Württembergs mit passgenauen Schulungen. Davon profitiert auch der Hilfsverein in der Gemeinde Waldachtal. Ziel ist es, die Lebensqualität vor Ort zu verbessern. Der demografische Wandel stellt viele Dörfer vor neue Herausforderungen: Wie können ältere, kranke, hilfsbedürftige Menschen unterstützt werden? Wie kann ihre Selbstständigkeit lange erhalten werden? Wie können Gemeinden für junge Familien attraktiv bleiben? Als Antwort darauf wurde auch der Verein Helfende Bürger Waldachtal vor fünf Jahren ins Leben gerufen, der "Helfen" priorisiert. Waldachtal orientiert sich am Modellprojekt "Hilfe von Haus zu Haus – Nachbarschaftshilfe Höri". Von deren Initiatorin Maria Hensler stammt die Aussage: "Wir beantworten mit unserer Arbeit auch die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen: in einer fürsorgenden Gemeinschaft oder als vereinsamte Einzelkämpfer."

Zertifikat Spezialpflegekurs

Ruth Azizi, Elisabetha Billing, Michelle Borden, Erika Burkhardt, Christine Eck, Renate Faßnacht, Margrit Herbster, Valerie Iancu, Silvia Jenke, Roswitha Klaiß, Gertrud Krämer, Susanne Kübler, Susi Kübler, Brigitte Muz, Marjatta Pfau, Gretel Rouquette, Christa Ruoß, Erika Schneider, Elfriede Tischler, Marita Wehle.

Kontakt

Einsatzleiterin Christa Ruoß, Telefon 07443/9 64 30 70, E-Mail: helfendebuerger-waldachtal@t-online.de und Sprechzeiten im Rathaus Hörschweiler: Dienstag 9 bis 11 Uhr, Donnerstag 16 bis 18 Uhr. Der Anrufbeantworter wird täglich abgehört.