Vor dem Villinger Amtsgericht wird der in Furtwangen lebende Mann zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Foto: Riesterer

Mann wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor Gericht. Entgegen Gerüchten kein Reichsbürger.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Ein Mann aus Furtwangen ist vor dem Villinger Amtsgericht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gesprochen worden. Gerüchte, es handele sich bei dem Mann um einen Reichsbürger, bestätigten sich nicht: Der Mann bezeichnet sich wohl als "Wahrheitsbürger".

Der angeklagte Mann, ein 58-Jähriger, der in Furtwangen lebt, saß am Donnerstagnachmittag vor der Verhandlung gelassen im Sitzungssaal des Villinger Amtsgerichts. Den Arm locker hinter der Lehne seines Stuhls und die Ärmel seines karierten Hemdes leicht hochgekrempelt, unterhielt er sich mit seinem Verteidiger, lachte häufig. Angeblich, so wird gemunkelt, sei der Mann ein Reichsbürger. Als der Richter Christian Bäumler den Saal betritt, stand er auf – wie alle anderen Anwesenden auch.

Angeklagt war der 58-Jährige, so verlas der Staatsanwalt, wegen räuberischer Erpressung und Widerstand gegen Vollzugsbeamte. Tatbestand seien zwei Vorfälle. Der erste trug sich im Mai 2016 zu. Der Furtwanger war damals nach Donaueschingen zu einem Termin beim Obergerichtsvollzieher geladen worden. Er sollte wegen einer Forderung gegen ihn – etwa 2500 Euro – eine eidesstattliche Versicherung unterschreiben.

Von da an unterschieden sich die Aussagen des Mannes und die des Gerichtsvollziehers, der selbst als Zeuge aussagte. Fest steht nur: Der 58-Jährige weigerte sich zuerst, das Papier zu unterzeichnen, es kam zu einem Wortgefecht, und der Gerichtsvollzieher drückte den Notrufknopf. Der Gerichtsvollzieher behauptete, der Mann habe ihn mit der flachen Hand geschubst – der Angeklagte behauptete, der Gerichtsvollzieher habe sich vor ihm in der Türe aufgebaut, um ihn am Verlassen des Gebäudes zu hindern. Die Gegenseite leugnete dies wiederum jeweils. Fest steht: Als der hinzugerufene Beamte mit im Raum war, entspannte sich die Lage und der Furtwanger unterschrieb.

Trotzdem soll er bis zuletzt die Legitimität des Gerichtsvollziehers angezweifelt haben. Das lag jedoch laut seiner Aussage nicht an seiner generellen Einstellung einem Beamten gegenüber. "Ich habe mich, weil es meine erste Berührung mit der Justiz war, nur gründlich vorbereitet." Sein Problem mit dem Gerichtsvollzieher sei lediglich gewesen, dass dieser ihm einen von ihm verlangten Ausweis nicht vorzeigen wollte.

Der zweite Vorfall ereignete sich im Dezember 2018, als der gleiche Gerichtsvollzieher gemeinsam mit Polizeibeamten den 58-Jährigen in Furtwangen aufsuchte, um die Forderung einzuholen. Dabei habe der Angeklagte die Tür nicht geöffnet. Zudem habe er gedroht, dass "es nicht ohne Verletzte" ablaufe, sollten die Beamten die Türe gewaltsam öffnen. Deshalb brachen diese ihr Vorhaben ab. Während der Verhandlung behauptete der Angeklagte, dass die Stimme aus der Wohnung nicht er selbst gewesen sei, sondern sein Bruder, der damals zu Besuch gewesen sei.

"Ich kann hier nirgends den Tatbestand der räuberischen Erpressung erkennen", sagte Richter Bäumler, woraufhin Staatsanwalt und Verteidiger sich zurückzogen. Der Vorwurf wurde fallengelassen, nur die nicht geöffnete Wohnungstür sollte weiterhin verhandelt werden. Das von beiden Seiten vereinbarte Strafmaß, sollte der Angeklagte gestehen: Drei Monate Haft, 300 Euro Zahlung an eine karitative Einrichtung und die Kosten des Verfahrens. Der 58-Jährige gestand. Die Forderung begleicht er inzwischen ebenfalls anhand einer Ratenzahlung. Während der Verhandlung war der Angeklagte selbst der Einzige, der den Begriff Reichsbürger verwendet hatte ("Bis es mir vorgeworfen wurde, einer zu sein, hatte ich davon noch nie gehört"). Der Richter oder Staatsanwaltschaft waren darauf nie eingegangen. Im Nachhinein sollte sich auch herausstellen, dass der Furtwanger sich als sogenannter "Wahrheitsbürger" bezeichne. Der Unterschied: Diese würden die Bundesrepublik Deutschland als legitimen und souveränen Staat durchaus anerkennen – was der Verurteilte letztendlich auch mit dem Urteil tat.