Beim gut besuchten Vortrag des Senioren- und Generationentreffs (von links): Professor Christoph Reich und Michael Dörflinger (beide Hochschule Furtwangen), Juliane Kugler vom Seniorenforum und „Pepper“ (mit Hut). Foto: Olowinsky

Ein Termin des Seniorenforums mitten in der Ferienzeit? Riskant? Wohl aber nicht in Schramberg.

Juliane Kugler, Sprecherin des Seniorenforums, freute sich über annähernd hundert Gäste, die in die Peter-Meyer-Schule gekommen waren, um den Vortrag zum absolut aktuellen Thema „KI –Künstliche Intelligenz im Alltag“ zu hören.

Professor Christoph Reich, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Data Science, Cloud Computing und IT-Sicherheit (IDACUS) in der Fakultät Informatik der Hochschule Furtwangen, erläuterte bestehende und neu entstehende Anwendungen von Künstlicher Intelligenz (KI).

Radio ohne Menschen

Da war zunächst das neue Radio „bigGPT“, das in Deutschland autonom 24 Stunden Radioprogramm generiert, ausschließlich mit synthetischen Stimmen, KI-generierten Inhalten und den „bigGPT Top 40“, den meistgestreamten Songs im Netz. Da ist kein Mensch mehr im Spiel.

Aber auch Bilder lassen sich bereits in Minuten generieren im Stile eines Malers, einer Stilrichtung. KI wird in der Fertigung zum Greifen von Gegenständen bereits eingesetzt, ebenso dem Erkennen und gegebenenfalls Zuordnen von Menschen. Zur Demonstration wurde die Kamera des Laptops aufs Publikum gerichtet und zeigte auf der Leinwand – in Prozenten eingestuft – mit unterschiedlicher Zuverlässigkeit (confidence) die Personen an, die sich im Raum befanden, definiert nach typischen Merkmalen eines Menschen.

Knapp 100 Besucher sind zu dem Vortrag in die Peter-Meyer-Schule gekommen. Foto: Olowinsky

KI wird seit langem eingesetzt durch Abstraktion bei Posen oder Bewegungen von Sportlern, oder in der Physiotherapie. Auch im Spielesektor hat KI schon lange Einzug gehalten mit Computerspielen, Ratespielen und Ähnlichem im Stile „Mensch gegen Computer“. All dies konnte bisher durch Programmieren in zahllosen Einzelschritten im Computer vorgegeben werden, der Unterschied dazu: Beim Maschinellen Lernen (ML) kann die KI durch zahllose Beispiele Daten sammeln und daraus später selbstständig Muster erkennen und anwenden. Zum Training demonstrierte der Referent mit Hilfe einer Spielfigur vor der Kamera und einem Bild einer Katze die Übertragung von Bewegungsabläufen, damit die Animation eines Tierfotos.

Schon alltäglich im Einsatz

Im Alltag kommen heutzutage am häufigsten KI-gesteuerte Programme zur Fotobearbeitung zum Zuge, kaum ein veröffentlichtes Foto sei mehr ohne Bearbeitung. Besonders hervorgehoben wurde die Generierung von Texten mit ChatGPT am aktuellen Beispiel – Eingabe von Stichpunkten des Generationenteffs, Datum, Thema, Ort – und das Ergebnis ist eine autonom generierte Einladung zum Veranstaltungsnachmittag mit einigermaßen akzeptablem Standard-Text für einen „Seniorennachmittag in Schramberg“.

Allerdings auch nicht mehr: Weil ChatGPT original in Englisch ist, müssen beim Trainieren Fragen und Antworten immer wieder in beide Richtungen übersetzt werden, so können sich Fehler einschleichen, die kaum bemerkt werden, aufmerksames Kontrollieren sei daher immer angesagt, so der Referent.

Anwendung in Medizin

Eine besondere Anwendung von KI gibt es in der Medizin und wird immer weiter ausgebaut: Durch unzählige Aufnahmen von verschiedenen Krankheitsbildern bei Hautkrebs, Augenerkrankungen und vor allem bei Lungenkrebs sowie der enormen Zahl von weltweiten Vergleichsdaten können bereits im Vorfeld Diagnosen erstellt werden – das Deep-Learning-Modell „Sybil“ wurde so trainiert, dass es als Zweitmeinung anhand eines einzelnen CT-Scans das Risiko für Lungenkrebs einschätzen kann, ehe er wirklich zum Ausbruch kommt. Die Erst-Beurteilung des Radiologen sei aber immer noch maßgebend.

All diese Anwendungen machen deutlich, so Reich, in welchem Grenzgebiet der Ethik man sich befindet. Wie weit geht der Nutzen für den Menschen, wo kann es gefährlich werden, weil es unkontrollierbar wird? Am Beispiel eines fiktiven Unfalls beim autonomen Autofahren wurde deutlich, welche Wertigkeiten Menschen und Dingen zugestanden werden (müssen) in Bezug auf Unfallvermeidung. Eine kaum lösbare Entscheidung.

Der Star des Tages ist Roboter Pepper. Foto: Olowinsky

Bleibt schließlich das Problem, wie kann der Mensch geschützt wird vor dem Missbrauch durch KI-gesteuerte Programme. In Deutschland gibt es Sicherheitssysteme für ChatGPT, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das führt zu der Herausforderung, dass beim Training von der Eingabe bis zur Ausgabe des Algorithmus alles nachgewiesen werden muss (explainable artificial intelligence AI) und weitere Modelle erst noch entwickelt werden müssen.

Zum Abschluss stellte Michael Dörflinger noch den freundlichen Sozialroboter namens Pepper vor, der bisher erst im Sozialkontakt mit seinen Mitmenschen umgehen, noch nicht eigenständig handeln, aber doch schon für manchen Pflege-Dienst eingesetzt werden kann. Die körperliche Pflege durch Menschen ersetzt er allerdings noch nicht, so die Betonung. Pepper hätte sicher gerne sich von den Besuchern winkend verabschiedet, aber leider hatte er keine Kraft – Akku war leer. Durchaus menschlich.