Ein Jahr lang bereiste Matthäus Schlack im 19. Jahrhundert die USA. Sein bemerkenswertes Tagebuch ist jetzt erschienen. Foto: Gerhard Fritz

Der Schulmeister Matthäus Schlack aus Pfalzgrafenweiler reiste 1837 nach Amerika. Seine Eindrücke der damals noch jungen USA sind in einem Tagebuch festgehalten, das jetzt veröffentlicht wurde. Vieles davon kommt dem Leser erstaunlich bekannt vor.

Bei dem Tagebuch handle es sich um ein Dokument über das damalige Reisen im Allgemeinen und über die Atlantiküberquerungen im Besonderen, so der Historiker Gerhard Fritz, einer der Herausgeber des Buches „Die Reise des Matthäus Schlack durch die US-Staaten 1837/38. Eindrücke eines Württembergers in der Neuen Welt.“

Vor allem vermittle Schlack Informationen über die Lebenswirklichkeit in den USA und gebe fundierte und nüchterne Urteile über die dortige Gesellschaft ab. „Dass ein Mann 1837/38 einen derart klaren Blick auf die amerikanischen Verhältnisse hatte, ist durchaus ungewöhnlich“, schreibt Fritz in einer Mitteilung.

Pfalzgrafenweiler könne deshalb auf den Protagonisten „rundum stolz sein“. Solche Tagebücher seien „absolute Raritäten“ und für Historiker „geradezu eine kleine Sensation“.

Auswanderer, Gescheiterte und Reisende

Laut Fritz müssen drei Kategorien von Personen unterschieden werden, die nach Amerika gingen. Das seien zunächst die Auswanderer, die von Beginn an vorhatten, in der Neuen Welt zu bleiben. Viele von ihnen schrieben Briefe nach Hause, oft mit der Absicht, Angehörige zur Emigration zu motivieren.

Weit geringer sei die Zahl gescheiterter Auswanderer. Sie lebten eine gewisse Zeit in den USA, sahen aber ihre Erwartungen enttäuscht und kehrten wieder in die alte Heimat zurück. Während die Berichte der erfolgreichen Amerika-Auswanderer positiv, manchmal euphorisch seien, spreche aus den Schriften der Rückkehrer Ernüchterung, so Fritz.

Eine dritte Gruppe seien diejenigen, die nur nach Amerika reisten, um sich ein Bild von der dortigen Lage zu machen und die nie vorhatten, dort zu bleiben. Diese Gruppe sei zahlenmäßig die kleinste, und der Schulmeister Schlack aus Pfalzgrafenweiler gehöre dazu. Solche Reiseberichte aus Nordamerika aus dem 18./19. Jahrhundert aus dem südwestdeutschen Raum stammten von Gottlieb Mittelberger, Jakob Friedrich Autenrieth und David Friedrich Weinland.

Fassungslos angesichts des Sklavenmarkts

Wie Schlack (1780 – 1845) auf die Idee kam, die USA zu bereisen und woher er als einfacher Schulmeister das Geld hatte, die Reise zu bezahlen, bleibe dunkel, so Fritz – ebenso, wie er es geschafft hat, sich aus dem Schuldienst für über ein Jahr beurlauben zu lassen. Seine Reise dauerte vom 1. Juni 1837 bis zum Sommer 1838.

Was Schlack in den USA sah und in seinem Reisetagebuch aufschrieb, komme dem Leser heute erstaunlich bekannt vor, meint Fritz: einerseits wirtschaftliche Erfolge, andererseits rücksichtsloser Kapitalismus, Kriminalität, eine rabiate Strafjustiz, Rücksichtslosigkeit, unmenschlicher Umgang mit denen, die im Konkurrenzkampf nicht mitmachen können – ausgebeutete Auswanderer, zwangsumgesiedelte Indianer, als Sklaven gehaltene Schwarze. Angesichts eines Sklavenmarkts war Schlack geradezu fassungslos, so Fritz.

Laute Schwätzer ohne belastbare Fakten

Und den größten Anhang fanden laut Fritz in den USA schon bei Autenrieth 1794/95 und bei Schlack 1837/38 Leute, die am lautesten schwätzen konnten, egal, ob hinter dem Geschwätz belastbare Fakten standen. Das alles hing für Schlack mit Unbildung zusammen: Er sah ein miserables Schulsystem ohne jede Schulpflicht, Geringschätzung, geradezu Verachtung für Bildung. Jeder Kurpfuscher dürfe sich als „Doctor“ bezeichnen, ohne je Medizin studiert zu haben, und jeder dürfe ohne Theologiestudium und ohne fundierte Bibelkenntnis predigen. Politik und Gesetze würden in den USA von Reichen für Reiche gemacht. Freiheit und Gleichheit in den USA erwähnte Schlack lobend nur kurz, allerdings angesichts des Erlebten mit unübersehbarer Ironie.

Das Buch: „Die Reise des Matthäus Schlack durch die US-Staaten 1837/38. Eindrücke eines Württembergers in der Neuen Welt“, Herausgeber Gerhard Fritz, Hans Kunz und Manfred Schurr, Verlag Hennecke, Remshalden, 102 Seiten, 14,80 Euro.