Porträt: Gerhard Schittenhelm blickt auf spannende Jahre im Gemeinderat zurück / Zeit für Familie und Hobby

Vöhringen. 15 Jahre saß Gerhard Schittenhelm (Freie Wählervereinigung) im Gemeinderat, war Fraktionssprecher und erster Stellvertreter des Bürgermeisters. Seine Entscheidung, dieses Jahr nicht mehr zu kandidieren, war eine reine Zeitfrage zugunsten von Beruf und Familie. Schon 2014 habe er überlegt, aufzuhören. Nun setzte er dieses Vorhaben in die Tat um.

Nach dem Besuch der Haupt- und Wirtschaftsschule in Sulz und einer Ausbildung beim Finanzamt im gehobenen Dienst arbeitete Schittenhelm zehn Jahre als Betriebsprüfer für das Finanzamt Rottweil, bis er sich vor 30 Jahren entschloss, die Seiten zu wechseln und sich als Steuerberater selbstständig zu machen. Inzwischen ist die Kanzlei des Diplom-Finanzwirts auf 25 Mitarbeiter gewachsen.

Zur ersten Kandidatur für den Gemeinderat entschloss sich der gebürtige Vöhringer 2004, nachdem ihn Dieter Schleeh (ebenfalls FWV) darauf angesprochen hatte. Er fand großen Gefallen daran, Kontakte zu knüpfen, weitere Personen und Institutionen kennenzulernen und Themen aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. "Ich wollte gestalten statt verwalten und als gewählter Mandatsträger die Interessen der Bürger und Wähler vertreten. Manchmal befanden wir uns aber auch im Zwiespalt zwischen Wunscherfüllung und Realisierbarkeit und saßen zwischen den Stühlen."

Die größte Herausforderung war die Finanzkrise, die die Gemeinde zehn Jahre belastet habe und gemeistert werden musste, nachdem durch eine GPA-Prüfung alles rausgekommen sei. Als geschätzter Finanzexperte engagierte sich Schittenhelm in der Haushaltsstrukturkommission, im Friedhofsausschuss und im Lenkungskreis Turn- und Festhalle.

Im Förderverein "Neue Sporthalle" ist Schittenhelm seit der ersten Stunde dabei. Er stehe hinter diesem Großprojekt für Vöhringen, das aus Eigenmitteln finanziert werden soll. "Die aktuelle Kostenentwicklung war nicht abzusehen. Ich hätte der Preiserhöhung auch zugestimmt. Ein Stopp wäre Irrsinn gewesen. Wird die Halle erst rege genutzt, wird jeder froh sein, dass sie steht", sagt er.

Die Arbeit im Personalausschuss der Gemeinde gab er zugunsten des IKG-Zweckverbands auf, für den er sich freiwillig meldete. "Es hat Spaß gemacht, mit der Stadt Sulz zusammenzuarbeiten. Das war gut für beide Kommunen." Durch die Verlagerung von Betrieben wie Dreher und Sülzle in den InPark A 81 entstehe "etwas Gutes", betont Schittenhelm. Zur Risikostreuung wäre eine gesunde Mischung kleiner und großer Betriebe von Vorteil, aber "wir wünschen uns nicht unbedingt ein großes Logistikunternehmen". Bei der guten Vermarktung hätte man sich allerdings eine schnellere Entwicklung vorstellen können.

Mutig und richtig

Die familienfreundliche Ausrichtung Vöhringens liegt Schittenhelm besonders am Herzen. "Es ist schön, hier zu wohnen", schwärmt er und freut sich, dass die Nachfolge bei der ärztlichen Versorgung gelungen sei. In der Gemeinde werde der Bogen vom Kleinkind bis ins reife Alter gespannt. Die Entscheidung zum Bau der Mühlbach-Kita sei mutig und richtig gewesen, der Bedarf zum Bau eines Kindergartens in der Friedrichstraße als nächster Schritt vorhanden. Durch Zuzug werde sich der Schulstandort Vöhringen, in den man viel investiert habe, positiv entwickeln.

Das nächste Baugebiet werde "Vöhringen West" sein. Das Sanierungsgebiet "Ortskern III" sieht Schittenhelm als gutes Signal und Anreiz für die Nutzung und Sanierung alter Gebäude. Er befürwortet die staatliche Unterstützung, um Wohnraum zu schaffen und die vielen Leerstände zu reduzieren. Das Hofäcker-Areal sei ein Sahnestückchen und das geplante Gesundheitszentrum eine innerörtliche Lebensquelle. "Etwas ratlos" fühle er sich hingegen, wenn es um die weitere örtliche Infrastruktur geht. Die kleinen Geschäfte hätten es schwer, sich zu halten, solange der Verbraucher zum Einkaufen lieber auf die grüne Wiese fährt.

Rückblickend konstatiert Schittenhelm, der Umgang der Fraktionen sei offener geworden. Man habe sachlich diskutiert und sei innerhalb der Gemeinde mit Wittershausen zusammengewachsen. Die neu gewonnene Zeit möchte der 63-Jährige nicht nur seiner Steuerkanzlei widmen, sondern auch "einfach mal daheim sein und durchschnaufen". Während der Existenzgründung seien die Söhne Henning und Michael zu kurz gekommen. Das soll sich bei den beiden Enkeln nicht wiederholen.

Außerdem gilt sein Interesse dem Garten, dem sportlichen Ausgleich und dem Besuch von VHS-Kursen. Er beneidet die neuen Gemeinderäte nicht um "manchen sauren Apfel, der noch kommt." In den vergangenen Jahren habe sich der Zeitaufwand fast verdoppelt. Schittenhelm verfolgt weiterhin interessiert die Tagesordnung und die Berichte im Mitteilungsblatt sowie in der Presse. Vielleicht wird er gelegentlich eine Sitzung als Zuhörer zu gewissen Themen besuchen, "aber jetzt am Anfang noch nicht".