Bürgermeister Stefan Hammer hatte das Umsägen des Christbaums auf dem Rathausplatz damals einen "Anschlag auf unsere Kultur" genannt. Archiv-Foto: R. Heidepriem Foto: Schwarzwälder Bote

Aufreger: Verfahren gegen mutmaßlichen Mittäter beim Christbaum-Umsägen in Vöhringen eingestellt

Die Tat hatte für Entsetzen gesorgt: In der Nacht zum 2. Dezember 2018 hatten Unbekannte den Vöhringer Weihnachtsbaum auf dem Rathausplatz umgesägt. Einer der mutmaßlichen Täter musste sich nun vor dem Oberndorfer Amtsgericht verantworten.

Vöhringen/Oberndorf. Zwei Monate hatte es gedauert, bis die Polizei die Vandalen ausfindig gemacht und Beweismaterial gesammelt hatte. Nun stand einer der vier Täter im Alter von 18 bis 20 Jahren vor Gericht.

Für Irritation sorgte im Vorfeld die Tatsache, dass der Verfahrensstand bei den anderen drei Tätern unklar ist. Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer hatte dazu keinen Vermerk in seinen Akten. Staatsanwältin Maren Lorer fand Hinweise darauf, dass die Verfahren zumindest vorläufig eingestellt worden waren, weil der Tatnachweis offenbar nicht geführt werden konnte. Verwunderlich, wie Heuer fand, sei doch die Beweislage bei den drei Haupttätern recht eindeutig und bei dem Angeklagten "mehr als dürftig".

Bei diesem vierten Täter, der nun auf sein Urteil wartete, handelte es sich um einen 21-Jährigen aus der näheren Umgebung Oberndorfs. Dieser musste sich wegen gleich zwei Taten verantworten.

Zum einen war er angeklagt, im September vergangenen Jahres einen Schlagring und eine geringe Menge Marihuana mit sich geführt zu haben, zum anderen, einer der Täter zu sein, die am 2. Dezember zwischen 3 und 4.15 Uhr den Christbaum in Vöhringen umgesägt und 3000 Euro Sachschaden verursacht hatten.

Die erste Tat gab der 21-Jährige unumwunden zu. An eine mögliche Beteiligung an der zweiten Tat konnte er sich nicht mehr erinnern. "Ich weiß nicht, wer den Baum abgesägt hat. Ich wüsste auch nicht, wie ich auf so etwas käme", meinte er.

Tatsächlich sei er an diesem Abend – wie an so vielen zu dieser Zeit – wohl zugedröhnt gewesen, gab er auf Nachfrage von Heuer zu. "Was das letzte Jahr angeht, kann ich mich ab Oktober an so gut wie nichts mehr erinnern", sagte der Angeklagte. Somit auch nicht an die Party, die am 1. Dezember stattgefunden haben muss, in dessen Folge die Tat begangen worden war.

Grund für die Gedächtnislücken des Angeklagten war neben seiner erheblichen psychischen Erkrankung wohl auch eine Drogen-Vergiftung. Aufgrund dieser lag der 21-Jährige im Dezember nach der Tat lange auf der Intensivstation und wurde danach für mehrere Wochen stationär aufgenommen, lebte unter anderem in der geschlossenen Suchtaufnahmestation. Inzwischen sei er clean und gehe einer geregelten Arbeit nach: "Ich habe mich wieder gefangen".

Ein Zeuge der Polizei erklärte, dass man aufgrund verschiedener Zeugenaussagen auf den 21-Jährigen als Mittäter gekommen sei. Zudem habe er in der Vernehmung gesagt: Er wisse, dass er Scheiße gebaut habe und dass es teuer werde. Der 21-Jährige habe allerdings auch damals gesagt, er sei nicht der Haupttäter gewesen. Die massive psychische Erkrankung des Angeklagten sei bekannt.

Der Angeklagte habe zum Tatzeitpunkt an einer schweren Psychose gelitten, konnte Heuer der Akte entnehmen. Er stellte das Verfahren gegen den 21-Jährigen ein. "Das ist Ihre letzte Chance", redete Staatsanwältin Lorer dem 21-Jährigen ins Gewissen. "Drogen sind kein Ausweg, sondern ein Weg ins Aus. Nach jedem Rausch sind die Probleme nicht weg, sondern größer", sagte Richter Heuer mit Nachdruck.