Dicht an dicht, wie hier zu sehen, hocken täglich bis zu 100 Tauben auch in der Görlitzer Straße und warten darauf, dass wieder Futter für sie zu Boden fällt. Foto: Zucchi

Notorische Fütterin auch in Görlitzer Straße in Villingen. Wo neuer Paragraf eine Rettung war.

VS-Villingen - Sie füttere nur die Spatzen sagte sie, als Nachbarn sich über die Heerscharen von Tauben beschwerten. Doch die Körner streute sie nicht ins Vogelhäuschen, sondern auf den Boden. Ein klarer Verstoß gegen den Tauben-Paragrafen – und ein weiterer Fall, der eine Taubenplage in einem Wohngebiet ausgelöst hat.

Dieses Mal ist die Görlitzer Straße in Villingen der Schauplatz. Doch das Bild, das sich bietet, ist dasselbe wie in der Schwenninger Turnerstraße, wo wegen der religiös begründeten Taubenfütterung eines Muslimen ein wahrer Nachbarschaftskrieg tobt. Ein immerwährendes leises Gurren ist vernehmbar. Man hört sie, bevor man den Blick hebt und sie erblickt. In Reih’ und Glied hocken die Tauben auf Dachrinnen und Fenstersimsen. Dabei gibt es dort für die Vögel neuerdings nichts mehr zu holen, denn in diesem Fall scheint der 2017 erlassene Tauben-Paragraf der Stadt Villingen-Schwenningen, der das Taubenfüttern auf Privatgrundstücken verbietet, tatsächlich die Lösung gewesen zu sein.

Bis dahin wussten die Tauben genau, worauf sie, auf Bäumen und Häusern sitzend, warteten: Sobald die Frau auftauchte, zu der die Hand gehörte, die sie seit Jahren fütterte, kam Leben in die grauen Tiere. Einzelne Vögel segelten nach unten. Sobald die ersten Körnchen zu Boden rieselten, stürzten auch ihre Artgenossen zu Boden. Man hörte die Flügelschläge rauschen, sah ein unkontrolliertes Flattern, eine aufgeregte gefiederte Masse, die sich über das Futter hermachte. Nur wenig später war der Spuk vorbei und die Tiere erhoben sich wieder in die Lüfte auf ihre Aussichtsplätze an den Häusern.

Der Ärger der Nachbarn aber blieb. Hauseingänge, Fensterbretter, Gartenmöbel und Terrassen waren verkotet. "So etwas ist unerträglich", sagt einer der Anlieger, der dort teilweise über 100 Tauben gezählt habe. Es sei schlichtweg eine "Schweinerei", Tauben zu füttern, "wenn in unmittelbarer Nähe, wenige Meter davon entfernt, Lebensmittel gelagert und von Standort A nach B transportiert werden", sagt er mit Blick auf eine Bäckereifiliale in unmittelbarer Umgebung. Immer wieder hätten sie in den vergangenen Jahren versucht, die Frau davon zu überzeugen, mit dem Taubenfüttern endlich Schluss zu machen, erzählen zwei Anlieger im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Doch vergeblich. In der Regel habe sie bestritten, explizit die Tauben zu füttern – "sie sagte immer, sie füttert nur die Spatzen, aber das war Blödsinn – außerdem warf sie das Futter auf den Boden, das durfte sie ja gar nicht."

Irgendwann hatten die Nachbarn dann die Faxen dicke und zeigten die Frau vor einigen Wochen beim städtischen Ordnungsamt an, nachdem ihr gutes Zureden und Appellieren nicht geholfen habe.

"Ich weiß nicht, was genau passiert ist, aber jetzt füttert sie nicht mehr", freut sich ein Nachbar und hofft, dass das auch die Vögel noch lernen. Denn noch, sagt er, kommen jeden Morgen schlagartig 70 bis 80 Tauben in die Görlitzer Straße, hocken sich auf Dächer, in Bäume und Fenstersimsen und hoffen, dass die Körnchen für sie doch wieder rieseln. Und ab und an, setzt er wieder ein, der Sturzflug der Taubenscharen – "wenn die Frau Futter ins Vogelhäuschen wirft, fällt ja auch einmal etwas daneben".