Keine Masthühner in Weigheim: Nach der ersten Suche nach einem Standort für einen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel hat die Migros-Tochter Micarna mitgeteilt, das Weigheim aus dem Rennen ist. Foto: Carsten Rehder

Stadtverwaltung bestätigt Vorhaben. Schweizer Fleischwarenproduzent dementiert Pläne.

Villingen-Schwenningen. Große Verwirrung in der städtischen Verwaltung: Noch am gestrigen Mittwochmorgen hatte OB Rupert Kubon im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet, dass der Schweizer Fleischwarenproduzent Micarna in Weigheim einen neuen Geflügelschlachthof mit rund 300 Angestellten bauen möchte. Derzeit befinde sich die Sache allerdings noch in einem "sehr, sehr frühen Stadium", genauere Informationen müssten im Herbst besorgt werden.

Denn Micarna ist ein führender Fleischverarbeiter der Schweiz, der neben 720.000 Schweinen sowie 76.000 Rindern rund 27 Millionen Masthühner im Jahr schlachtet. Ein Blick in die Schweizer Medienberichte verrät, dass die Migros-Tochter, die rund 2900 Mitarbeiter beschäftigt, mitunter bei der Schlachtung der Hühner auf die umstrittene, aber die gängigste Elektromethode setzt.

Auch Weigheims Ortsvorsteherin Ursula Mosbacher konnte das Vorhaben bestätigen, das Thema werde nach den Sommerferien weiter behandelt. Der Ortschaftsrat und sie seien über diese Pläne seit etwa Ende Juli durch OB Kubon informiert worden, berichtet sie.

Migros dementiert

Doch auf Anfrage und entgegen Aussagen in anderen Zeitungsberichterstattungen dementiert die Migros-Tochter die Pläne am gestrigen Nachmittag: "Dieses Projekt wird seitens der Micarna nicht mehr weiter verfolgt", weiß Deborah Rutz, stellvertretende Leiterin der Kommunikationsabteilung von Micarna. Es sei aber korrekt, dass das Unternehmen an der Standortevaluation für einen zweiten Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel ist. Zu Beginn der Projektphase habe es zahlreiche mögliche Standorte, unter anderem einen auch in Süddeutschland, gegeben.

Doch warum ist Weigheim mittlerweile aus dem Rennen? Micarna habe von sich aus zu diesem Thema in letzter Zeit nichts dergleichen kommuniziert, berichtet Rutz weiter. "Schon gar nicht, dass wir den besagten Standort in Deutschland priorisieren würden." Und dies vor allem deshalb, weil das Unternehmen das Projekt mit einem der ausgewählten Standorte in Toggenburg in der Ostschweiz in den vergangenen Monaten vorantreiben konnte. So könnten die kurzen Transportwege unter anderem zu einer weiteren Erhöhung der Tierwohlstandards beitragen.

"Das ist eine neue Information für mich", erklärt OB Kubon dann in einem zweiten Gespräch. Und warum weiß die Stadtverwaltung noch nichts von den geänderten Plänen? Vor rund vier Wochen sei zuletzt intern darüber gesprochen worden, meint das Stadtoberhaupt. "Ich nehme es so zur Kenntnis." Noch einige Stunden zuvor hatte Kubon betont, dass er unabhängig von seiner Befindlichkeit nach allen Seiten offen sei. Ob die Firma hier ansiedeln könne oder nicht, sei eine politische Entscheidung. Im Zuge der Wirtschaftsförderung sei die Anfrage an die Stadt gestellt worden. Deren Aufgabe sei, das Projekt positiv zu begleiten. Kann der Informationsstau also bei Wirtschaftsförderin Beate Behrens liegen, die das Projekt vorantreiben wollte, sich aber derzeit im Urlaub befindet?

Der Oberbürgermeister hält sich bedeckt. Ganz unglücklich über die zerschlagenen Pläne wird er sicherlich nicht sein: "Es ist eine Sache, die sehr viele Emotionen in der Bevölkerung wecken kann und die gut überlegt werden muss", hatte er noch am Vormittag gesagt. Und dabei vielleicht auch an die geplante Schweinezuchtanlage in Bad Dürrheim gedacht, die seit mehreren Jahren die Gemüter erhitzt.