Die Schwenninger Kulturnacht lockt Jahr für Jahr die Massen. Dennoch gibt es an der Ausrichtung der Veranstaltung Kritik. Foto: Archiv

Teilnehmer Rolf Klaiber übt deutliche Kritik an aktueller Konzeption der Veranstaltung.

VS-Schwenningen - Eine Nacht lang die vielfältige Kultur einer Stadt gemeinsam aufblühen lassen – die Grundidee der Langen Kulturnacht begeistert. Neben den vielen aktuell wieder lobenden Stimmen gibt es aber auch kritische. Besonders deutlich ist die von Teilnehmer Rolf Klaiber zu hören.

Seit Jahren ist der Organisator von Härings Kulturcafé, Rolf Klaiber, an der Langen Schwenninger Kulturnacht mit verschiedenen kulturellen Angeboten dabei. Klaiber kritisiert nun nicht die Idee, ganz im Gegenteil. Problematisch sieht er deren Entwicklung: "Immer mehr weg von einer Kulturveranstaltung im engeren Sinne hin zu einem Stadt- und Straßenfest, wie man es mittlerweile in jeder Stadt und in jedem Dorf findet."

"Was ist Kultur?", fragt sich Klaiber, und "ob nicht Sommerfest oder Stadtfest der treffendere Ausdruck wäre". Essen, Trinken und Tanzen gehörten zu einem Fest. "Aber von der ursprünglichen Idee, dass die Stadt eine Nacht lang zeigt, was sie kulturell so drauf hat, entfernt sich die Kulturnacht mehr und mehr", findet er.

Natürlich gehörten traditionelle Speisen wie Cevapcici oder gefüllte Teigtaschen zur Kultur eines Landes – aber es reiche nicht aus, dazu lautstark stundenlang die landesübliche Folklore aus der Lautsprecherbox dröhnen zu lassen, um daraus einen Beitrag zu einer Kulturnacht zu machen. Auch spontane oder geplante Reigentänze machten die Grillstation nicht zum Kulturort.

Klaiber geht es weniger um einzelne Beiträge als vielmehr um die gegenseitige akustische Konkurrenz: Er wolle keinem Akteur, keiner Band oder Gruppe, die in der Kulturnacht einen Beitrag geleistet habe, die Qualität absprechen. "Aber ich möchte mich dafür stark machen, dass die Rezeptionsbedingungen stimmen unter denen die Beiträge aufgenommen werden können." Zu Kultur gehöre immer auch Verweilen, Zuhören und Zuschauen, "eine gewisse Konzentration und Respekt vor den Akteuren", so der gelernte Buchhändler.

Veranstalter in der Pflicht

Als Teilnehmer der Kulturnacht wird er deutlich: "Vom Veranstalter erwarte ich, dass er dies bei der Planung berücksichtigt und ermöglicht. Einfach einladen zum Mitmachen und ›wer will, der darf‹ reicht da nicht", mahnt Klaiber. Eine Kulturnacht sollte räumlich und zeitlich so strukturiert sein, dass nicht das Recht der Lauteren siege. Vielleicht wäre auch Mut zu weniger ist mehr, zu Qualität statt Quantität gefragt – "eben kulturellem Profil".

Sperrzeiten-Verkürzung, Sicherheitskonzepte und Anzahl der Besucher dürften nicht die alleinigen Diskussionspunkte der Veranstalter und der Stadtgesellschaft sein. "So mancher Kulturanbieter hat seit der ersten Langen Kulturnacht die Segel gestrichen", sagt Klaiber.

Kritisch überlegt er als Organisator von Härings Kulturcafé und damit Teilnehmer der Kulturnacht: "Vielleicht sollte auch ich, statt Künstler einzuladen und diesen einen geschützten Raum mit kleiner Bühne anzubieten, überlegen, ob ich dem Konditor meines Vertrauens nicht besser rate, sein Café in dieser Nacht zu schließen, einen Tisch vor die Tür zu stellen, dort mit einem Waffeleisen Waffeln zu backen, coffee to go in Pappbechern zu verkaufen und dazu mit einer leistungsstarken Beschallungsanlage deutsche Volkslieder abzuspielen", so Klaiber enttäuscht. "Es könnten ja die Kings Singers sein. Und das Motto der nächsten Kulturnacht könnte dann lauten "VS dröhnt".

Mit seiner Kritik ist Klaiber nicht allein. Auch Klaus Peter Karger, der selbst 2018 einen Auftritt bei der Kulturnacht hatte, stört sich an der Lautstärke mancher Teilnehmer. "Ich hatte 2018 bei der Kulturnacht einen Auftritt mit ›Dragan & Friends‹ in der Stadtkirche. Es war ein eher ruhiges Programm mit Kammerjazz und der Rezitation von Gedichten. Von draußen drang permanent das Bass-Bummbumm einer oder zweier Partybands in den Kirchenraum, was unsere Darbietung trotz aufwendiger Mikrofonierung und Lautsprechern überlagert und den Zuhörern die Konzentration erschwert hat."

Klaus Peter Karger zog daraus seine Konsequenzen, wie er mitteilt: "Ich habe aber daraus gelernt, dass solcherart Kultur-Programm bei der Schwenninger ›Kulturnacht‹ fehl am Platz ist. Konsequenterweise sollte man sie deshalb in ›Partynacht‹ umbenennen."