Das Team vom Tintenfass: Die vier, Yves (links), André, Mel und Bibi, sind mehr Freunde als Kollegen Foto: Herfurth Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: Tätowiererin Melanie Reischl über die Veränderungen in der Tattoo-Szene

"Die Tattoo-Szene hat sich verändert. Tätowierte sind nicht gleich Assis, aber das ist noch nicht überall angekommen", sagt Melanie Reischl. Die 31-Jährige aus Villingen und hat sich ihren Traum vom eigenen Tattoo-Studio erfüllt.

Melanie Reischl sitzt gelassen auf dem großen, grünen Samtsofa in ihrem Tattoo-Studio Tintenfass in Villingen. Augenscheinlich ist sie von Kopf bis Fuß tätowiert. Wie viele Tattoos sie hat, weiß sie nicht. Aber es gibt noch freie Stellen: "Am Bauch, Rücken, die Rückseite vom linken Bein und die Rückseite vom Oberschenkel am rechten Bein". Das liegt aber nicht daran, dass diese Stellen besonders schmerzhaft sind, sondern die Prioritäten immer bei anderen Körperstellen lagen.

Ihr erstes Tattoo liegt schon lange zurück und die Blumenranke auf dem Fuß gibt es mittlerweile nicht mehr. Jetzt ziert den Fuß ein mehr oder weniger gut erkennbarer Totenkopf mit Blume, den sich Melanie nach einem Jahr Erfahrung als Tätowiererin selbst gestochen hat. "Das war eine richtig dumme Idee. Da muss jetzt bald was Neues drüber", sagt sie und lacht.

Auch den Hals der Tätowiererin zieren bunte Formen. Sie selbst würde vor allem bei Kunden die gerade 18 Jahre alt geworden sind, keine Tattoos an den Hals oder die Hände stechen. "In dem Alter kann man die Tragweite solcher Tattoos noch nicht abschätzen. Die jungen Leute wissen oft noch gar nicht was sie beruflich machen wollen", erklärt sie und findet, dass sie sich jetzt ein wenig spießig anhört.

Ansonsten schmücken die junge Frau viele Blumen, eine Teetasse, ein Regenschirm und vieles mehr – wie ein Gemälde, bei dem der Betrachter immer wieder etwas neues entdecken kann.

Bei ihren Kunden sticht Melanie nicht jedes Motiv: "Ich lehne nationalsozialistische Symbole generell ab. Dazu gehören zum Beispiel auch Bandtattoos von Freiwild oder Böhse Onkelz."

Sind Tattoos salonfähig?

Ins "Tintenfass" verschlägt es nicht nur Banker, Altenpfleger oder Ärzte. Menschen jeden Alters finden dort zusammen. "Wir haben nicht nur junge Kunden, von Mitte 40 bis 73 war schon alles dabei", schmunzelt Melanie. Sie selbst kennt aber die abwertenden Blicke, die Tätowierten häufig auf der Straße zugeworfen werden, nur zu gut. "Im Möbelhaus wurde ich auf der Suche nach einer Küche mal darauf angesprochen, dass die günstigeren Varianten in einer anderen Abteilung stünden, dass ich mir die, die ich gerade anschaue, nicht leisten könnte", berichtet sie. Aber auch bei der Bank oder an der Bushaltestelle gebe es diese Situationen.

Ihre Stimme bleibt ruhig, währendessen sie davon erzählt. Besonders nahe scheinen ihr diese durchaus unangenehmen Momente nicht zu gehen. Aber der Schein trügt. "Solche Situationen sind scheiße, aber ich werde nicht ständig damit konfrontiert. Ich umgebe mich eigentlich mit Menschen, die meine Ansichten teilen."

Woher dieser bittere Beigeschmack bei manchen kommt, wenn es um das Thema Tattoos im Alltag geht, kann sich Melanie nur so erklären: "Bei Tattoos schwingt fälschlicherweise noch ein Knastimage mit, was aber mittlerweile völlig überlaufen ist". Vor allem in Großstädten sei der Körperschmuck normal. Im ländlichen Raum hätten die Menschen noch einen alteingesessenen, traditionelleren Blick auf die Tattoo-Szene, meint Melanie.

Das merkt sie auch bei ihrer Familie. "Meine Mutter fand es ganz schlimm, als ich angefangen habe mich selbst zu tätowieren", sagt die junge Frau. Mittlerweile sei ihre Mutter mehr als einverstanden mit dem Beruf ihrer Tochter. Bei ihrer Verwandtschaft sieht das schon etwas anders aus. "Ein Teil meiner Familie kommt aus Berlin, die sind alles etwas toleranter eingestellt. Das Verhältnis zu der anderen Familienseite aus Villingen und Obereschach ist schwierig. Ich glaube schon, dass ich der Assi bin, in ihren Augen", erklärt Melanie.

Aber die Branche habe sich, seitdem Melanie vor acht Jahren mit dem tätowieren begonnen hat, sehr verändert. "Es wird vielleicht noch etwas dauern, aber Tattoos werden ihren letzten schlechten Ruf noch los", sagt Melanie.

Das Tattoo-Studio Tintenfass ist in der Prinz-Eugen-Straße 10 in Villingen zu finden. Öffentliche Sprechstunden sind donnerstags und freitags von 17 bis 19 Uhr. Weitere Infos gibt es unter: www.facebook.com/tintenfass.tattoos. Am Samstag, 27. Oktober, findet ein "Walk in" statt. Zwischen 11 und 16 Uhr kann jeder ohne Termin im Studio vorbeischauen und sich tätowieren lassen.