Frane Petricevic (links) und sein Kollege Luka Petrovic von der Firma "Aktiv Taubenabwehr" befestigen ein neues Netz gegen Tauben an der bereits verschmutzten Stadtbibliothek. Foto: Parage

Spezialisten installieren neues Netz am Gebäude. "Jetzt haben sie keine Chance mehr." Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - Sie sind eine Plage: Tauben, oder vielmehr ihre Hinterlassenschaften. Am Gebäude der Schwenninger Stadtbibliothek haben die Vögel deutliche Spuren hinterlassen. Künftig soll ein neuer Schutz sie davon abhalten.

"Jetzt haben sie keine Chance mehr", sagt Frane Petricevic. Er ist gerade mit seinem Kollegen Luka Petrovic dabei, an der Stadtbibliothek Netze anzubringen. Mit "sie" meint Petricevic die Tauben, die sich überall am Gebäude niederlassen. Leider bleibt es nicht beim Sitzen: Ihr Kot hinterlässt unschöne Schlieren an der Fassade. Da hilft es auch nicht, dass die Simse und Absätze bereits mit Stacheln versehen sind. An zwei Seiten sollen deshalb neue Netze angebracht werden, damit die Vögel keine Chance haben, überhaupt einen Platz zu erreichen, wo sie sitzen können.

Zuvor allerdings müssen Petricevic und Petrovic auch noch die Simse und Drahtstacheln reinigen. Eine unappetitliche Aufgabe. Noch bis Samstag haben sie zu tun. Im Frühjahr wird ihre Firma zusätzlich noch ein System mit Elektrostangen auf dem Dach anbringen.

Die Männer arbeiten für die "Aktiv Taubenabwehr und Schädlingsbekämpfung GmbH" aus Stuttgart. Dass sich dank ihres Einsatzes endlich etwas ändern könnte an der Tauben-Situation, kann die Inhaberin von Milan Mode, das Geschäft befindet sich hin zum Muslenplatz, noch kaum glauben. "Ich kämpfe seit zehn Jahren", sagt sie, "endlich wird’s was." Genauso lange betreibe sie ihre Boutique, und genauso lange ärgere sie sich schon über den Taubenkot. An einer Ecke, genau vor ihren Schaufenstern, ist es besonders schlimm. Dort sammelt sich der Kot. "Kinder spielen hier", berichtet die Frau. "Das ist ekelhaft, das ist gesundheitsgefährdend!" Immer wieder putze sie dort "als wäre es mein privater Zoo".

Die Frau sieht die Stadt, den Haupteigentümer des Gebäudes, in der Pflicht. Doch die habe zehn Jahre lang nichts getan. Die Dame ist erbost. Hätte man gleich reagiert, wäre die Fassade nicht so dreckig wie es nun der Fall ist, meint sie. Jetzt allerdings, angesichts des Einsatzes der Taubenabwehr-Profis, hat die Geschäftsfrau Hoffnung, dass sich die Situation verbessern könnte.

Vonseiten der Stadt gab es bis Freitagnachmittag leider keine Stellungnahme.

Expertin spricht von einem "Zivilisationsproblem"

Kirsten Deißler leitet bei Aktiv Taubenabwehr die Abteilung für Schädlingsbekämpfung. Sie beschreibt die Taubenplage als ein menschengemachtes "Zivilisations- problem". Die Stadttauben seien nämlich verwilderte Haustiere. Vor allem aber ist es ein Problem, das nicht mehr loszukriegen ist.

Anders als etwa Mäuse und Ratten, dürfen Tauben nicht einmal von sachkundigen Personen getötet werden. Deißler ist promovierte Biologin und kann dies nicht nachvollziehen. "Das ist nicht konsequent." Denn ihrer Meinung nach könnten durch Tierkot immer Bakterien oder Viren übertragen werden. Das macht die Verunreinigungen potenziell gesundheitsschädigend.

Die offizielle Haltung sei indes eine andere: "Es ist nicht wissenschaftlich belegt, dass jede Taube mit Krankheitskeimen infiziert ist. Somit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Taubenkot mit Krankheitskeimen infiziert ist. Im Schluss daraus dürfen Tauben nicht generell getötet werden", beschreibt es Deißler.

Da bleibt nur die Vergrämung, etwa durch Netze, Metallstacheln oder Elektrostangen. Doch damit verlagert sich das Problem nur: auf andere Häuser. Kirsten Deißler möchte, dass sich die Politik dem Taubenproblem stellt, zum Beispiel mit Ausnahmegenehmigungen für Fangaktionen oder Tötungen.

Eine Alternative wären für die Expertin auch die in VS immer wieder diskutieren Taubenhäuser. Dorthin werden die Vögel umgesiedelt, ihre Eier regelmäßig gegen künstliche ausgetauscht. So lässt sich die unkontrollierte Vermehrung stoppen. Doch dies erfordert Personal oder bestenfalls Ehrenamtliche. Und die Taubenhäuser zeigen erst langfristig Effekte, erklärt Deißler.

Zudem muss gleichzeitig "konsequent das Futterangebot reduziert werden". Was in Schwenningen so eine Sache ist. Obwohl die Polizeiverordnung seit Sommer 2017 das Füttern von Tauben nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch im eigenen Garten verbietet, füttert so mancher immer noch. Und nimmt deshalb sogar Bußgelder in Kauf.

Kommentar: Anpacken

Von Verena Parage

Alle Jahre wieder... schlägt das Taubenproblem in VS auf. Kein Wunder, schließlich verschwinden die Vögel nicht einfach so aus der Stadt. Dasselbe gilt leider auch für ihre unschönen Hinterlassenschaften. Die Folgen lassen sich an der Schwenninger Stadtbibliothek deutlich erkennen. Die Fassade ist genauso verschmutzt wie manche Ecke rund ums Gebäude. Dazu kommen unzählige Metallstacheln, die offenbar nicht viel bringen, dafür die Optik zusätzlich stören. Die Expertin Kirsten Deißler fordert ein modernes und langfristig angelegtes Taubenmanagement. Und sie wünscht sich, dass sich der Gesetzgeber endlich dem Problem stellt. Das wäre auch für Villingen-Schwenningen der richtige Weg. Denn von alleine ist noch selten ein Problem verschwunden. Und selbst wenn die Verwaltung es als nicht allzu gravierend ansieht: Für viele Bürger sind die Tauben eine Plage.