Foto: Marc Eich

Fastnachtsmacher in VS haben vor Umzügen mulmiges Gefühl. Prüfer vor Ort. Eltern oft Risikofaktor.

Villingen-Schwenningen - Diese Vorfreude, diese Glückseligkeit...Und doch steigt bei den Fastnachtsmachern aus VS auch ein anderes, mulmiges Gefühl auf: Die Sorge, "dass etwas bei den Umzügen passiert". Ein Risikofaktor sind auch manche Eltern.

Dieses komische Gefühl in der Magengegend begleitet sie alle, ob sie nun zu Narrozunft, Glonkigilde oder Katzenmusik gehören. "An jedem Fasnetsdienstagabend kann ich erst richtig aufatmen", räumt Zunftmeister Joachim Wöhrle von der Historischen Narrozunft ein. Und auch Rolf Müller, stellvertretender Vorsitzender der Katzenmusik, gibt zu: "Jeder hat während der Umzüge ein mulmiges Gefühl und ist gottfroh, wenn nichts passiert. Nicht zuletzt weckt der tragische Unglücksfall in Geislingen, bei dem eine junge Frau von einem Umzugswagen stürzte und überrollt wurde, auch in der Doppelstadt traurige Erinnerungen. Vor mehr als zehn Jahren wurde beim Umzug in Schwenningen ein Kind überfahren, und erst vor wenigen Jahren war eine Umzugsbegleiterin in Villingen unter einen Wagen gekommen und verletzt worden. Glonkivatter Günther Reichenberger hat diese "schlimme Geschichte immer im Hinterkopf, obwohl der Umzugswagen völlig in Ordnung war" und menschliches Versagen eine Rolle gespielt habe.

Zahl der Zugbegleiter wird geprüft

Und dabei tun Stadt, Fastnachtsvereine im Zusammenspiel mit Polizei und TÜV-Prüfern alles, um optimale Sicherheit zu gewährleisten. Für Großveranstaltungen in VS gibt es schon immer individuelle Sicherheitskonzepte, die mit den Beteiligten/Veranstaltern im Detail abgestimmt wurden. Für die Ausarbeitung eines solchen Konzepts für Fastnacht und Kulturnacht wurde sogar ein externer Berater hinzugezogen. Dieses Jahr soll während der närrischen Tage geprüft werden, in wie weit nachgebessert werden müsse. So werde abgecheckt, ob es beispielsweise zu viele oder auch zu wenige Absperrgitter an den Straßen gebe, erläuterte Nicolas Lutterbach, Pressesprecher der Stadt. Auch die Zahl der Zugbegleiter werde geprüft.

Für den TÜV-Sachverständigen Philipp Schreiber gibt es nichts zu deuteln: Alle Wagen, auf denen Personen transportiert werden, müssen vom TÜV abgenommen worden sein. "Im Normalfall", so der Münchner Experte, "müssen die einmal im Jahr zum TÜV." Und genau so läuft es auch in VS ab. Vor den Hohen Tagen klappern Mitarbeiter des örtlichen TÜV alle Umzugswagen ab und überprüfen die Verkehrssicherheit; ob die Bremsen funktionieren oder die Achslasten packen. Ein besonderes Auge haben die TÜV’ler auch auf die Brüstungen, die bei Umzugswagen Pflicht sind, um mitfahrende und feiernde Narren zu schützen: "Die Brüstung muss ein Meter hoch sein und fest mit dem Wagen verankert sein", stellt Schreiber die Vorgabe dar. "Diese Brüstungen müssen auch so fest sein, dass sie den normalen Druck aushalten können." Bilanz des Prüfers: "Die meisten Narrenvereine ziehen mit, nur wenige betrachten die Abnahme als eine Schikane."

Für Rolf Müller von der Katzenmusik ist die TÜV-Abnahme "jährliche Pflicht". Die Prüfer kommen selbst bei den Vereinen und in den Hallen vorbei, erzählt er. "Alle Wagen werden von den TÜV-Leuten inspiziert, das ist schon seit vielen Jahren so." Zudem, so Müller und Zunftmeister Joachim Wöhrle, spielt auch der örtliche Fastnachts-TÜV eine Rolle: Bei diesem Termin schauen Vereinsvertreter, gemeinsam mit Bürgeramt und Polizei, alle Wagen an. Dann geht es auch um die Verkleidungen. Aus Sicherheitsgründen dürfen die höchstens 20 Zentimer über dem Boden sein.

Eigentlich könnten die Fastnachts-Oberen recht beruhigt in die närrischen Tage gehen. "Klar, ein Restrisiko bleibt immer", so Rolf Müller. Und Wöhrle hat noch ganz andere Gründe für sein Unbehagen. Schon seit Jahren beobachtet er immer wieder die gleiche Straßenszene oder bekommt solche Szenarien geschildert: Eltern warten am Straßenrand auf die Umzugswagen und vor allem auf die vielen Süßigkeiten, die die spendablen Zünfte und Vereine in die Menge werfen. Was nicht nur bei Wöhrle das Adrenalin nach oben treibt: Immer wieder heben Väter oder Mütter ihre Kinder über die Absperrgitter, damit die schneller einen der vielen Malzer ergattern können. Glonkivatter Reichenberger wird deutlich: Es sei "purer Blödsinn", wenn sich Eltern so verhalten. "Für die Zugbegleiter ist das Stress pur. Und wenn dann etwas passiert, dann sind wir doch wieder die Dummen."