In die Berufung ging ein Prozess wegen sexuellen Missbrauchs. In erster Distanz wurde der Angeklagte vom Richter freigesprochen. Aufgrund zahlreicher Widersprüche der Zeugenaussagen plädierte auch der Staatsanwalt in erster Distanz für einen Freispruch. Foto: Murat

51-jährigen psychologischer Berater in erster Verhandlung freigesprochen. Mutmaßliches Opfer geht in Berufung.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Vor einem Jahr hat das Amtsgericht Villingen einen heute 51-jährigen psychologischen Berater vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs zweier Patientinnen nach dem Zweifelsgrundsatz freigesprochen. Jetzt ging es trotzdem in die nächste Verhandlungsstufe.

Auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft plädierte damals aufgrund zahlreicher Widersprüche in den Zeugenaussagen auf einen Freispruch. Eine der Frauen, welche der Angeklagte unter Ausnutzung des Beratungsverhältnisses in einem Fall zum Sex verführt haben soll, nahm den Freispruch hin. Nicht so eine inzwischen 46-jährige mutmaßlich Geschädigte, deren Anwältin ebenfalls Nebenklage erhoben hatte.

Die Frau aus dem Raum Heidelberg behauptet nach wie vor, der Klinikmitarbeiter habe ihre psychisch labile Verfassung damals vier Mal ausgenutzt, um Sex mit ihr haben zu können. Deshalb ging sie vor dem Landgericht Konstanz in Berufung. Dort zeigte sich jetzt, dass der Sachverhalt äußerst schwierig aufzuklären ist. Nach einem außerordentlich langen Verhandlungstag mit der Vernehmung von zehn Zeugen vertagte sich das Gericht. Weitere Zeugen sollen zu diesem Fall geladen werden.

Ein neues Urteil wird es nicht vor Mitte März geben. Die 46-jährige Frau hatte vor dem Amtsgericht berichtet, sie habe sich damals zu einer Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik im Schwarzwald-Baar-Kreis aufgehalten, in welcher der Angeklagte angestellt ist. Wie jetzt bekannt wurde, betreut er dort seit Beginn des Verfahrens nur noch männliche Patienten. Der Mann habe ihr Komplimente gemacht, sie als "sehr schöne Frau" bezeichnet und so ihr Vertrauen gewonnen.

Vier Mal habe er sich mit ihr in ihrem Zimmer verabredet. Dort habe er sie zum Sex verleitet. Sie habe das aufgrund ihrer schlechten psychischen Verfassung nach einer Gewalterfahrung nicht wirklich gewollt. Gewalt habe er nicht angewendet. Aber er habe behauptet, er sei nach seiner Scheidung wieder Single und würde sie gerne heiraten. Auch habe er ihr versprochen, sie niemals mehr im Stich zu lassen.

Im Berufungsprozess wurde die Frau jetzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt. Der 51-jährige Familienvater wies ihre Behauptungen weit von sich: "Ich habe meine Ehefrau, sie ist die Schönste", beteuerte er. Es sei ihm in seiner Tätigkeit überhaupt nicht erlaubt, mit Patienten privaten Kontakt aufzunehmen. "Ich bin hier das Opfer, nicht der Täter", meinte er. Die Frau leide seiner Vermutung nach unter wahnhaften Vorstellungen: "Das sind Krankheiten, Fantasien, mehr nicht." Die Patientin habe ihm ständig nachgestellt, ihn fotografiert und ihm SMS geschrieben. Seine private Handynummer habe sie durch heimliche Recherchen herausgefunden. Dass auch er ihr nachweislich zumindest eine SMS geschrieben hatte, gab er zu. Doch der Wortlaut "Ich vermisse dich", den er in ihrer Landessprache geschrieben hatte, sei falsch übersetzt worden. Er habe nicht sie vermisst, sondern irgendetwas. Komplimente habe er ihr lediglich gemacht, um sie seelisch zu stärken. Dass sie nun so etwas behaupte, sei Teil einer Verschwörung gegen ihn.

Sie und die andere Patientin, die ihn beschuldigt hätten, hätten ihm eins auswischen wollen. Und ein Kollege, von dem er gemobbt worden sei, habe gegen ihn ausgesagt, weil er sich rächen wollte. Der Prozess wird fortgesetzt.