Ulrich Sommer (von links), Martin Ragg, Sven Hinterseh, Jürgen Werner, Herbert Zinell, Karl Rombach, Manfred Molicki und Fritz Link beim Demografiekongress. Foto: Schück

"Das Matriarchat ist auf dem Vormarsch". An der Dualen Hochschule Forschungsprojekt zu Niedereschach und Königsfeld vorgestellt.  

Schwarzwald-Baar-Kreis - Ministerialdirigent Herbert Zinell sieht das Matriarchat im demografischen Wandel eindeutig auf dem Vormarsch. »Später werden die Frauen das Ruder übernehmen« ist der Politiker aus Stuttgart überzeugt.

Er war einer der Referenten beim dritten Schwenninger Demografiekongress an der Dualen Hochschule in Schwenningen. Anlass für die  These des früheren Schramberger Oberbürgermeisters, der mindestens 98 werden will,  ist dass laut Statistischem Landesamt die Zahl der Hochbetagten steigt. 70 Prozent von ihnen sind aber Frauen.

"Wir wollen Lösungen für ein schwieriges Thema finden"

"Wir wollen Lösungen für ein schwieriges Thema suchen. Das Thema ist angekommen, das zeigt der Besuch", freute sich der Rektor der Dualen Hochschule, Jürgen Werner, der auf das 40-jährige Bestehen der Dualen Hochschule hinwies,  welches im Oktober mit einem Festakt in der  Neuen Tonhalle und Erwin Teufel als Festredner gefeiert  wird. »Wir wissen, dass wir mitten im demografischen Wandel stehen«  erklärte Landrat Sven Hinterseh und lobte, dass die Duale Hochschule das Thema positiv gestalte. Schon seit 2011 beschäftige sich der Kreis mit dem demografischen Wandel, »aber nicht mit dieser Qualität«.

Unter anderem der Aufbau eines flächendeckenden Glasfasernetzes sei in  der Strategie enthalten, die als »Vorwärtsstrategie für die nächsten Jahre« angelegt sei.  Die Demografie-Strategie des Nachbarlandes Schweiz, beziehungsweise Schaffhausen, hat der Landkreis im Blick, außerdem sollen einzelne Städte und Gemeinden, wie zum Beispiel Villingen-Schwenningen, Tuningen, Bad Dürrheim und möglicherweise Singen in die Strategie integriert werden.

»Ich finde Ihr Demografie-Projekt vorbildlich, stelle aber auch das nicht unter den Scheffel, was der Landkreis macht«, lobte Herbert Zinell ein Forschungsprojekt, das der ehemalige Rektor der DHBW, Ulrich Sommer, wissenschaftlich betreut. Am konkreten Beispiel von Niedereschach und Königsfeld untersuchten er und Matthias Lajer die »Entwicklung kommunaler Handlungsstrategien von Gemeinden in der Region Schwarzwald unter Aspekten des demografischen Wandels«.Im Jahr 2030 werden nur  47 Prozent der Bevölkerung im Kreis zwischen 20 und 60 Jahre alt sein, sogar nur noch 16 Prozent unter 20 Jahren.

Die 218 Handlungsempfehlungen der Strategie  des Kreises wurden auf die beiden Gemeinden »heruntergebrochen«. Sie  sind trotz nahezu gleicher Einwohnerzahl unterschiedlich strukturiert. Während in Niedereschach die Wirtschaftskraft eine Rolle spielt, ist es in Königsfeld der »Wellnesscharakter«., wie Sommer sagte. Die Kaufkraft ist unterschiedlich, und die über 75-jährigen sind die drittstärkste Bevölkerungsgruppe  in Königsfeld. Nach vier Phasen, die die Diskussion erforderlicher Maßnahmen in Arbeitsgruppen und anschließend die Entwicklung von Handlungsstrategien und Begleitung der Realisierung vorsehen ist, als fünfte Phase eine Erweiterung des Projektes auf Tuningen, Bad Dürrheim, Singen sowie eventuell Österreich und die Schweiz vorgesehen.

»Ziel ist nicht Utopie«, so erklärte Sommer: »Königsfeld ist eine Perle im Schwarzwald«, meint er. Allerdings vermisst er an seinem Wohnort beispielsweise schnelles Internet. »Die kulturelle Landschaft ist in Niedereschach weniger ausgeprägt«,  stellte er fest. In Königsfeld sei die Beherbergungstruktur in den 50 er, beziehungsweise 60 erJahren stehengeblieben, während die Gemeinde mit dem »Solara« über ein tolles Schwimmbad verfüge. Das Burgspektakel auf der Ruine Waldau und die Initiative »Kukuk« hob er als Pluspunkte hervor.

Starkes wirtschaftliches Profil, Heimatmuseum und Taubenmarkt sind Stärken Niedereschachs, mangelnde Kleinkindbetreuung, wenig Gastronomie und Belästigung durch Baumaßnahmen sind Schwächen. Selbstbild und Fremdbild des Ortes wurden in Interviews, unter anderem auch in Villingen-Schwenningen, ermittelt. Als Handlungsfelder definiert wurden anschließend Familie und Beruf  (Überprüfung der Öffnungszeiten der Kindergärten); Innenentwicklung (Ansiedlung  von  Königsfeld affinen Geschäften ) und Mobilität (besserer ÖPNV-Takt, beispielsweise  benötigt man 70 Minuten von Königsfeld nach Schwenningen).

Weitere Bereiche sind Bürgerschaftliches Engagement (mögliche Projekte Fotowettbewerb, Bürgerbrunch) sowie Jugend und Sport (mögliche Projekte W-Lan-Party in der Schule und höherer Bekanntheitsgrad des Schwimmbades in Niedereschach).  Eine Podiumsdiskussion mit Herbert Zinell, Sven Hinterseh, Fritz Link (Bürgermeister Königsfeld), Martin Ragg (Bürgermeister Niedereschach) sowie Manfred Molicki (Königsfeld) und Walter Pankoke (Niedereschach) schloss sich an.