Luitgard Schmieder, Ursula Bihl und Reinhold Hummel machen auf die prekäre Situation in der Schuldnerberatung aufmerksam. Es fehlt Sandra Münch, Schuldnerberaterin des Caritasverbandes. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Schuldnerberatung: Erwerbstätige, Rentner und Selbstständige müssen lange warten / Psychosoziale Situation verschlimmert sich

Schwarzwald-Baar-Kreis "Überschuldete brauchen starke Beratung", unter diesem Motto steht die diesjährige Aktionswoche der "Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände", die für die Notwendigkeit einer qualifizierten und sozialen Schuldnerberatung sensibilisieren soll.

Zehn Prozent der Deutschen haben 2015 wegen finanzieller Probleme eine der bundesweit 1400 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Anspruch genommen. Eigentlich wären es viel mehr, doch nicht jedem Schuldner ist der Zugang zur Hilfe möglich, da "die Schuldnerberatung nicht bedarfsdeckend ist", sagt Luitgard Schmieder vom Diakonischen Werk.

Die empfohlene Quote – ein Berater für 25 000 Schuldner – werde auch im Schwarzwald-Baar-Kreis massiv unterschritten. Statt 8,4 Beratungskräfte in Vollzeit seien es nur drei. Im Gegensatz zur Unterstützung für Suchtkranke gebe es für Schuldner keine gesetzlich geregelte und finanzierte Infrastruktur, moniert auch Reinhold Hummel, Schuldnerberater bei der Diakonischen Ortsstelle Schwenningen.

So haben verschuldete Menschen nur dann einen Rechtsanspruch auf Beratung, wenn sie Hartz IV oder Sozialhilfe erhalten.

Erwerbstätige, Rentner und Selbstständige haben das Nachsehen und lange Wartezeiten mit der Folge, dass sich ihre psychosoziale Situation weiter verschlimmert und sie hohe gesellschaftliche Folgekosten produzieren. "Nicht selten werden sie dann auch noch Opfer unseriöser Anbieter", weiß Hummels Kollegin Ursula Bihl.

Zwar wurde vor wenigen Jahren der Kontopfändungsschutz neu geregelt, aber so unzureichend, dass es jetzt immer wieder zu unnötigen "Doppelpfändungen" komme. Die im Gesetz benannten Stellen zur Ausstellung einer P-Kontobescheinigung, die das verhindert soll, fühlen sich in der Praxis fachlich überfordert und erklären sich häufig für nicht zuständig, bemängelt Luitgard Schmieder. Grundsätzlich sei eine der Ursachen für Überschuldung, dass die Regelsätze nach SGB II und XII zu niedrig und nicht langfristig existenzsichernd seien, da sind sich alle drei Schuldnerberater einig. Und verschuldeten Selbstständigen müsse der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht werden, um Beitragsschulden zu vermeiden, fordern sie.