Dreh zum neusten Video der Villinger Rap-Formation "Rap Squad one, war voller Körpereinsatz von der Band und den Komparsen gefragt. Fotos: Marc Eich Foto: Schwarzwälder-Bote

Komparsenrolle: Beim Musikvideodreh von "Rap Squad One" geht es für mich in die 1920er-Jahre

Lautes Gegröhle, Rauch, der in dicken Schwaden zur Decke steigt, jede Menge Bier und ich befinde mich mitten in den 1920er-Jahren. Während im Schankraum der rustikalen Gaststätte "Ackerloch Grillschopf" gevespert wird, geht im hinteren Barbereich die Post ab. Statt in Unterkirnach, im tiefsten Schwarzwald zu sein, tauche ich in die schillernde Welt der Goldenen 20er in Amerika ein.

Während die Männer größtenteils Hemden, Hosenträger und große Hüte tragen, die ihnen den Look eines Dandys geben, schmücken sich die Frauen mit glitzernden Charleston-Kleidern, Perlenketten und Haardekorationen. Das "starke Geschlecht" legt Flushes und Straßen, die Damen ziehen nur gelangweilt an ihren Zigarettenspitzen. Wenn sich nicht Mario Hegewald gelegentlich mit seiner Videokamera um die Barbesucher schlängeln würde, wäre die Illusion perfekt.

Auch ich bin heute eine von ihnen, Beobachter und gleichzeitig Komparse in der Szenerie. Es handelt sich um eine Aktion, wie sie an Fannähe kaum zu übertreffen ist. Die Villinger Musiker von "Rap Squad One" hatten per Facebook einen Aufruf gestartet, um Komparsen für ihr neues Musikvideo zu finden. Und die kamen in Scharen herbei: Bewunderer, Arbeitskollegen, Familie, Geliebte, Freunde, Musikinteressierte – und ich, zwischen Neugier über die Produktion eines Musikvideos und echter Begeisterung für den Stil von Patrick, Andi, Ilja, Denis und Alex.

Zuerst läuft es recht unspektakulär ab. Ich esse etwas, trinke Bier, unterhalte mich mit den anderen Komparsen und mache mir ein Bild von der Location – bis ich merke, dass die Kamera längst läuft. Siedend heiß fällt mir auf, dass ich auf keinen Fall hineinschauen soll. Das hat Andi, der für Konzeption und Umsetzung der "Rap Squad One"-Videos verantwortlich ist, allen im Vorfeld erklärt. Während ich also Bier trinke und mich krampfhaft davon ablenken will, in die Kamera zu schauen, die meinen Blick magisch anzieht, treffe ich Markus Weber. Er kennt die Villinger Rapper, die ihre Gruppe 2002 gegründet haben, erst seit fünf Monaten, doch hat gleich erkannt: "In dem, was die machen, steckt Herzblut". Ihm imponiert, wie die fünf Jungs neben dem beruflichen Alltag unablässig Songs in ihrem Tonstudio aufnehmen und Videos drehen.

Erst im Januar veröffentlichten Patrick und Andi, alias Richard Lykson und San Andreas, ihren Song "Arsch der Welt". Als Langzeitprojekt hat die Rapgruppe vor zwei Jahren ihre Serie "Mitgehangen, mitgefangen" gestartet. Die verschiedenen Lieder bilden in Verbindung mit den Musikvideos eine Geschichte. Während Andi in Episode 1 ("Blind sein") den Mann, mit dem ihn seine Auserwählte betrogen hat, im Affekt erschlägt, geht es in "C’est la vie" und "Haarmonie" um seine Verhaftung, die Flucht aus dem Gefängniswagen und die Vernehmung. Bei "Immer wieder" fährt die Gruppe im Oldtimer durch den Schwarzwald. Dabei bleiben die Jungs bei ihrem Stil, Rap mit melodischen Country-Sounds zu verfeinern.

"Schenk nochmal nach", bei dessen Dreharbeiten ich bin, wird der fünfte Teil. Durch ein Missverständnis, bei dem wieder einmal eine Frau der Auslöser ist, eskaliert die Situation und es kommt zur Kneipenschlägerei, ehe sich alle nachschenken und feiern, als sei nichts geschehen.

Gast ist auch der Amerikaner Michael Rodgers, der aus seiner Heimat Cowboyhut, Colt und echte Pokerchips mitgebracht hat. Höhepunkt des Drehs, bei dem ich langsam lerne, mich trotz Kamera ganz normal zu verhalten, sind die aus Zuckerersatz gemachten Bierflaschen. Sie wirken täuschend echt, schmecken aber nicht so gut, wie man es sich vorstellt, stellt Patrick fest. Umso genialer ist der Effekt in der Zeitlupe, wenn die Bierflasche auf dem Kopf des Widersachers zerberstet. Das entlockt sogar dem kritischen Regisseur Andi ein anerkennendes "Wow".

Mancher Komparse nimmt seine Rolle besonders ernst. Männer und Gläser werden über den Tisch geworfen, Fäuste und Flaschen fliegen und ich muss mein erschrockenes Gesicht mittlerweile nicht einmal mehr spielen. Dank des entspannten Teams komme ich mir vor wie bei einer Party. Und der Song "Schenk nochmal nach" entwickelt sich bei mir schon nach zweimaligem Hören zum Ohrwurm.

Als ich schließlich nach einigen Stunden Dreh "entlassen" bin, weil die Männer noch einzelne Prügelszenen drehen, bin ich schon gespannt auf das Ergebnis. "Die Leute sind cool und man kommt sich einfach vor wie in so einer Bud Spencer Story", kann es auch Markus Weber kaum erwarten, das Video zu sehen.

Weitere Informationen: Das Ergebnis der Dreharbeiten findet man unter www.youtube.com/watch?v=LZZHwCvQfNY