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Porträt / Martin Fetscher ist Amtsleiter im Landratsamt / Familie lebt in Villingen

"Abfall ist interessanter, als man denkt" – der das sagt kümmert sich von Berufs wegen um all jene Dinge, die die Bürger des Schwarzwald-Baar-Kreises loswerden wollen. Martin Fetscher ist im Landratsamt der Leiter des Amtes für Abfallwirtschaft und Vorgesetzter von rund 30 Mitarbeitern.

VS-Villingen. Vor 47 Jahren wurde er in Hüfingen geboren, er wuchs in Hondingen auf, legte sein Abitur in Donaueschingen ab und studierte Geologie in Tübingen. Nach Tätigkeiten in verschiedenen Ingenieurbüros, zuletzt im Remstal, fand Martin Fetscher 2002 den Weg zurück in die Heimat.

Das Landratsamt suchte damals einen Fachmann für den Betrieb und die Stilllegung der Deponie Hüfingen. Seit 2005, seit Hausmüll in Deutschland nicht mehr abgelagert, sondern verbrannt wird, ist die Deponie zwar geschlossen, ihre vollständige Abwicklung dauert laut Fetscher aber noch Jahrzehnte.

Seine Zuständigkeit wechselte 2007. Da übernahm er im Amt für Wasser und Bodenschutz Verantwortung für Altlasten, Bodenschutz, Erdwärme und kommunales Abwasser. Seit 2012 ist Martin Fetscher Amtsleiter für die Abfallwirtschaft und damit sowohl "öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger" als auch "Abfallrechtsbehörde". Soweit das Amtsdeutsch.

Als Entsorgungsträger haben er und sein Team sich dem Abfall aller Privathaushalte im Landkreis anzunehmen, als staatliche Verwaltungsbehörde kontrollieren sie unter anderem die 14 von den Kommunen betriebenen Erddeponien für unbelasteten Erdaushub. Der gesetzliche Auftrag der Müllentsorgung enthält auch die Aufklärung der Bürger über Müllvermeidung und bei diesem Thema wird Martin Fetscher leidenschaftlich. Sein Amt betreibt einen Online-Verschenkmarkt und hat kürzlich dazu auch eine "Abfall-App" freigeschaltet. Dinge, die der eine nicht mehr haben will, ein anderer aber gebrauchen kann, wechseln so die Besitzer.

Auch die rund 40 Warentauschbörsen, die im Kreis im Laufe eines Jahres je zweimal meist von örtlichen Vereinen durchgeführt werden, hat das Abfallwirtschaftsamt initiiert. "Dort kümmern wir uns dann um den Abtransport der allerletzten Reste", sagt Fetscher. Die Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern, um Abfall zu vermeiden, ist ihm ein Anliegen, die "geplante Obsoleszenz", das heißt, das vom Hersteller praktisch eingebaute Nutzungsende, ein Dorn im Auge. "Aber hier sind der Gesetzgeber und die Marktüberwachung gefragt", sagt er.

Vorurteile widerlegt

Wer Abfälle entsorgt, hat mit Vorurteilen zu kämpfen. Martin Fetscher kennt sie alle. Und widerspricht. Glascontainer werden – entgegen der Wahrnehmung mancher Bürger – tatsächlich sortenrein geleert. "Das Fahrzeug hat entsprechende Kammern, die man von unten natürlich nicht sehen kann". Auch das Argument "es wird eh alles verbrannt" zieht nicht. Neben dem Restmüll landen aus den Leichtverpackungen im Gelben Sack nur die Sortierreste im Müllheizkraftwerk Göppingen. Ihre Verbrennung liefert Strom, der ins Netz eingespeist wird und Wärme, die vor Ort das Schwarzwald-Baar-Klinikum beheizt.

Abfall kann aber auch zu einem "Ersatzbrennstoff" werden. Aussortiert und entsprechend aufbereitet ersetzt er vielerorts die importierte Steinkohle, mit der zum Beispiel Zementwerke befeuert werden. Biomüll wird zu wertvollem Kompost. Es sei denn, er wird, was laut Fetscher leider immer noch zu häufig vorkommt, weshalb jetzt Biomüllkontrollen eingeführt wurden, in Plastiktüten entsorgt. Den Kunststoff – auch der "biologisch abbaubaren" Biomülltüten – herauszufiltern, "das schafft unsere Anlagentechnik leider noch nicht", sagt er.

Eine aus Sicht der Entsorgungswirtschaft "wertvollsten Fraktionen" des Abfalls sei Zeitungspapier, da es vergleichsweise mühelos zu neuen Papierprodukten recycelt werden kann. Und es gilt als idealer Ersatz für die Plastiktüte in der Biomülltonne.

Für Martin Fetscher steht fest: "Mülltrennung macht Sinn". Sie für die Menschen praktikabel zu halten, darin sieht er ebenfalls seine Aufgabe. Ein Beispiel: Obwohl das Abfallwirtschaftsamt nicht für den Gelben Sack zuständig ist und deren Entsorgung lediglich einer Abstimmung mit dem "Dualen System" bedarf, habe man sich dafür eingesetzt, dass das zeitweise wenig reißfeste Material des Sackes ersetzt wurde.

Martin Fetscher lebt mit seiner Frau und vier Söhnen in Villingen, bläst das Alphorn und ist gerne zu Fuß oder mit dem Rad in den Bergen unterwegs. Sein Studienfach, die Geologie, interessiert ihn in Form von Fossilien bis heute, ein Hobby, das er schon als Heranwachsender liebte.

In Sachen Abfall wollen die Fetschers mit gutem Beispiel vorangehen. Sie kompostieren selbst für den Bedarf ihrer Obstbäume und Rosensträucher und trennen den Restmüll (graue Tonne), vom Papier (grüne Tonne) und die Leichtverpackungen für den Gelben Sack.