Herbert Riegger, Hans-Joachim Bürner, Steffen Vogt und Max Bammert wollen mit Lesungen der Bestseller-Autorin Lilly Lindner zum Thema sexueller Missbrauch wachrütteln. Foto: Spitz Foto: Schwarzwälder-Bote

Lions Clubs, Weisser Ring und Initiator Steffen Vogt laden zu Lesungen mit Autorin Lilly Lindner ein / Termine an Schulen und für Jedermann

Von Cornelia Spitz

Schwarzwald-Baar-Kreis. Das Schweigen zu sexuellem Missbrauch zu brechen, dieses Ziel hat eine Reihe von Lesungen mit der Erfolgsautorin von "Splitterfasernackt". "Lilly Lindner stößt Türen auf, an denen andere noch nicht einmal geklingelt haben", meint der Initiator Steffen Vogt.

"Hinschauen, handeln!", so titelt das Projekt mit Autorenlesungen von Lilly Lindner in verschiedenen Schulen im Schwarzwald-Baar-Kreis sowie mit zwei Terminen für die Öffentlichkeit. Wieder sitzen die Lions Clubs Villingen und Schwenningen mit ihrer Freizeitwerkstatt und der Weisse Ring in einem Boot. Dieses Mal hat sie eine Initiative des Villingers Steffen Vogt zusammengebracht. Er ist vorrangig als Musiklehrer und Musiker in der Region bekannt, bei diesem Projekt aber ist er vor allem eines: daran interessiert, das Schweigen um das Thema sexueller Missbrauch zu brechen.

Und wer könnte dabei eher behilflich sein als eine, die ihr Schweigen längst gebrochen und über ihr Schicksal geschrieben hat? Schon als Lilly Lindner in der "Leute"-Sendung des Südwestrundfunks interviewt worden war, stand für Vogt daher fest: "Die will ich in Villingen haben." Und als der freie Musiklehrer das dann auch noch dem ehemaligen Rektor der Bickebergschule Hans-Joachim Bürner erzählt hatte, war der Kreis der Unterstützer sprunghaft gewachsen – die Freizeitwerkstatt der Lions Clubs Villingen mit Hans-Joachim Bürner und Schwenningen mit Herbert Riegger sowie der Weisse Ring mit Max Bammert sind nun mit von der Partie.

Die Seele des Projekts ist ohne Zweifel die Erfolgsautorin selbst. Hand und Fuß bekommt die Aktion durch den Weissen Ring, der einen Infostand im Foyer aufbaut und reichlich Informationsmaterial des Arbeitskreises Sexuelle Gewalt mitbringt, in dem 17 Institutionen aus dem gesamten Landkreis mitwirken. Die Lesungen mit Lilly Lindner sollen keine Outing-Veranstaltung für Opfer sexuellen Missbrauchs sein, trotzdem liegen die Risiken und Nebenwirkungen auf der Hand: Die 1985 geborene Lilly Lindner wurde im Alter von sechs Jahren selbst missbraucht, erfuhr Gewalt und richtete diese dann gegen sich selbst – sie fügte sich selbst ritzend Wunden zu, wurde magersüchtig und prostituierte sich. Und all das schildert und verarbeitet sie in ihren Werken so wortgewaltig, packend, schockierend und berührend, dass es unweigerlich unter die Haut geht.

Gelesen wird bei den Veranstaltungen aus dem autobiografischen Werk "Splitterfasernackt" und dem Roman "Bevor ich falle" – jede teilnehmende Schule erhält im Vorfeld einen Doppelsatz dieser Bücher samt Handout, wie man die Schüler damit auf die Lesungen vorbereiten kann.

Über etwas zu schreiben, das man selbst erlebt hat, meint Herbert Riegger vom Lions Club, sei natürlich leichter. Trotzdem hat Lilly Lindner auch die Pädagogen mehr als verblüfft: "Sie hat eine Wortgewalt, die ist zum Niederknien. Wenn man jemanden hat, der das so transportieren kann wie sie, muss man diese Chance nutzen", steht für Hans-Joachim Bürner fest. Auch Max Bammert vom Weissen Ring erkennt die Chance, die die Veranstaltungen bietet. Als Vertreter eines gemeinnützigen Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten weiß Bammert um die Vielzahl derer, die eben in keiner Statistik auftauchen können: 40 Kinder werden täglich in Deutschland Opfer sexueller Gewalt, "aber die Dunkelziffer ist enorm, es dürfte das Acht- bis Zehnfache sein", erklärt er und setzt hinzu: "Wir wollen, dass darüber geredet wird!"

Erreichte das Präventionsprojekt "Pfoten weg!" in Kooperation mit der Konstanzer Puppenbühne im vergangenen Jahr über 1000 Grundschüler, richten sich Lilly Lindners Lesungen etwa an Jugendliche ab 14 Jahren. Wichtig: Für die Schüler herrscht kein Teilnahmezwang und die Lesungen finden außerhalb der Unterrichtszeit statt. In Villingen werden das Hoptbühl- und das Romäusring-Gymnasium, in Schwenningen das Deutenberg Schulzentrum und in Königsfeld die Zinzendorfer Schulen Veranstaltungsorte sein – manche weitere Schulen nehmen diese Gelegenheiten ebenfalls wahr.

Weitere Informationen: Öffentliche Lesungen mit der Erfolgsautorin Lilly Lindner, die jeder Interessierte besuchen darf: Dienstag, 10. November, 19.30 Uhr, St. Fidelis in Villingen; Mittwoch, 11. November, 19.30 Uhr, Audimax Polizeihochschule Schwenningen.