Nach dem Kompromiss mit der Stadt können die Reiter der Bürgerwehr weiter dort Platz nehmen, wo sie seit langem sitzen: auf dem Pferdesattel. Foto: Eich

Kompromiss: Reiter bekommen keine Rosskur. Training als Prüfung und eine Selbstauskunft. Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - Das hält ja kein Pferd aus: Gelassenheitsprüfung, Reitstundennachweis. Die Reiter der Bürgerwehr dachten schon an eine Umzugsabsage für die Fastnacht ’19. Nun sieht alles nach einem Kompromiss aus: Sie bekommen keine Rosskur verpasst.

Was war die Aufregung vor der Weihnachtspause groß, vor allem unter den erfahrenen Reitern der Historischen Bürgerwehr Villingen. Weitere Auflagen aus dem Ordnungsamt der Stadt sollten sie erfüllen: Doch ob es um die Verpflichtung zu einer Gelassenheitsprüfung oder einem Reitstundennachweis ging: Die Schmerz- und Machbarkeitsgrenze war erreicht. "Im Augenblick ist das von unserer Seite nicht erfüllbar", kommentierte der Bürgerwehr-Vorsitzende Karl-Heinz Schwert die geplanten Einschnitte. Die Furcht war berechtigt: Ist das das Ende der berittenen Umzugsteilnehmer in VS? "Bloß nicht", entfährt es nicht nur einer Doppelstädterin, "das ist doch mit das schönste am ganzen Umzug."

Erleichterung groß

Karl-Heinz Schwert gibt nach den Gesprächen von Anselm Säger, Zunftmeister der Historischen Narrozunft Villingen und damit automatisch Vorstandsmitglied in der Bürgerwehr, Entwarnung. "Wir freuen uns, dass wir reiten dürfen." Mit dem gefundenen Kompromiss "sind wir auf dem richtigen Weg." Noch habe er jedoch nichts Schriftliches in der Hand, fügt er vorsichtig hinzu. Vor vier Wochen hörte sich das Gespräch mit dem Bürgerwehr-Chef anders an: "Wenn die Vorschriften so bleiben, sehen wir uns nicht in der Lage zu reiten."

Die Erleichterung über den gefundenen Kompromiss ist nicht nur Schwert, sondern auch Zunftmeister Anselm Säger, deutlich anzumerken. Nach den Vorgaben vom Vorjahr, Stichwort Begleitpersonal und Notfall-Knopf, und den damit "durchaus akzeptablen Maßnahmen" dachte nicht nur der Zunftmeister, dass nun Ruhe im Bezug auf Sicherheits-Auflagen einkehren würde. Und dann seien plötzlich weitere Reglements für die Reiter auf dem Tisch gelegen. Die Unruhe und die Entrüstung waren entsprechend groß. Um so erfreulicher, so Säger auf Anfrage des Schwarzwälder Boten, sei das Gespräch mit Ordnungsamtsleiter Ralf Glück und der Stadtspitze gewesen: "Alle Seiten waren wirklich sehr darum bemüht, eine tragbare Lösung zu finden."

Das Fazit der Unterredung: Statt einer Gelassenheitsprüfung gibt sich die Verwaltung dem Vernehmen nach auch mit einem Gelassenheits-Training zufrieden: Dabei sollen Pferde im Vorfeld der "Hohen Tage" möglichen Stresssituationen, wie sie beim Umzug auftreten können, ausgesetzt werden: platzende Luftballons, knallende Peitschen, aber auch lauter Musik, ein plötzlich aufgehender Regenschirm, wechselnder Untergrund. Und: Statt einem "fast nicht umsetzbaren" Reitstundennachweis lässt man es nun mit einer Selbstauskunft der Reiter gut sein. "Das sollte auch reichen", sind sich Säger und Schwert einig. Zugeknöpft zum Thema gibt sich dagegen die Pressestelle der Stadt: Zum Sicherheitskonzept könne man noch keine konkreten Aussagen treffen.

Sägers klare Ansage

Doch der engagierte Zunftmeister denkt weiter und an mögliche zusätzliche Auflagen in der Zukunft. Die Tradition, bekräftigt er, lasse er nicht kaputt machen. "Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, damit Pferde auch weiterhin durch die Innenstadt laufen können."

Kommentar: Glück gehabt

Von Eva-Maria Huber

Wenn das nicht ein Grund zum Wiehern und zur Freude ist. Ross und Reiter der Bürgerwehr können aufatmen. Die Sicherheitsstandards werden für die Fasnachtssaison nicht erneut hochgeschraubt. Glück haben sie noch einmal gehabt, die Kavalleristen, die fast vom Pferd gefallen waren, als sie sich mit Gelassenheitsprüfungen und Reitstundennachweisen konfrontiert sahen. Doch nach Gesprächen mit Vereinsspitzen lässt die Verwaltung um Ordnungsamtsleiter Ralf Glück die Zügel wieder lockerer: Aus der Prüfung wird ein Training und aus dem Nachweis eine Selbstauskunft. Statt sich den Kopf weiter darüber zerbrechen zu müssen, wie sie die strikten Auflagen doch noch erfüllen könnten oder ob sie die Pferde gleich im Stall lassen sollten, können sich die Reiter nun auf die zumindest in Villingen schönste Sache der Welt konzentrierern: die Fastnacht.