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Landesberufsschule: Rollenspiele sind Bestandteil des Unterrichts / "Das Unerwartete und Geschmackvolle ist das Spannende"

Gerade lässt sich ein Brautpaar beraten. 100 Gäste sollen zur Hochzeit kommen und im Hotel übernachten. Ein Menü mit oder ohne Fisch muss ausgewählt werden. Und es gilt, solche Details zu besprechen, wie die Brücke zum See, an die höchstens das Brautpaar mit dem Auto fahren könnte. Und natürlich den Preis der Hochzeit.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Die Szene wird im Unterricht von Marcus Baker an der Landesberufsschule für das Hotel- und Geststättenwesen als Rollenspiel geprobt. Es macht Spaß, zuzuhören, wenn die Schüler sich ins Zeug legen. Baker war früher selbst im Hotelmanagement, bevor er als Lehrer an die Schule wechselte.

1500 Schüler aus 72 verschiedenen Nationen werden hier unterrichtet, lernen kochen, Systemgastronomie oder Hotelmanagement. 70 Prozent wohnen im Internat. "Wir sind international", sagt Robert Fechteler. Der Unterricht an der Schule findet freilich in Deutsch statt. "Rollenspiel in anderen Sprachen, zum Beispiel in Französisch und Spanisch gehört zum Unterricht."

Traditionell auch Schüler aus anderen Bundesländern

Er ist Rektor der Landesberufsschule für das Hotel- und Gaststättenwesen in Villingen, die in Südbaden einmalig ist. Nur vier Schulen dieser Art gibt es in Baden-Württemberg. "Im Großen und Ganzen existiert in jedem Bundesland eine Schule, die sich auch überregional mit Gastronomie beschäftigt", erzählt Fechteler. Aber Baden-Württemberg ist das einzige Land, in dem alle vier Schulen eine gemeinsame Abschlussprüfung haben. Traditionell hat die Landesberufschule in Villingen auch Schüler aus anderen Bundesländern. Das sind Betriebe, die von Menschen geführt werden, die selber in Villingen zur Schule gegangen waren.

Die Ausbildung in Villingen dauert drei Jahre. Pro Jahr sind die Schüler nur elf Wochen vor Ort. Umso erstaunlicher, dass sich alle trotzdem so gerne an die Zeit erinnern, findet Fechteler. "Man trifft überall auf der Welt, wenn man im Urlaub ist, ehemalige Schüler", erzählt der Schulleiter begeistert.

Der Nachwuchs von der Landesberufsschule für das Hotel- und Gaststättenwesen in Villingen ist gefragt. "Früher haben die Schüler sich einen Job gesucht, jetzt kommen die Betriebe hierher und suchen Personal", hat Fechteler beobachtet. Die Ausbildung bietet vielfältige Möglichkeiten. "Vor einigen Jahren war der Stellenwert unserer Ausbildung nicht so hoch, heute ist das Vertrauen deutlich gestiegen". Das, so Fechteler, sei unter anderem "auf die Art und Weise, wie man miteinander redet" zurückzuführen. Die Ausstattung der Schule bezeichnet er als sehr gut, auch die Digitalisierung habe mittlerweile Einzug gehalten. Im Gespräch war vor einigen Jahren sogar ein Studiengang an der Dualen Hochschule in Villingen in Kombination mit der Landesberufsschule, eine Art Studium Plus. Es hätte sehr gut gepasst. Doch nachdem der Studiengang nicht genehmigt wurde, "verfolgen wir das nicht weiter", sagt Fechteler. Stattdessen sollen mehr Ausbildungsgänge für mögliche Zusatzqualifikationen Wahlmöglichkeiten schaffen. "Nicht nur für Hotelfachleute, auch für Köche und Systemgastronomen können wir Abiturientenmodelle anbieten." Es gibt das Duale Berufskolleg, an dem Schüler mit mittlerer Reife Fachhochschulreife machen können.

Lifestyle ist ein angesagtes Thema. Gerade auch beim Essen und Trinken.Wie sieht er die Aufgabe der Schule in diesem Zusammenhang? Fechteler lacht. "Eine Gin-Bar auf jeder Veranstaltung ist zum Beispiel absolut ›in‹. Bei der Küche gilt momentan als Trend Regionalität und Frische. Das heißt, nur top-frische Ware, bei Tieren aus artgerechter Haltung." Alb-Linsen und Einkorn sind ebenso angesagt wie ein anderer Trend: "Man muss zunehmend auf die Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Lactose- und Glutenunverträglichkeit oder Zöliakie achten."

Vegane Küche? "Das ist nicht der Salat- oder Gemüseteller."

Bei der Gastlichkeit sieht Robert Fechteler ebenfalls eine neue Richtung: "Statt Show-Cooking steht der Gast locker und ungezwungen in der Küche, schaut entweder den Köchen über die Schulter oder beteiligt sich sogar am Kochen. Kleine Portionen und ungewöhnliche Lebensmittel werden konsumiert. Bei den Küchenpartys kochen entweder das Personal oder die Gäste." Kochkurse in Sternelokalen sind begehrt, weiß der Rektor. "Dann kocht man mit dem Koch zusammen." Auch bei der Dekoration sind neue Ideen angesagt. "Lebensmittel werden anders designt, es gibt zum Beispiel extra Gourmetlöffel."

Und vegane oder vegetarische Küche? "Das Thema kommt mit den neuen Lehrplänen", weiß der Rektor. Immerhin ernähren sich immer mehr Menschen bewusst wenigstens an einem Tag in der Küche vegetarisch. Eine gute vegane oder vegetarische Küche, das ist nicht der Salat- oder Gemüseteller, sondern es muss schon ein bisschen mehr sein. "Man muss sich erst einmal überlegen, was ist der Hauptbestandteil. Das kann nicht nur der Tofu sein", sagt Fechteler. Der Trend sei auch hier das Erlebnis. Zum Beispiel, wie eine Aubergine wirklich individuell zubereitet wird. Oder beispielsweise Rote-Beete-Chips. Das Unerwartete und dann doch wieder Geschmackvolle, das ist das Spannende an der veganen Küche".

Der stellvertretende Schulleiter Klaus Schäfer berichtet von Projekten mit Tourismus, wo es darum ging, Gerichte für ein Tagungsprogramm anzubieten. Die Speisen sollten nicht schwer sein und müde machen, sondern das Gehirn anregen. "Wir mussten also überlegen: Was braucht das Gehirn, damit es gute Arbeit leistet", erzählt Schäfer. Und das ist gar nicht so einfach, sondern ein Ergebnis von Überlegung und Können.

Gibt es besondere Schüler? Fechteler und Schäfer nicken Nicht nur an die berühmten, wie die Sommelière Natalie Lumpp, erinnern sie sich. Sondern zum Beispiel an den Pferdezureiter, der eine Umschulung zum Koch absolvierte. Oder der Priester, der eine Ausbildung als Koch machte, um in der Mission in Afrika auch einen praktischen Beruf zu haben.

Gerne erzählt er von einer Realschullehrerin, die keinen Job bekam und deswegen umsatteln wollte und sich in der Landesberufsschule als Köchin ausbilden ließ. "Jetzt ist sie doch eine Kollegin in der Realschule", lacht Fechteler: "Aber ich bin sicher, sie profitiert dort von der Ausbildung bei uns."

Die Landesberufsschule veranstaltet einmal in Jahr eine hochkarätige Talentschmiede, eine Art Küchenparty. "Das Schöne ist, dann zu sehen, wie die Leute in ihrem Element sind", findet Fechteler.

Am Aschermittwoch Fisch und Schneckenessen

Und was empfehlen die Experten zur Fasnet? Regionale und saisonale Küche, sind sie sich einig. Traditionell saure Kutteln und Fasnachtsküchle, am Aschermittwoch Fisch und das traditionelle Schneckenessen.