Der AWO-Schülerhort auf der Möglingshöhe wird abgerissen. Im Neubau an selber Stelle soll eine sechsgruppige Einrichtung entstehen. Foto: Pohl Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Heilpädagogische Einrichtung geplant / Ausschuss diskutiert AWO-Vorhaben kontrovers

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) möchte auf der Möglingshöhe eine Einrichtung bauen, die zwei Hortgruppen sowie vier Gruppen für Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren beherbergen soll. Zwei davon mit heilpädagogischem Konzept.

VS-Schwenningen. Der Mangel an Plätzen in Kindertagesstätten ist in Villingen-Schwenningen enorm. Die aktuelle Zahl an notwendigen, jedoch nicht verfügbaren Plätzen lautet 420. Das teilte Stefan Assfalg, Leiter des Amtes für Jugend, Bildung, Integration und Sport (JuBIS) am Donnerstagabend in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses mit. "Und das sind nur die Kinder aus VS. Diejenigen, die von außerhalb gerne einen Platz in der Stadt haben würden, sind da nicht mit eingerechnet", sagte Assfalg.

Bei dieser Zahl kommt zumindest der Stadtverwaltung ein Bauvorhaben wie das der AWO gerade recht. Diese plant nämlich auf dem Gelände ihres Schülerhorts auf der Möglingshöhe eine sechsgruppige Einrichtung zu errichten. Während jeweils zwei Kita- und Hortgruppen einen heilpädagogischen Schwerpunkt haben sollen und so den entsprechenden Bedarf im Schwenninger Stadtbezirk abdecken würden, wären die beiden anderen Gruppen "normale" Kita-Gruppen. Diese würden zumindest einen Teil des Bedarfs decken.

Dem Vorhaben der AWO stehen manche Vertreter des Jugendhilfeausschusses allerdings skeptisch gegenüber. Stadtrat Karl-Henning Lichte (Freie Wähler) versuchte in der Sitzung das städtische Argument der "günstigen Lage in Nähe zu Bus und Bahn" zu entkräften. Kinder in diesem Alter würden wohl kaum öffentliche Verkehrsmittel auf dem Weg zur Kita nutzen. Zumal die Wege zu den Haltestellen so kurz gar nicht seien.

Bedenken bei Anbindung und Kosten

Dieses Argument ließen jedoch weder Stefan Assfalg, noch SPD-Stadtrat Nicola Schurr gelten. Assfalg: "Das Kriterium, wonach Eltern die Kita auswählen, ist bei Weitem nicht mehr der kürzeste Weg. Die Auswahl wird getroffen, weil ein Elternteil in direkter Nachbarschaft arbeitet, weil das Konzept zusagt oder weil das Freigelände besonders groß ist." Und man müsse einfach anerkennen, dass die Möglingshöhe diese Kriterien ziemlich gut erfülle. Zudem würden bei einem heilpädagogischen Schwerpunkt ohnehin Kinder aus dem ganzen Stadtteil in die Einrichtung kommen, weil es woanders dieses Angebot gar nicht gebe.

Mit Blick auf den von Lichte angesprochenen "Sozialraum", den die Möglingshöhe nicht abdecke, mahnte Schurr: "Wir sollten nicht darüber diskutieren, wer diese Plätze letztlich belegt, sondern wir sollten es zu schätzen wissen, dass hier jemand die notwendigen Plätze zur Verfügung stellen will."

Kritik gab es auch an den Kosten. Wie Assfalg erklärte, wird es mit der AWO ein Mietmodell geben. Auf Grundlage der bisherigen Zahlen geht die Stadt von einer jährlichen Kaltmiete von 100 000 Euro aus, die sie an die AWO entrichten muss. Pfarrer Michael Schuhmacher mahnte in Erinnerung an die Kostenexplosion beim Kindergarten Wilhelmspflege vor "zu ungenauen Zahlen". Er befürworte das Engagement der Arbeiterwohlfahrt, habe aber die Sorge, "dass wir in ein ähnliches Unglück reinlaufen", wenn die veranschlagte Miete doch nicht reiche. "Wir sollten nicht aus der Not heraus etwas bauen, um nachher zu merken, dass es falsch war."

Amtsleiter Assfalg erwiderte: "Diese Summe basiert auf den jetzigen Zahlen. Nun fiktiv hoch- oder runterzurechnen wäre unseriös." Die jährlichen Kosten von 1,4 Millionen Euro, wie sie in der Sitzungsvorlage stehen, umfassen laut Assfalg die Kaltmiete und die Personalkosten. Damit sei klar, dass betriebswirtschaftliche Kosten auf jeden Fall noch oben drauf kämen.

Bei aller Skepsis und Kritik an der Planung, ließ Stefan Assfalg jedoch letztlich nur einen Schluss zu: "Wir können es uns aus meiner Sicht nicht leisten, diese Plätze auszulassen!" Das sah am Ende der Diskussion auch die Mehrheit der Stimmberechtigten so und brachte bei lediglich zwei Nein-Stimmen das Projekt auf den Weg.

Aus Hort- werden ab 2020/21 Kita-Plätze

Um dem Bedarf an Kitaplätzen gerecht zu werden, beschloss der Jugendhilfeausschuss außerdem, dass zum Ende des Kindergartenjahres 2019/2020 alle bisherigen Hortplätze in den Kindertagesstätten geschlossen und "schnellstmöglich in Ü-3-Plätze umgewandelt" werden. Durch die Ganztagsangebote an Schulen würden die Hortplätze überflüssig. Von 1740 Schülern in Villingen-Schwenningen belegen bereits im laufenden Schuljahr 1017 Ganztagsplätze. Durch die Umstrukturierung der Friedensschule, die an 2019/2020 Ganztagsschule in Wahlform wird, sei der Bedarf sogar vollständig gedeckt.