Schwarzwälder-Bote-Redakteur Dieter Vaas (links) in Straßburg im Gespräch mit dem Europaabgeordneten Andreas Schwab. Foto: Kienzler Foto: Schwarzwälder-Bote

Andreas Schwab ist seit zehn Jahren Europaabgeordneter / Sechs Monate Wartefrist für einen Besuch

Von Dieter Vaas

Straßburg/Villingen-Schwenningen. Bis Brüssel ist es weit, nach Straßburg schon einiges näher. Dennoch ist die Europa-Politik etwas sehr Abstraktes. Europa-Abgeordnete sind oft kaum bekannt. Ihre Arbeit kommt bei den Wählern meist nicht an oder verursacht gar Unverständnis. Mit diesem Dilemma lebt und arbeitet auch Andreas Schwab.

Der gebürtige Rottweiler ist Mitglied im Europäischen Parlament. Der promovierte Volljurist agierte schon in jungen Jahren europäisch, studierte auch in England und Frankreich. Er spricht Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch sowie Schwäbisch, wie er schmunzelnd bei seiner Aufzählung ergänzt. Als 31-Jähriger gelang ihm überraschend mit dem achten Listenplatz der CDU in Baden-Württemberg der Einzug ins Parlament. Heute mit 41 Jahren zählt er in seiner dritten Amtsperiode zu den "alten Hasen" im 751-köpfigen Plenum mit aktuell über 300 Neulingen.

Seit dem Ausscheiden von Karl von Wogau ist Schwab in Baden-Württemberg der dritte CDU-Listenplatz sicher und er sagt über seine politische Zukunft: "Ich kann mir momentan nichts Spannenderes vorstellen". 44 Wochen im Jahr ist er als Abgeordneter entweder überwiegend in Brüssel oder in Straßburg (immer einen Woche im Monat). Im Elsass gefällt es ihm besonders gut, "weil hier die Gebäude schöner sind".

Sein Büro hat er im "Neubau-Komplex", wo auch der Plenarsaal ist. Es befindet sich im zehnten Stock und besteht aus nur wenigen Quadratmetern mit zwei sehr schmalen Arbeitsplätzen. Es gibt eine gute Aussicht zu einem Park, zum städtischen Schwimmbad, zu Sportstätten sowie in die Jahre gekommenen Messehallen. Größere Besprechungen sind im Büro nicht möglich. Mit Besuch geht es deshalb meist in eine der einfachen Cafeterias im Haus mit Selbstbedienung. Hier sind dann auch oft sehr prominente Tischnachbarn zu sehen. Seine Arbeitstage sind sehr lang. Parallel zu den Ratssitzungen sind Meetings zu belegen.

Schwab ist einer von zehn Stellvertretern des Vorsitzenden der Fraktion der Europäischen Volkspartei. Dieser gehört die CDU/CSU an. In Ausschüssen übernimmt Schwab zusätzliche Aufgaben. Schwerpunkte sind Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie Wirtschaft und Währung. Bei der Frage, ob der Euro bleibt, kommt sofort ein klares "Ja". Bei der hohen Jugendarbeitslosigkeit in manchen Ländern denkt er darüber nach, wie junge Menschen dazu bewogen werden können, für einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz auch die Heimat zu verlassen. Insgesamt spricht er sich für eine Politik der kleinen, aber erfolgreichen Schritte aus, statt sich zu verzetteln. Er gehört mehreren Delegationen an, wie etwa für Lateinamerika, Norwegen und die Schweiz. Gerade die Beziehungen zum direkten Nachbarn nutzt er sehr gerne, um für die Bevölkerung die EU-Politik ins öffentliche Licht zu rücken. Seinen Wahlkampf eröffnete er im Europapark in Rust, was ihm überregionale Beachtung einbrachte. So präsent wie ein Bundes- oder gar Landtagsabgeordneter kann er in "seinem Gebiet" aber nie sein.

Er sieht sich vor allem als Familienmensch

Trotz der Belastung als Politiker sieht sich Andreas Schwab als Familienmensch. Dafür nimmt er auch die eine oder andere aufwendige Reise in Kauf. Ehefrau und die vier Kinder erleben ihn am Wochenende am Wohnsitz in Villingen als einen gut gelaunten Mann und Vater, der einen "schönen Job hat", versichert er. In der Tat wirkt er auch bei großer Belastung sehr ausgeglichen und gut gelaunt, wie sich bei einem Besuch in Straßburg zeigte. Kommissionspräsident José Manuel Barroso hielt seine Abschiedsrede. Die Vorstellung der neuen EU-Kommission durch deren designierten Präsidenten Jean-Claude Junker sowie deren Wahl stand an. Zahlreiche Tagesordnungspunkte gab es bereits zuvor und danach zu bewältigen. An zwei von vier Sitzungstagen war die Dauer jeweils von 9 bis 23 Uhr angesetzt. Bei vier sehr wichtigen Abstimmungen verteilt auf die Woche war Schwabs Anwesenheit obligatorisch. Er stand im Parlament auch auf der Rednerliste, nahm Stellung zum angestrebten Wachstum des Binnenmarkts. Eine CDU-Kreisvorstandssitzung musste er als Vorsitzender im Schwarzwald-Baar-Kreis zudem noch leiten. In dieser besonders interessanten Woche gab’s außerdem am Montag Besuch von der Mittelstandsvereinigung aus Konstanz sowie am Donnerstag von gleich drei Schulklassen. Zwei Mitarbeiter unterstützten ihn in Straßburg: Yannick Buri, der auch das Freiburger Wahlkreisbüro leitet, sowie Michael Kienzler, einer von zwei Mitarbeitern im Schwarzwald-Baar-Kreis beziehungsweise im Kreis Rottweil. Drei weitere Kräfte sitzen im Büro in Brüssel. Wer Interesse an einem Besuch hat, muss mit sechs Monaten Wartefrist rechnen. Es melden sich die verschiedensten Gruppen quer Beet. Allerdings könnten nicht immer alle Wünsche berücksichtigt werden, räumt Buri ein.