Rund 50 Mütter mit ihren Kindern bezogen Position gegen eine Erhöhung der Betreuungsgebühren. Und jene, um die es geht, die brachten sie gleich mit: ihre Kinder. Foto: Spitz

Riesiges Interesse der Eltern an Sitzung im Münsterzentrum. Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - Es war wieder denkbar knapp, doch bei 19 Gegenstimmen und 17 Befürwortern wurde die von der Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen empfohlene Erhöhung der Betreuungskosten in Kindergärten und -tagesstätten am Mittwoch im Gemeinderat abgelehnt.

Das Foyer des Münsterzentrums mutierte zum Kinderwagen- und Buggy-Parkplatz, die zunächst bereitgestellten Stühle im Saal reichten nicht aus und jene, die teilweise in Pampers darauf saßen, dürften die jüngsten Zuschauer gewesen sein, die der Gemeinderat Villingen-Schwenningen jemals erlebt hatte. Von Politikverdrossenheit und Desinteresse keine Spur: Rund 50 Mütter und auch vereinzelte Papas waren mit ihren Sprösslingen kommen, um Flagge zu zeigen, gegen eine Gebührenerhöhung. Sie waren gut vorbereitet, hatten Plakate mitgebracht und Argumente. Doch Oberbürgermeister Rupert Kubon bat um Ruhe und darum, die hochgestreckten Plakate auf den Boden zu legen.

Stand zu Beginn noch nicht fest, wie die Abstimmung der Gemeinderäte enden würde, die Gewinner der Herzen waren Familien allemal: Auch viele Gemeinderäte, die einer Erhöhung zustimmten, betonten, dass auch sie im Grunde genommen Befürworter kostenloser Kinderbetreuungseinrichtungen seien – aber nicht auf dem Rücken der ohnehin finanziell geplagten Kommunen, sondern mit einer landes- oder gar bundesweit einheitlichen politischen Linie.

Nun aber galt es in Villingen-Schwenningen Farbe zu bekennen und zwar namentlich, denn Karl-Henning Lichte (Freie Wähler) beantragte mit Erfolg eine namentliche Abstimmung. An der Grundhaltung der einzelnen Fraktionen aus dem Jugendhilfeausschuss hatte sich nichts geändert: Für eine Erhöhung war jeweils das Gros von CDU und Grünen, dagegen waren mehrheitlich die SPD, die FDP und die Freien Wähler.

Keinen Hehl aus seiner Haltung machte von Beginn an der Oberbürgermeister Rupert Kubon selbst, obgleich er eine andere Meinung vertrat als die Vertreter seiner Partei (SPD): Man könne eine Erhöhung durchaus sozial verantworten, zumal Villingen-Schwenningen auch nach einer Erhöhung noch unterdurchschnittliche Beiträge in Baden-Württemberg erhebe. Ziel war eine Anhebung der Beiträge in drei Stufen in drei Jahren auf die landesweiten Empfehlungen von heute – während die dann gültigen landesweiten Empfehlungen bei Inkrafttreten der Erhöhung ja schon wieder um einiges höher ausfallen würden, so Kubon. In zehn Jahren hätte sich der Zuschuss für die Kindertageseinrichtungen von etwa zwölf auf cirka 23 Millionen Euro fast verdoppelt – "ein Betrag, der auch die Leistungsfähigkeit unserer Tat erheblich belastet", so Kubon. Eltern andererseits machten bereits im Vorfeld der Sitzung, beispielsweise im Internet auf eine erhebliche Mehrbelastung gegenüber dem Status Quo aufmerksam, hätte das doch für manche eine Erhöhung um 60 Prozent bedeutet.

Kommentar: Benimmregeln

Von Cornelia Spitz

Wäre morgen OB-Wahl, hätte Rupert Kubon ihre Stimmen sicher nicht: Etwa 50 Eltern zeigten gestern mit ihren Kindern in der Gemeinderatssitzung Flagge gegen eine Erhöhung der Kindergarten- und Kita-Gebühren. Toll! Sie verfolgten jede Wortmeldung und hielten dabei ihre Kinder in Schach, so gut es eben ging. Doch was war das? Anstatt sich über das riesige Interesse zu freuen, gab sich der Oberbürgermeister schulmeisterhaft. Im Gemeinderat klatscht man nicht, wenn eine Äußerung besonders gefällt, machte er deutlich. Und wurde nicht müde, Eltern einiger lebhafter Kinder zur Ruhe zu ermahnen. Mussten sie unbedingt mit ihren Kindern kommen? Ja, sie mussten! Es war ihre eindrücklichste Möglichkeit zu zeigen, um wen sich die Debatte dreht: den Nachwuchs, auch wenn der ganz schön lebhaft sein kann. Doch wer sich dabei daneben benahm, das waren nicht die Kinder...